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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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aufsuchten. In jedem Falle mußte sich der Täter jedoch schnell vom Tatort entfernen. Sergio Muscas, der das Verbrechen bald darauf gesteht, besitzt kein Fahrzeug.
    1.5. Die Opfer und die ersten Verdächtigen Die tote Frau wird von dem Maresciallo der Carabinieri von San Felice als Belinda Muscas geb. Lubino, Sardin, identifiziert, verheiratet mit Sergio Muscas, ebenfalls Sarde, der ungefähr zwanzig Jahre älter ist als seine Frau. Die Frau war wegen der großen Zahl ihrer Liebhaber und der Duldung dieser Beziehungen durch ihren Ehemann Dorfgespräch.
    Einer dieser Liebhaber, ein Sarde namens Flavio Vargius, wurde von seiner Frau mit Belinda Muscas in flagranti ertappt. Valeria Vargius machte ihre Entdeckung öffentlich bekannt, was dazu führte, daß Flavio wegen Ehebruchs inhaftiert wurde. Der betrogene Ehemann Muscas hingegen schien sich an dem Verhältnis nicht zu stören, er half im Gegenteil Flavio sogar mit kleinen Gefälligkeiten aus, solange sich dieser in Haft befand. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis setzte Flavio Vargius das ehebrecherische Verhältnis mit Belinda Muscas fort und zog sogar bei ihr ein, als Sergio sich zu einer stationären Behandlung ins Krankenhaus begeben mußte. Flavio war im Gegensatz zu Belindas Ehemann eifersüchtig und drohte ihr mit Gewaltanwendung, falls sie mit anderen Männern ginge. Die Drohungen schüchterten Belinda jedoch nicht ein, die auch weiterhin andere Liebhaber hatte, darunter den unglückseligen Amadeo Lo Russo, den »Onkel«, einen aus Sizilien zugezogenen Bauarbeiter, der mit ihr ermordet wurde.
    Der Maresciallo des Orts kennt alle diese Personen gut. Er befragt alle Beteiligten, außerdem die Familien Belindas und Lo Russos, doch seine Ermittlungen konzentrieren sich auf den Ehemann Sergio Muscas und den Ex-Geliebten Flavio Vargius. Er lädt beide zur Vernehmung vor. Der Maresciallo kennt Sergio als schwachen und feigen Menschen, hält ihn jedoch für fähig, einen Mord zu begehen. Die Carabinieri holen ihn um sechs Uhr morgens zu Hause ab. Er ist aufgestanden, angekleidet und weist keine Anzeichen, erkrankt zu sein, auf. Er sagt: »Ich wußte, daß Sie kommen würden«, und verreibt eine dicke Schicht Schmierfett zwischen seinen Händen.
    »Hm.«
    Nachdem er bis zum Ende des nächsten Abschnitts gelesen hatte – »Paraffintests« –, stand der Maresciallo aus dem Bett auf, schlüpfte in seine Pantoffeln und zog sich seinen Morgenmantel an. Bei Sergio war der Paraffintest trotz des Schmierfetts positiv ausgefallen, aber diese Untersuchungen waren nicht hundertprozentig zuverlässig. Doch unabhängig vom Testergebnis kam in diesem Falle natürlich der Ehemann als erster Verdächtiger in Frage.
    Der Maresciallo ging in die Küche und blieb stehen. Aus welchem Grund war er eigentlich aufgestanden? Es fiel ihm nicht mehr ein. Der Kühlschrankmotor schaltete sich leise brummend ein und lenkte die Aufmerksamkeit des Maresciallo auf sich, aber der Inhalt des Kühlschranks war so dürftig, daß er ihn nicht lange in Bann zog. Er war gar nicht hungrig. Er war müde und sollte schlafen, aber irgend etwas wollte er zu sich nehmen. Mangels einer besseren Idee setzte er Wasser auf, um sich Kamillentee zu machen. Er zog sich einen Stuhl unter dem Küchentisch hervor, setzte sich, die Hände auf die Knie gestützt, und wartete mit gerunzelter Stirn darauf, daß das Wasser kochte.
    Sergio Muscas hatte gestanden und das Geständnis widerrufen, gestanden und widerrufen, oder vielmehr andersherum. Anfangs hatte er die Tat abgestritten, hatte behauptet, krank und im Bett gewesen zu sein, wie es der kleine Junge erzählt hatte. Als man später den Paraffintest bei ihm durchgeführt hatte, hatte Sergio beobachtet, daß Flavio Vargius, einer der Liebhaber seiner Frau, ebenfalls getestet wurde, und sofort ihn des Mordes beschuldigt. Nichts war wahrscheinlicher, doch Flavios Test hatte sich als negativ erwiesen, und danach war alles aus dem Ruder gelaufen, weil man Sergio in jener Nacht mit dem Kind nach Hause gehen ließ, wodurch er Gelegenheit erhielt, ein ganzes Netz von Lügen und widersprüchlichen Versionen zu knüpfen, das durch die Aussagen der übrigen Familienmitglieder noch verworrener wurde und auch nie entwirrt wurde.
    »Warum haben sie das zugelassen?«
    Der Maresciallo richtete diese Frage an den Teebeutel, während er ihn mit heißem Wasser begoß. Komisch, daß er bei Kamillentee immer gleich an seine Kindheit zurückdenken mußte. Er konnte sich nicht

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