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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Brocken gebracht?«
    »Lex, ich habe es dir doch gesagt – ich weiß es nicht! Sie meinte, sie müsse ihn mitnehmen, um irgendwelche wichtigen Tests zu machen. Es war mir, ehrlich gesagt, völlig egal.«
    »Kommt sie wieder?«
    »Das hat sie nicht gesagt.«
    »Hast du sie nicht gefragt?«
    »Lex! Ich werde mich nicht noch einmal wiederholen.«
    Ich war am Boden zerstört. Ganz gewiss würde ich meinen Brocken dank der Nachlässigkeit meiner Mutter niemals zu Gesicht bekommen, und niemand würde mir meine Fragen dazu beantworten können. Für den Augenblick waren die Zeitungsartikel, die ich von den Stapletons und den zahlreichen Ärzten und Schwestern bekam, mein einziger Trost. Diese Quellen halfen mir dabei, das Loch in meiner Erinnerung zu stopfen, das ansonsten wohl ein ewiger Abgrund geblieben wäre.
    Der Feuerball wurde zuerst über der nordöstlichen Spitze von Nordirland gesehen, und zwar am Sonntag, dem 20. Juni 2004, um 15.27 Uhr. Jeder, der sich zu diesem Zeitpunkt im Freien aufhielt oder aus dem Fenster in die richtige Richtung schaute, sah ihn. Er war dreimal so hell wie der Vollmond und schoss wie eine Kanonenkugel über den Himmel. Nachdem er von etwa Hunderttausend Menschen in und um Belfast gesehen worden war, überquerte er die Irische See in wenigen Sekunden, sauste über Anglesey hinweg und verschwand dann über Nordwales hinter dicken Wolken. Nördlich der Mündung des Severn tauchte er wieder auf und versetzte halb Bristol in Panik. Und dann endete seine Reise irgendwo über Somerset. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, wo genau, aber es gab etliche Vermutungen. Hunderte von Menschen behaupteten steif und fest, er wäre direkt über der Kathedrale von Wells explodiert, und eine Zeit lang wurde diese Behauptung von lokalen und nationalen Zeitungen als Tatsache ausgegeben. Nach ein paar Tagen tauchte ein Wissenschaftler von der Universität Oxford auf und behauptete, da der besagte Impaktor die Erde in einem sehr spitzen Winkel getroffen habe und hoch in der Atmosphäre explodiert sei, »dürfte es für einen einzelnen Augenzeugen sehr schwierig sein, den genauen Detonationspunkt festzulegen«. Als Reaktion darauf bemerkte Graham Alcock, ein Journalist des Wells Herald , dass es sich nicht um einen einzelnen Augenzeugen handle, sondern um »zwei Polizisten, drei Busse voller Touristen und eine Pilgerschar Nonnen«. Woraufhin zwei Tage später ein Brief von Professor Miriam Hanson, einer Psychologin aus Bristol, veröffentlicht wurde, die erklärte, dass »die Frage der Glaubwürdigkeit in diesem Fall nicht an der Anzahl der Personen gemessen werden darf, die das Phänomen beobachtet haben, und schon gar nicht am Charakter derselben. Tatsache ist, dass die scheinbare Explosion des Meteors über der Kathedrale von Wells aller Wahrscheinlichkeit nach eine optische Täuschung war, hervorgerufen durch die Höhe und die Ausdehnung des Gebäudes in Relation zu den Beobachtern. Bei einem derartigen Szenario muss ein Augenzeugenbericht mit außerordentlicher Vorsicht genossen werden.« Ihr Brief, der unter der Überschrift »28 Nonnen können sich irren« erschien, fachte die Debatte erst richtig an, die auf diese und ähnliche Weise noch wochenlang weiterging und hochrangige Persönlichkeiten wie den Erzbischof von Canterbury in halbseidene Talkshows trieb.
    Ich fand diese ganzen Auseinandersetzungen ungeheuer interessant – was der Grund dafür ist, warum ich sie hier erwähne –, aber ich sollte wohl nicht verschweigen, dass die »Wells-Kontroverse« lediglich ein Nebenschauplatz war. Die meisten Leute waren nicht daran interessiert, wo genau der Meteor explodiert war, und sie wollten auch nicht dessen ursprüngliche Umlaufbahn um die Sonne rekonstruiert haben. Sie waren nur an dem »menschlichen« Aspekt des Vorfalls interessiert, und dahin gehend waren sich alle einig: Der Erzbischof, die Wissenschaftler, die Journalisten und die Briefeschreiber – alle sagten das Gleiche: Nach der Masse und der Zusammensetzung meines Meteoritenfragments zu urteilen – beides war rasch ermittelt worden – und gemessen an der Geschwindigkeit, mit der dieser Brocken durch unser Hausdach gedonnert war – nämlich unvorstellbar schnell –, war es ein wahrhaftiges Wunder, dass ich noch am Leben war.
    Fünf Tage später, einen Tag, bevor ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, bekam ich endlich die Antworten auf meine Fragen. Es war der Tag, an dem Dr. Monica Irgendwas wieder auftauchte. Aus heiterem Himmel

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