Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
da vor?«
»Na ja, Ihr Haus wäre ideal. Ich denke schon, dass wir uns mit ein paar Leuten ins vordere Wohnzimmer quetschen können, ohne uns dort gegenseitig auf die Füße zu treten. Und es gibt jede Menge Parkplätze«, ergänzte ich und wedelte mit meiner linken Hand. Wir fuhren gerade zum Haus hinauf.
»Beide Hände ans Lenkrad, Junge!«, warnte mich Mr. Peterson.
Ich brachte beide Hände wieder in die Viertel-vor-drei-Position und hielt den Wagen sanft vor dem Erkerfenster an. »Ich habe mir auch schon einen knackigen Namen ausgedacht«, sagte ich. »Ich finde, ein Leseklub braucht einen knackigen Namen, damit die Leute neugierig werden, meinen Sie nicht auch?«
Mr. Peterson fragte nicht nach meinem knackigen Namen, aber ich merkte, dass auch er neugierig geworden war.
»Die Säkulare Kirche des Kurt Vonnegut«, sagte ich.
»Jesus Fucking Christ!«, sagte Mr. Peterson.
»Es wäre wie eine richtige Kirche, aber ohne Singen und Beten, und mit viel besseren Geschichten. Wir können uns jeden Sonntag treffen.«
» Jeden Sonntag?«
»Ja. Ein Buch pro Woche.«
»Junge, die meisten Leute lesen nicht so schnell.«
»Das sind doch bloß zwischen zwanzig und vierzig Seiten pro Tag. Die Bücher sind nicht so lang.«
»Glaub mir, ein Buch pro Monat ist realistischer. Die meisten Leute sind sehr beschäftigt.«
»Oh.« Ich runzelte die Stirn. »Na ja, ein Sonntag im Monat wäre wohl auch okay. Das heißt, dass wir etwas mehr als ein Jahr brauchen, wenn wir uns auf die vierzehn Romane beschränken, oder etwa achtzehn Monate, wenn wir die Kurzgeschichten, die Essays und die journalistischen Texte mit einbeziehen.«
Jetzt blickte Mr. Peterson wirklich skeptisch drein. »Junge, du weichst vom Thema ab. Was genau machen wir in dieser Kirche ?«
»Na, ich dachte mir, wir sprechen über Moral und so was.«
»Über Moral?«
»Nun … ja. Das ist doch das Hauptthema in den Büchern. Aber es passiert natürlich auch sonst noch eine Menge. Sie wissen schon: Satire, Zeitreisen, Krieg, Völkermord, Komik, Außerirdische. Was denken Sie?«
»Ich denke, dass ich ein paar Irre in mein Haus reinlassen soll.«
»Heißt das, Sie sind einverstanden?«, bohrte ich nach.
Mr. Peterson kaute einen Moment auf seiner Unterlippe herum. »Okay, Junge«, sagte er schließlich. »Wenn du genug Leute zusammenkriegst, darfst du die Sache hier abhalten.«
»Wie viele sind ›genug‹?«, fragte ich.
»Ein halbes Dutzend, außer uns. Aber du hast überhaupt keine Chance, so viele Leute zu finden. Nicht mal, wenn du einen ganzen Monat voller Sonntage nichts anderes tun würdest. Das ist der einzige Grund, warum ich mich auf den Handel einlasse.«
»Verstanden«, sagte ich.
Ermutigt durch das Gespräch, gestaltete ich noch am selben Abend meine Anzeige für das Schwarze Brett in der Bücherei:
Wie Sie sich denken können, stehen die Sterne für die Ziffern meiner Telefonnummer, die ich an dieser Stelle aber nicht preisgeben möchte, um unerwünschte Anrufe zu vermeiden.
Eine Woche später bekam ich die erste Antwort, besser gesagt gleich zwei, von John und Barbara Blessed. Ich fand, dass der Nachname (der als »selig« so häufig in der Bibel vorkommt) besonders gut zu dem Namen meines Buchklubs passte, und wollte am Telefon schon darauf hinweisen, aber Barbara Blessed, die mich anrief, kam mir zuvor. Auch ihr war die Übereinstimmung schon aufgefallen.
John und Barbara Blessed waren beide Lehrer, aber nicht in Asquith. John Blessed, ein gedrungener Mann mit einer leisen Stimme, war Sportlehrer an einem Gymnasium in Wells. Barbara Blessed war fünf Zentimeter größer als ihr Mann, unterrichtete Mathematik, litt an chronischer Schlaflosigkeit und konnte π bis zu hundert Stellen hinter dem Komma aufsagen. Wie Sie sicher wissen, ist π die Zahl, mit der man den Umfang eines Kreises berechnen kann, wenn man sie mit seinem Durchmesser multipliziert, und sie beläuft sich auf etwa 3,14159. Es ist eine Zahl, die man nicht vollständig ausschreiben kann, weil sie im Grunde genommen endlos ist. Die meisten Leute zählen Schafe, wenn sie nicht schlafen können, aber Barbara Blessed sagte sich π vor.
John und Barbara Blessed waren beide an Zeitreisen interessiert. John Blessed sammelte Material über das Thema und erklärte mir später, dass auf subatomarer Ebene Zeitreisen eigentlich ein ziemlich gewöhnliches Phänomen seien. Aber bei makroskopischen Objekten, wie Menschen oder Raumschiffen, da waren sich die meisten Physiker einig,
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