Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
Auskunft zu bekommen, was mit Mark passiere.
    »Nichts Gutes«, antwortete Dr. Nakano offen. »Das Kind stirbt. So etwas können wir nicht oft sagen, aber in diesem Fall spricht der Patient auf keine Behandlung an.«
    »Haben Sie eine Ahnung, was da vor sich geht?«
    »Wir wissen, was vor sich geht. Wir wissen nicht, was es verursacht. Kommen Sie, ich zeige es Ihnen!«
    Mit dem eiligen Schritt eines vielbeschäftigten Arztes nahm Dr. Nakano Kurs auf den hinteren Teil der Intensivstation. Vor einem von der eigentlichen Station abgetrennten Abteil blieb er stehen.
    »Das Kind liegt in Quarantäne«, erklärte Dr. Nakano. »Es gibt keinen Hinweis auf eine Infektion, aber wir dachten uns, für alle Fälle...« Er gab Victor Kittel, Haube und Maske. Beide legten die Schutzkleidung an und betraten dann den kleinen Raum.
    Mark Murray lag mitten in einem großen Bett mit hohen Seitengittern. Sein Kopf war mit einem Mullverband umwickelt.
    Dr. Nakano erklärte, sie hätten es mit einer Entlastungsoperation versucht, aber es habe nichts geholfen.
    »Sehen Sie«, sagte er zu Victor und reichte ihm ein Ophthalmoskop. Victor beugte sich über den bewußtlosen Zweijährigen, schob ein Augenlid hoch und spähte in die geweitete, starre Pupille. Obwohl er im Umgang mit diesem Instrument nicht erfahren war, sah er doch gleich den pathologischen Befund: Der Sehnerv wölbte sich vor, als werde er von hinten gedrückt.
    Victor richtete sich auf.
    »Ziemlich eindrucksvoll, nicht?« meinte Dr. Nakano. Er nahm Victor das Ophthalmoskop aus der Hand und schaute selbst hindurch. Einen Augenblick lang schwieg er, dann richtete auch er sich wieder auf.
    »Das Enttäuschende ist, daß sich die Sache schnell verschlimmert. Das Hirn des Kleinen schwillt immer noch. Wundert mich, daß es ihm nicht schon zu den Ohren herauskommt. Nichts hilft; nicht die Entlastungsoperation, nicht die Ableitung, nicht die massiven Cortison-Gaben, nicht das Mannitol. Ich fürchte, wir haben den Kampf so gut wie aufgegeben.«
    Victor hatte bemerkt, daß keine Sitzwache am Bett anwesend war. »Irgendwelche Gewebsblutungen oder Anzeichen für ein Trauma?«
    »Nichts«, antwortete Dr. Nakano schlicht. »Von der Hirnschwellung abgesehen, ist der Kleine clean. Keine Gehirnhautentzündung, wie ich schon sagte. Wir begreifen es einfach nicht. Der Herr da oben hat die Sache in die Hand genommen.«
    Er deutete himmelwärts.
    Wie zur Antwort auf Dr. Nakanos unheilvolle Vorhersage kam vom Herzmonitor ein kurzes Alarmsignal zum Zeichen für ein Aussetzen der Herztätigkeit. Dann wurde der Herzschlag immer unregelmäßiger. Wieder ertönte kurz der Alarm.
    Dr. Nakano rührte sich nicht. »Das ist schon früher passiert«, sagte er. »Aber in diesem Stadium liegt ein Zustand vor, der mit dem Leben nicht mehr vereinbar ist.« Und erklärend fügte er hinzu: »Das bedeutet, die Eltern sehen keinen Sinn darin, ihn am Leben zu erhalten, wenn das Gehirn ausgefallen ist.«
    Victor nickte, und in diesem Augenblick schaltete sich das Alarmsignal des Herzmonitors wieder an, und jetzt blieb es an. Marks Herz begann zu fibrillieren.
    Victor drehte sich um und schaute zum Wachzimmer hinüber. Niemand reagierte.
    Innerhalb kurzer Zeit wurde aus dem Flimmern auf dem Bildschirm des Herzmonitors eine flache, gerade Linie. »So läuft das Spiel«, stellte Dr. Nakano fest - eine scheinbar so herzlose Bemerkung, aber Victor wußte, daß sie aus seiner Frustration rührte, nicht aus Gefühllosigkeit. Victor erinnerte sich nur zu gut an seine eigene Zeit als Krankenhausarzt.
    Zusammen kehrten sie zum Stationszimmer zurück, und Dr. Nakano teilte der Sekretärin mit, daß das Murraysche Baby gestorben sei. Nüchtern griff die Sekretärin zum Telefon und begann die notwendigen Papiere auszustellen. Victor war klar, daß man hier nicht arbeiten konnte, wenn man sich von den häufigen Todesfällen aus der Ruhe bringen ließ.
    »Gestern abend gab es einen ähnlichen Fall«, sagte Victor. »Der Name war Hobbs. Das Kind war etwa genauso alt, vielleicht ein bißchen älter. Wissen Sie darüber Bescheid?«
    »Ich habe davon gehört«, antwortete Dr. Nakano unbestimmt. »Aber es war nicht mein Patient. Viele Symptome waren die gleichen.«
    »Anscheinend«, sagte Victor. Dann fragte er: »Werden Sie eine Obduktion vornehmen?«
    »Unbedingt«, erwiderte Dr. Nakano. »Es wird ein Fall für die Gerichtsmedizin sein, aber meistens übergeben sie die Sache uns. Werden Sie es den Eltern sagen, oder möchten Sie, daß

Weitere Kostenlose Bücher