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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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großen Stichen durchlöchert, damit die Farbe nach und nach entweichen kann.« Er ging mit seiner Stange wieder an den Beckenrand. »Selbstverständlich schwimmen noch andere Beutel im Wasser herum, da geh’ ich jede Wette ein.«
    »Vermutlich einer für Rot, einer für Blau, einer für Grün und s o weiter«, bemerkte der Polizeimeister.
    »Aber wer, um Himmels willen, kann mir sagen, was Speisefarbe bedeutet?« fragte Reviervorsteher Nielsen.
    Einer der herumstehenden Schüler aus dem Prinz-Ludwig-Gymnasium meldete sich wie beim Unterricht. Er war klein, und seine blonden Haare hatten blaue und rote Flecken. »Man verwendet das Zeug in jeder Konditorei, damit die Creme in Blätterteigschnitten schön eigelb aussieht, zum Beispiel. Ich weiß das, weil meinen Eltern das Cafe am Karlsplatz gehört.« Er verschränkte die Arme und zog die Schultern hoch, weil er allmählich eine Gänsehaut bekam. »Man kann auch Marzipan damit farbig machen oder Glasuren. Es gibt Kunden, die wollen unbedingt Geburtstagstorten mit einem himmelblauen Zuckerguß und mit roten Rosen darauf und einer zitronengelben Schrift für die Zahl und ihren Glückwunsch. Nicht zu vergessen Eisbecher, die ja nicht bunt genug sein können...«
    »Auch in Restaurants und Kantinen wird nachgeholfen«, warf Turnlehrer Fischer ein. »Die pfeifen aufs Lebensmittelgesetz, das stand erst unlängst in der Zeitung. Vor allem bei Pudding und Kompott wird gefärbt, aber auch bei Gemüse.«
    »Prost Mahlzeit«, sagte Karlchen Kubatz. »Dann will ich mir lieber gar nicht vorstellen, was in den Wurstfabriken passiert.«
    Reviervorsteher Nielsen massierte sein Kinn mit der rechten Hand. »Man müßte herausfinden, wo seit gestern oder seit ein paar Tagen solche Beutel mit Speisefarbe vermißt werden.«
    »Aber wir sollten die genaue Zahl wissen«, fügte der Polizeimeister hinzu, »sonst fuchteln wir bei unseren Nachforschungen nur im Nebel herum.«
    »Vielleicht können wir Ihnen behilflich sein«, ließ sich Paul Nachtigall hören. »Die Brühe da im Schwimmbecken ist ja harmlos, wie wir jetzt wissen, und außerdem sind wir vom Prinz-Ludwig-Gymnasium am meisten daran interessiert, daß die Maxen als Täter entlarvt werden.«
    Die Maximilianschüler protestierten erneut. Sie randalierten, pfiffen durch die Finger und buhten. Dabei wirkten sie so überzeugend, daß man glauben konnte, sie seien tatsächlich ahnungslos, und daß Ulli Buchholz sie gar nicht eingeweiht hatte.
    »Ich verbitte mir diese ungeheuerliche Anschuldigung«, stieß Herr Kugler hervor, nachdem sich seine Schüler wieder einigermaßen beruhigt hatten. »Es gibt keine Tat ohne Motiv, und welches Motiv sollten wir haben, bitte sehr?«
    »Ganz einfach«, erwiderte Emil Langhans gelassen, »man will verhindern, daß wir heute für die Schwimmeisterschaft beim Sommerfest trainieren. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich hab’ zu tun.«
    Inzwischen tauchte nämlich Paul Nachtigall bereits zusammen mit Karlchen Kubatz und ein paar älteren Schülern des Prinz-Ludwig-Gymnasiums durch das Becken. Emil schob sich eine Schwimmbrille über die Augen und sprang ihnen nach. Solange sie unter der Oberfläche blieben, auf der sich mittlerweile ein Film von durcheinanderfließenden Farben gebildet hatte, waren sie unsichtbar. Nur an Wellenbewegungen konnte man erkennen, wo sie sich gerade befanden. Zwischendurch tauchte da oder dort ein Kopf auf, schnappte nach Luft und verschwand gleich wieder.
    »Früher hätte bei so was kein Mensch die Polizei geholt«, bemerkte Turnlehrer Kugler, ohne den Blick vom Schwimmbecken zu nehmen.
    »Früher sind auch noch die Kinder mit Fahrrädern um den Tisch gefahren, damit die Eltern beim Abendessen Licht hatten«, erwiderte der Polizeimeister friedlich. Auch er ließ das Wasser nicht aus den Augen. Nach einer Weile zog er eine Augenbraue nach oben und schüttelte den Kopf. »Aber Sie haben natürlich recht, Herr Kugler. Für die Polizei ist dieser Fall eine ganze Nummer zu klein. Oder sollen meine Beamten jetzt alle Restaurants, Eisdielen und Konditoreien abklappern?«
    »Auch Cafés, Kantinen und Wurstfabriken«, fügte Herr Kugler hinzu.
    »Immerhin handelt es sich um groben Unfug in einer Städtischen Einrichtung«, gab Bademeister Pohmann zu bedenken.
    »Ist ein Schaden entstanden?« fragte Herr Kalender.
    »Müssen immer gleich Fensterscheiben eingeschlagen werden?« näselte der Bademeister. »Nein, Schaden ist nicht entstanden, wenn Sie mich so direkt fragen. Das

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