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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Sophie Haynes ganz besonders reizen würde. Sophie Haynes war nämlich eine säkulare Humanistin, was bedeutete, dass sie Gott und den Teufel und Himmel und Hölle für Erfindungen hielt, dies aber nicht weiter schlimm fand, weil es möglich (und wünschenswert) war, ein allgemeingültiges ethisches Konzept zu haben, das auf menschlichen Werten und rationaler Überlegung basiert anstatt auf übernatürlichen Geschichten. Kurt Vonnegut war ebenfalls ein säkularer Humanist gewesen, und ich bin es auch, obwohl mir das erst klar wurde, als ich Mr. Petersons Hund begrub. Vorher hatte ich nicht gewusst, was ich war. Im Gegensatz zu mir war Sophie Haynes konvertiert. Sie war christlich erzogen worden, hatte aber ihren Glauben verloren, als an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag ihr Blinddarm platzte. Der menschliche Blinddarm ist noch so eine Sache, die sich kein vernünftiger, wohlmeinender und fähiger Designer ausdenken würde.
    Die ersten Schritte waren getan. Nun konnte ich mich einigen Details widmen, die noch geklärt werden mussten. Ich wusste zwar, dass wir alle Kurt-Vonnegut-Romane lesen würden, vierzehn Bücher in vierzehn Monaten, aber die Reihenfolge war mir noch nicht klar. Das war gar nicht so leicht zu entscheiden.
    Ursprünglich hatte ich vorgehabt, sie chronologisch zu behandeln, angefangen mit Das höllische System bis zu Zeitbeben . Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass dies womöglich nicht der interessanteste Ansatz war. Zeitbeben war zwar ein guter Schlusspunkt, aber Das höllische System schien mir nicht der beste Anfang zu sein. Das Buch war viel zu konventionell, hatte zu viel Handlung und zu viele Beschreibungen und im Gegenzug zu wenig Humor und zu wenige Abschweifungen. Es war ein sehr untypisches Kurt-Vonnegut-Buch.
    Dann überlegte ich, ob wir nicht einfach willkürlich durch die Bibliografie wandern und je nach Gelegenheit und Notwendigkeit vor- und zurückspringen sollten. Das schien mir ein adäquater Ansatz für das Werk von Kurt Vonnegut zu sein. Doch schließlich wurde mir klar, dass ein nicht chronologischer Ansatz nicht unbedingt Willkür bedeuten musste. Eine gewisse Logik war trotzdem möglich. Also setzte ich mich hin und schrieb alle vierzehn Romantitel auf vierzehn Karteikarten. Dann verbrachte ich eine halbe Stunde damit, sie hin und her zu schieben und in die unterschiedlichsten Reihenfolgen zu bringen, wobei ich Aspekte wie Thema, Form und Charaktere in Betracht zog.
    Mr. Peterson meinte, es sähe so aus, als würde ich eine Doktorarbeit vorbereiten und nicht bloß einen Leseklub. Aber darüber hinaus weigerte er sich, irgendeinen Kommentar dazu abzugeben. Er meinte, es sei mein Projekt, und ich müsse entscheiden, wie ich die Sache ins Rollen bringen wolle.
    Das war ein beunruhigender Gedanke.
    Es klingt vielleicht blöd, aber bevor er das sagte, war mir nicht klar gewesen, dass es mein Projekt war und dass ich es »ins Rollen bringen« musste – trotz der ganzen Planung und der Rekrutierung von Mitgliedern. Vorher hatte ich irgendwie geglaubt, es würde schon von alleine rollen, dass es, nachdem ich die Dinge in Bewegung gesetzt hatte, ein Eigenleben haben würde, eine eigene Umlaufbahn. Aber jetzt erkannte ich, dass das möglicherweise ein Irrtum war. Es war durchaus denkbar, dass der von mir ins Leben gerufene Leseklub nach wie vor geplant und strukturiert werden musste, damit er nicht ins Straucheln kam. Was ich brauchte, war eine Strategie.
    Mein Durchbruch kam eines Morgens, nachdem ich meinen Kopf dank einer besonders langen und friedvollen Meditation hatte leeren können. Es war eine ganz einfache Idee, und sie tauchte fast wie von selbst auf. Ich baute sie sogleich in meine erste Klub-E-Mail ein: Während der Lektüre des jeweiligen Buches sollte sich jede Leserin und jeder Leser Sätze oder Absätze notieren, die sie oder ihn besonders ansprechen, einen Lieblingssatz auswählen und den zu unseren Treffen mitbringen.
    Das, so dachte ich, war eine sehr praktische Strategie, weil man Kurt Vonnegut so unglaublich gut zitieren kann. Es war außerdem sehr demokratisch und würde neun verschiedene Sprungbretter liefern, von denen aus man mit den unterschiedlichsten Ideen in den Text eintauchen konnte.
    Als mein Leseklub startete, hatte er neun Mitglieder.
    Mein letzter Rekrut war Gregory Adelmann, der ebenfalls auf meinen Aushang in der Bücherei aufmerksam geworden war. Er hatte erst eine andere Anzeige gelesen, eine Werbung für einen

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