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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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stand sie plötzlich neben meinem Bett. Sie kam unangemeldet und brachte eine abgewetzte Sporttasche und so viele Informationen über Meteore, Meteoriten und Meteoroide mit, dass mir eine Woche lang der Schädel brummte.
    Ihr richtiger Name war Dr. Monica Weir, aber ich verstand ihn beim ersten Mal nicht richtig. Sie war keine Ärztin, sondern ein Doktor der Astrophysik mit dem Spezialgebiet Planetenkunde am Imperial College in London. Und sie war ganz anders als alle Erwachsenen, die ich bis dahin kennengelernt hatte. Sie schien jede Frage beantworten zu können, die man ihr stellte, und – was noch viel überraschender war – sie beantwortete sie auch. Bei den meisten Erwachsenen (besonders bei meiner Mutter) war irgendwann der Punkt erreicht, meistens nach der dritten oder vierten Frage, wo sie aufhörten zu antworten. Oder aber die Antwort, die sie gaben, war gar keine Antwort, sondern eine Behauptung wie etwa »Es ist einfach so!« oder eine ähnlich ärgerliche Variante. Aber bei Dr. Weir nahmen die Antworten kein Ende. Sie schien in der Lage zu sein, alles zu erklären, bis hin zur kleinsten Kleinigkeit. Und je mehr Fragen man stellte, desto bereitwilliger schien sie einen mit Informationen zu überschütten. Sie war allerdings nicht fähig, auch nur einen einzigen Satz zu äußern, der sich nicht wie ein Auszug aus einem wissenschaftlichen Vortrag anhörte. Und sie zog sich komisch an. Nicht komisch wie meine Mutter, die sich »alternativ« kleidete, sondern altmodisch und bunt zusammengewürfelt, so als hätte sie ihre Sachen willkürlich aus einem Altkleidersack aus den 1950ern geklaubt. Vermutlich war ihr Geist mit »Höherem« beschäftigt, wenn sie morgens vor dem Kleiderschrank stand, was mir nichts ausmachte. Allerdings begegnete ich ihr anfangs mit Misstrauen, das hatte aber eher damit zu tun, dass ich das Gefühl hatte, sie habe meinen Brocken gestohlen. Und wie sich herausstellte, war ich nicht der Einzige, der so dachte.
    Eine ganze Menge Leute – besser gesagt: eine Menge anderer Astrophysiker – sahen das genauso wie ich. Nachdem sie erfahren hatten, dass Dr. Weir schnurstracks nach Somerset gesaust war und den Meteoriten an sich genommen hatte, nur wenige Stunden, nachdem die Nachricht von seinem Einschlag veröffentlicht worden war, erhob sich ein Sturm der Entrüstung. Die Begriffe »unsensibel« und »unethisch« wurden genannt, gefolgt von etlichen pampigen E-Mails diverser Wissenschaftler der Universitäten von Bristol und Bath, die stinksauer waren, dass ein so bedeutender regionaler Fall nach London verschleppt worden war, bevor sich noch der Staub gelegt hatte. Aber Dr. Weir schien davon nicht sonderlich beeindruckt zu sein. Sie erklärte später gegenüber der Zeitschrift New Scientist , das Wichtigste sei gewesen, »den Meteoriten schnell, unversehrt und ohne weitere Kontamination zu bergen. Wenn ich ihn noch länger dort liegen gelassen hätte, hätte ihn womöglich ein privater Sammler in die Hände bekommen. Immerhin war dies eine außergewöhnliche Situation. Das ganze Land wusste genau Bescheid, wo dieses Fragment gelandet war. Und innerhalb von vierundzwanzig Stunden waren schon Scharen von Meteoritenjägern unterwegs. Es war meine Pflicht, dieses Fragment im Namen der Wissenschaft sofort sicherzustellen.«
    Nachdem sie mir ihr Verhalten erklärt hatte, war ich sehr froh, dass Dr. Weir so schnell gehandelt und meinen Meteoriten im Namen der Wissenschaft gerettet hatte. In den zwei Wochen, die er in ihrem Besitz war, hatte sie eine Menge über meinen Brocken herausgefunden. Und als Allererstes verkündete sie mir, dass es kein Stein im herkömmlichen Sinne war.
    »Weißt du, Alex«, sagte sie begeistert, »dein Meteorit besteht zu einem großen Teil aus Metall. Er gehört zur Eisen-Nickel-Untergruppe. Solche Stücke findet man viel seltener als die üblichen Chondriten und Achondriten – die steinigen Meteoriten. Sie haben auch eine größere Dichte. Das ist einer der Gründe, warum er so mühelos euer Dach durchschlug, ohne zu zerbrechen. Dein Meteorit wiegt etwas mehr als zwei Komma drei Kilogramm und flog mit einer Geschwindigkeit von fast dreihundertzwanzig Kilometer pro Stunde, als er auf euer Haus prallte. Es ist ein absolutes Wunder, Alex, dass du noch hier bist.«
    »Ja«, nickte ich und rollte mein Körpergewicht über meine Fingerknöchel. Ich saß auf meinen Händen, weil ich sehr zappelig war, und meine Augen hingen an der abgewetzten Sporttasche. Ich weiß, dass

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