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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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wertvoll seine Sammlung bereits geworden war. Seinen Wunsch nach einem Bankfach hatten sie vor allem für kindliche Spinnerei gehalten, und VJ sah keinen Grund, weshalb sie etwas anderes glauben sollten.
    »Was machst du, Schatz?« fragte Marsha, als sie in seiner Tür stand.
    VJ schürzte die Lippen. »Eigentlich gar nichts.« Er wußte, daß sie beunruhigt war, aber das konnte er nicht ändern. Schon als Baby war ihm klar gewesen, daß sie irgend etwas von ihm wollte, etwas, das andere Mütter von ihren Kindern bekamen und das er ihr nicht geben konnte. Manchmal - wie jetzt - tat es ihm leid.
    »Warum lädst du diese Woche nicht mal Richie zum Übernachten ein?« schlug sie gerade vor.
    »Mach' ich vielleicht.«
    »Ich glaube, das wäre nett«, sagte Marsha. »Ich würde ihn gern mal kennenlernen.« VJ nickte.
    Marsha lächelte und verlagerte ihr Gewicht. »Dein Vater und ich fahren noch mal weg. Ist dir das recht?«
    »'türlich.«
    »Wir bleiben nicht lange.«
    »Ich komme schon zurecht.«
    Fünf Minuten später beobachtete VJ vom Fenster seines Zimmers aus, wie Victors Auto die Zufahrt hinunterfuhr. VJ blieb eine Weile stehen und schaute hinaus. Er fragte sich, ob er wohl beunruhigt sein müßte. Schließlich pflegten seine Eltern wochentags normalerweise nicht auszugehen. Er zuckte mit den Schultern. Wenn es Grund zur Sorge gab, würde er es früh genug erfahren.
    Er wandte sich wieder in sein Zimmer, nahm das Briefmarkenalbum vom Regal und machte sich daran, den druckfrischen Satz früher amerikanischer Marken einzustecken, die er kürzlich bekommen hatte.
    Das Telefon klingelte lange, ehe er es hörte. Schließlich fiel ihm ein, daß seine Eltern nicht da waren, und er stand auf und ging den Gang hinunter zum Arbeitszimmer. Dort nahm er den Hörer ab und meldete sich mit »Hallo!«
    »Dr. Victor Frank bitte«, sagte der Anrufer. Die Stimme klang gedämpft, als halte der Sprecher einigen Abstand zum Hörer.
    »Dr. Frank ist nicht zu Hause«, antwortete VJ höflich. »Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?«
    »Wann kommt er zurück?«
    »In etwa einer Stunde.«
    »Bist du sein Sohn?«
    »Jawohl.«
    »Vielleicht ist es wirkungsvoller, wenn du ihm die Nachricht übermittelst. Sag deinem Vater, das Leben wird zunehmend unangenehm werden, wenn er es sich nicht überlegt und vernünftig wird! Hast du das?«
    »Wer spricht denn da?« fragte VJ.
    »Richte du deinem Vater nur aus, was ich gesagt habe! Er wird schon Bescheid wissen.«
    »Wer spricht da?« wiederholte VJ, und er verspürte die ersten Regungen der Angst. Aber der Anrufer hatte schon eingehängt.
    VJ legte langsam den Hörer auf die Gabel. Unversehens war ihm bewußt, daß er allein zu Hause war. Einen Moment lang blieb er stehen und lauschte. Er hatte nie gemerkt, wie sehr es in einem leeren Haus knarrte. Der Heizkörper in der Ecke zischte leise. Von irgendwoher kam ein dumpfes, metallisches Klopfen - wahrscheinlich ein Heizungsrohr. Draußen wehte der Wind den Schnee ans Fenster.
    VJ griff erneut zum Telefon und wählte eine Nummer. Als ein Mann sich meldete, sagte er ihm, er habe Angst. Nachdem der Mann ihm versichert hatte, daß man sich um alles kümmern werde, legte VJ auf. Jetzt war ihm schon wohler, aber um ganz sicherzugehen, lief er eilig nach unten und überprüfte methodisch jedes Fenster und jede Tür, um sich zu vergewissern, daß alles fest verschlossen war. In den Keller ging er nicht; er schob nur oben den Riegel vor.
    Als er wieder in seinem Zimmer war, schaltete er den Computer ein. Er wünschte sich, die Katze würde bei ihm bleiben, aber er wußte, daß er sie gar nicht erst zu suchen brauchte. Kissa hatte Angst vor ihm, auch wenn er sich bemühte, diese Tatsache vor seiner Mutter zu verbergen. Es gab so vieles, was seine Mutter nicht merken durfte. Es war eine Belastung. Aber er hatte sich nicht ausgesucht, zu sein, was er war.
    VJ setzte sich vor den Computer, startete Pac-Man und versuchte, sich zu konzentrieren.
    Die Leuchtstofflampen flackerten und erfüllten den Raum dann mit ihrem harten Licht. Victor ging beiseite und ließ Marsha den Vortritt. Sie war schon ein paarmal in seinem Labor gewesen, aber immer tagsüber. Erstaunt stellte sie fest, wie gespenstisch es hier nachts aussah, wenn kein Mensch die sterile Umgebung auflockerte. Der Raum war ungefähr zehn mal fünfzehn Meter groß, und Labortische säumten die Wände. Im Zentrum erhob sich eine große Insel aus wissenschaftlichem Gerät; ein Instrument sah exotischer

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