Das unheimliche Haus
haben die Geldfälscher im Hotel zum Kurfürsten eine Tagung organisiert und ihre Vertreter aus allen Himmelsrichtungen anreisen lassen. Aber diese angeblichen Vertreter sind in Wirklichkeit die Herren Verteiler, die das Geld in den Verkehr bringen sollen. Die falschen Hunderter sind bestimmt in diese Kartons verpackt worden, da hab’ ich keinen Zweifel.« Er klopfte mit dem Fingerknöchel auf die bräunliche Pappe, die fast so dick wie Sperrholz war. Und dann blickte er auf seine Armbanduhr. »Wenn ich mich nicht irre, hatten sich diese Optal-Leute für den frühen Nachmittag eine Sitzung vorgenommen?«
»Um vierzehn Uhr«, erwiderte Kommissar Jascheck.
»Also, worauf warten wir noch?« rief der Hauptkommissar. »Pack deinen Koffer zusammen«, sagte er zu seinem jungen Kollegen von der Spurensicherung. »Du kommst mit, vielleicht gibt’s im Hotel zum Kurfürsten Arbeit für dich, die wichtiger ist. Hier kann dir ja nichts davonlaufen.«
Einer der beiden Funkstreifenwagen blieb mit seiner Besatzung zur Bewachung zurück, und der andere holperte schon kurz danach an der verfallenen Villa vorbei. Der alte Mercedes fuhr dicht hinter ihm her. Mit einigern Abstand folgten das rote Cabrio, die Glorreichen Sieben und die Maxen auf ihren Rädern.
Als der Streifenwagen nach dem Feldweg auf die Landstraße einbog, schaltete er sein Blaulicht ein und ließ seine Sirene aufheulen. Polizeimeister Kalender saß in seinem alten Mercedes wieder hinter dem Steuerrad, und der Hauptkommissar lehnte neben ihm und hatte seine Beine ausgestreckt. Er paffte bereits die zweite Zigarette, während sie auf Bad Rittershude zubrausten. Dabei war er eigentlich Nichtraucher. »Ob die optal ag überhaupt existiert?« fragte er und drehte dann den Kopf zur Seite. »Vielleicht können Sie versuchen, das festzustellen, sobald wir im Hotel sind, Kollege Kalender?«
Die Glorreichen Sieben und die Maxen standen wieder einmal mit gekrümmten Rücken in den Pedalen. Den Mercedes und den Streifenwagen hatten sie bereits am Ende des Feldwegs aus den Augen verloren.
»Wo steckt überhaupt unser Haarkünstler?« keuchte Sputnik unter seiner Astronautenmütze hervor.
»Ja, richtig«, japste Paul Nachtigall. »Bisher ist es mir noch gar nicht aufgefallen, daß er nicht dabei ist.«
»Eigentlich eine Affenschande«, stellte Karlchen Kubatz fest. »Aber seit die Maxen um uns herumwirbeln, hat man keine Übersicht mehr.
Der Tanztee im Hotel zum Kurfürsten hatte inzwischen angefangen, und die Kapelle spielte gerade einen Walzer, als Hauptkommissar Havelstein mit seiner Begleitung durch die gläserne Drehtür hereingefegt kam.
Der spindeldürre Page Fridolin Paschulke hatte, die weißbehandschuhten Hände hinter dem Rücken, auf den Absätzen seiner blitzblanken Schuhe die Musik mitgewippt. Über die leeren Tische im Speisesaal hinweg konnte man beobachten, wie sich im Aphroditensaal die Tanzpaare drehten.
Plötzlich riß der Page den Kopf herum.
»Wo sind die Optal-Leute?« fragte Hauptkommissar Havelstein bereits im Hereinstürmen. »Ist die Sitzung noch im Gange?«
»Aber das müßten Sie doch wissen, Herr Havelstein«, sagte der Chefportier verwundert. »Die Herrschaften sind vor einer guten halben Stunde alle abgereist.« Herr Pelz trug wegen des Tanztees seine Galalivree mit besonders viel Gold auf den Schultern. »Sie hatten es plötzlich sehr eilig, wie mir schien.«
Ein fataler Telefonanruf
Als dann Fritz Treutlein ein paar Minuten später in die Hotelhalle kam, spielte die Kapelle im Aphroditensaal bereits einen Tango, und Hauptkommisar Havelstein verfügte sich mit seinen Herren gerade zu einer Sitzgarnitur mit breiten, tiefen Plüschsesseln. Sie standen um einen niedrigen Marmortisch herum etwas abseits hinter einer Säule neben einer Zimmerpalme. Der Chefportier und Herr Kubatz gingen nachdenklich neben den Kriminalbeamten her. Polizeimeister Kalender hatte sich entschuldigt und war augenblicklich in der Telefonzentrale verschwunden.
»Einen schönen guten Tag«, wünschte der Friseurlehrling. »Ist Hoheit auf seinem Zimmer?«
»Man wartet schon auf dich«, hauchte der Page Fridolin halb laut. Er hatte sich im Rücken der Herren neugierig bis an die Portiersloge herangemogelt.
»Wieso flüsterst du?« fragte Fritz Treutlein. »Mitten im Sommer erkältet, oder was ist los?«
»Verdufte«, zischte der spindeldürre Junge in der grasgrüner, Uniform und machte eine unmißverständliche Kopfbewegung zum Lift hinüber. Aber der
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