Das unheimliche Haus
Bademeister Pohmann zwischen den Kleiderspinden unter den Maximilianschülern auf. »Herhören!« rief er. »Alles versammelt sich sofort draußen in der Halle.«
»Was ist denn los?« fragte Turnlehrer Kugler, der gerade klatschnaß vom Duschen kam.
»Eine bodenlose Schweinerei ist los«, knurrte der Bademeister und verschloß die drei Türen, die zum Ausgang führten.
»Aber in der Halle sind Schuhe doch verboten«, maulte ein kleiner blonder Junge, der gerade den Reißverschluß an seiner Badetasche zuzog. »Außerdem muß ich rechtzeitig zur Klavierstunde da sein.«
»Das ist mir alles schnurz und schnuppe«, bellte Herr Pohmann. Er lachte ärgerlich in sich hinein, wirbelte herum und
flitzte wieder in die Halle zurück.
Rund um das Schwimmbecken herum hatte man sich inzwischen vom ersten Schrecken erholt und die Sprache wiedergefunden.
Jetzt untersuchten die Schüler des Prinz-Ludwig-Gymnasiums zuerst einmal ihre Haut und fanden ziemlich schnell heraus, daß die schillernde und kunterbunte Brühe nicht hartnäckig klebte. Nach einigern Schrubben ließ sie sich mit Wasser wieder abwaschen. Ob das allerdings bei den Haaren und Badehosen genauso problemlos funktionierte, mußte noch ausprobiert werden.
»Jedenfalls handelt es sich nicht um Ölfarbe«, konstatierte Turnlehrer Fischer. »Ölfarbe wäre katastrophal gewesen.«
»Aber wie ist das Zeug ins Wasser gekommen?« fragte Paul Nachtigall.
»Vielleicht sind irgendwelche Röhren durchgerostet«, überlegte Herr Fischer. »Oder in der Umwälzanlage ist was ausgelaufen...«
»Papperlapapp«, sagte Bademeister Pohmann atemlos. Er hatte sich auf dem Weg durch die Halle eine weißlackierte Stange aus Kunststoff besorgt. Er benutzte sie sonst als Angel beim Unterricht für Nichtschwimmer.
Der Bademeister drängelte sich durch die Schüler bis zum Beckenrand. »In diesem Bassin gibt es nichts, was platzen oder auslaufen kann.« Er fing an im Wasser herumzustochern. »Das ist ein glasklarer Fall von Sabotage, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich herauskriege, wer dahintersteckt.«
In der Halle war es jetzt wieder ganz still. Selbst die Maximilianschüler, die teilweise nur halbangezogen aus den Umkleideräumen angezottelt kamen, mischten sich wortlos unter das Prinz-Ludwig-Gymnasium. Ihr Turnlehrer hatte sich ein zitronengelbes Handtuch über die Schultern geworfen. Alle beobachteten Bademeister Pohmann, der mit seiner weißen Stange an manchen Stellen den Boden des Schwimmbeckens erreichte, vorsichtig Kreise zog oder behutsam die Längsseiten abtastete.
»Als würde er nach einer Leiche suchen«, flüsterte Karlchen Kubatz.
»Eine Kloake«, stellte Polizeimeister Kalender fest, nachdem er eine ganze Weile lang nachdenklich dem Bademeister zugeschaut und dann in das Schwimmbecken gestarrt hatte. Er war nach dem telefonischen Alarmruf zusammen mit seinem Reviervorsteher Nielsen umgehend im Funkstreifenwagen zum Hallenbad gejagt, hatte dann im Eilschritt die Eingangshalle durchquert und war schnurstracks zum Tatort gestürmt. Herr Pohmann hatte ihm ja bereits am Telefon angedeutet, was passiert war. Jetzt berichtete er die mageren Einzelheiten, die ihm bekannt waren.
Dabei ging so ganz allmählich auch den Maximilianschülern ein Licht auf. Bisher hatten sie nur sehr verwundert registriert, daß sich das glasklare Wasser, in dem sie noch vor kurzer Zeit herumgeturnt waren, in eine scheckige Limonade verwandelt hatte und daß die Knaben vom Prinz-Ludwig-Gymnasium wie kunterbunte Ostereier in der Gegend herumstanden. Aber ein Zusammenhang war ihnen schleierhaft geblieben. Jetzt fingen sie an zu begreifen, und ihre Gesichter zeigten unverhohlene Schadenfreude.
»Haben Sie irgendeine Vermutung?« fragte Herr Kalender, »vielleicht sogar einen Verdacht?« Er wechselte einen schnellen Blick mit seinem Reviervorsteher.
»Der Täter muß äußerst raffiniert vorgegangen sein«, sagte der Bademeister.
»Es kann sich auch um mehrere Täter handeln«, erklärte der Polizeimeister mit undurchsichtiger Miene.
»Das ist sogar anzunehmen«, räumte Herr Pohmann ein. »Jedenfalls müssen die Farben in irgendwelchen Behältern versenkt worden sein, die sich erst nach einiger Zeit geöffnet haben. Wäre das Zeug nur ins Wasser geworfen worden, so wie man Badesalz in einer Wanne verteilt, dann hätten die Burschen entdeckt werden müssen. So etwas wäre unter Garantie aufgefallen.«
»Sie könnten getaucht sein«, bemerkte der Polizeimeister beiläufig. »So
Weitere Kostenlose Bücher