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Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Titel: Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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das gelang ihm.
    Soweit Ramin das beurteilen konnte, war das die einzige Entscheidung, die Sepion jemals eigenständig gefällt hatte. Ständig von eigennützigen Beratern umgeben, hatte er nie die Notwendigkeit verspürt, sich selbst Gedanken zu irgendetwas zu machen.
    Diese Unart hatte Ramin begonnen ihm auszutreiben, aber es war ein weiter und steiniger Weg. Man sollte eigentlich meinen, gewisse Fähigkeiten wären dem zukünftigen Präsidenten bei seiner Planung eingepflanzt worden, doch selbst die besten Gene benötigten Raum zur Entfaltung.
    Ramin hatte Sepion auf einer der vielen unnützen Feiern getroffen, die die hohe Gesellschaft veranstaltete, um zu beweisen, wie wichtig sie selbst und ihre Bekanntschaften waren. Der dicke Mann hatte abseits der eigentlichen Festivitäten gestanden, an einer kleinen Balustrade, von wo aus er die illustre Gesellschaft beobachtet hatte. Es hatte etwas Voyeuristisches gehabt, wie er den Unterhaltungen und Gesten der anderen Gäste mit hungrigen Blicken gefolgt war.
    Doch wie sich herausstellte, war das Zusehen das einzige Vergnügen, das ihm bei solchen Anlässen blieb. Sepion konnte sich nie überwinden, sich unter Leute zu mischen. Was zu Beginn reine Arroganz gewesen war, die ihm seine Berater eingeflüstert hatten, war über die Jahre zu tief in seine Gewohnheiten übergegangen. Er war unfähig geworden, diese unsichtbare Barriere zu überwinden, die ihn von anderen Menschen trennte.
    Eigentlich hätte Ramin den Präsidenten meiden müssen. Je höher er sich hinaufwagte in seinen selbstverachtenden Intrigen, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass seine Herkunft aufgedeckt wurde. Doch die Neugier war größer. Wie weit konnte er gehen, ehe er sich in den Fängen der Exekutive wiederfand?
    Sehr weit, offensichtlich. Balok und seine Schläger fürchteten Ramin ebenso, wie er selbst sich einst Seru hatte unterwerfen müssen. Bei dem Gedanken an seinen einstigen Meister fuhr seine Hand unwillkürlich an seine Wange und strich über die Narbe, die Serus Rute dort hinterlassen hatte. Schminke mochte sie vor den Blicken der Klone verbergen, aus seinem eigenen Gedächtnis löschen konnte er sie damit nicht.
    Er hatte gehört, dass Seru mittlerweile in Asche aufgegangen war. Nicht, dass er seinen Tod bedauert hätte. Der einzige Grund, warum dieser Gedanke ihn missmutig stimmte, war, dass er nicht selbst dafür verantwortlich war. Aber er war zu lange ein Diener gewesen. Es war ihm nicht einmal der Gedanke gekommen, sich des ungeliebten Meisters selbst zu entledigen. Früher hätte er gesagt, dass er für solche Meuchelpläne zu viel Ehre und Moral besaß, aber die Zeit hatte ihn eines Besseren belehrt. Heute sah er es nur noch als einen Mangel an Mut und Entschlossenheit.
    Seufzend wandte er sich vom Fenster ab, um sein Äußeres in dem überdimensionalen Spiegel zu prüfen, der seinen Vorraum verunstaltete. Sepion würde eine Nachbesprechung der Versammlung unter vier Augen erwarten, und vorerst hatte er nicht vor, die Hand zu beißen, die ihn so eifrig mit Futter versorgte.
    Es gab noch so einiges, für das er den Präsidenten benutzen wollte. Er hätte nie gedacht, dass er einmal das Schicksal Noryaks bestimmen wollte. Aber jetzt, da er in der Position dazu war, hatte er vor, das Beste daraus zu machen.
    Eine kleine Nachbesserung an der Stelle, an der er die Narbe gerieben hatte, dann trat er mit gestrafften Schultern auf den Gang. Wer Schwäche und Furcht zeigte, der durfte keine Gnade erwarten, soviel hatte das Klosterleben ihn gelehrt. Und die Feinde, die ihn hier umgaben, waren zahlreicher und gefährlicher als der cholerische Abt es je gewesen war.
    Zu viele waren es für seinen Geschmack, die bei der Sitzung kein Wort gesprochen hatten. Eniel beispielsweise hatte nur mit unbeteiligtem Blick dagesessen, obwohl sie als die Ministerin für Wissenschaft und Technik am meisten von den Vorkommnissen betroffen war. Währenddessen hatte Wesrot, dem Industrie und Umwelt unterstanden, gegen Ende der Versammlung nur mit boshaftem Grinsen die Diskussion verfolgt, ohne einzugreifen.
    Ganz zu schweigen von den restlichen Günstlingen, die zur Besprechung geladen gewesen waren.
    Anfangs hatte er Sepions Einfall für pure Zeitverschwendung gehalten. Er hatte ihn darin nur bekräftigt, um den anderen Ministern einen Strich durch die Rechnung zu machen – niemand sah es gern, wenn die Marionette plötzlich selbständig zu denken anfing.
    Aber wie sich herausgestellt hatte, war

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