Das unheimliche Haus
können.«
»Du willst doch wohl nicht ins Freibad?« fragte Karlchen Kubatz. »Da kriegen wir doch keinen Fuß ins Wasser.« »Wir radeln raus an die Amper«, verkündete der Boß. Er beugte den Kopf zurück und ließ das Wasser auf sein Gesicht prasseln.
»Genug Zeit hätten wir ja«, meinte Karlchen Kubatz.
»Nichts dagegen«, stimmte Emil Langhans zu.
Sputnik hielt den Kopf schief und schüttelte ihn. »Auf was warten wir also?« fragte er und fügte hinzu: »Mann, mein Ohr ist total überschwemmt.«
»Bei dir piept’s wohl«, zischte im selben Moment Manuel Kohl, weil Hans Pigge die Brause von kalt auf heiß gedreht hatte.
Sie trödelten jetzt nicht mehr herum, schrubbten und duschten sich die letzten Farbreste von der Haut und aus den Haaren, so gut und schnell es eben ging.
Es wäre allerdings besser gewesen, wenn sie sich nicht so beeilt hätten.
Und es wäre noch viel besser gewesen, wenn sie an diesem Nachmittag Bad Rittershude überhaupt nicht verlassen hätten.
Aber was kommen soll, ist immer schon unterwegs, und man kann es nicht vermeiden. Dabei waren sie gewarnt. Als sie nämlich die Hähne an den Duschen abstellten, entdeckte Emil Langhans hinter der geriffelten Mattglasscheibe die Silhouette einer spindeldürren Gestalt, die sich gerade davonschleichen wollte. Dabei quietschte Gummi auf dem glatten Fußboden.
»Stopp!« rief Emil. »Bleib augenblicklich stehen, du Ratte.« Ein rothaariger Kopf wurde sichtbar, dann ein knallbuntes T-Shirt.
»Keinen Schritt weiter, Honeyboy«, drohte der Boß.
»Was spionierst du schon wieder hinter uns her?« stieß Karlchen Kubatz hervor. »Du hast vielleicht Nerven.«
Der klapperdürre Junge gab keinen Ton von sich. Für einen kurzen Augenblick starrte er durch seine dicken Brillengläser. Dann stieß er sich mit beiden Händen von der Wand ab und kurvte auf Rollschuhen in die Umkleideräume. Dort zwängte er sich durch die Schüler, die beim Anziehen waren und verwundert aufblickten. Denn von den Duschen her kamen jetzt auch die Glorreichen Sieben angetrabt, und es war ganz eindeutig, daß sie hinter dem Rothaarigen her waren.
»Haltet sie auf«, rief der Honeyboy die Maximilianschüler um
»Aber du gehörst doch gar nicht zu uns«, protestierte ein
Junge, der sich gerade ein kariertes Hemd über den Kopf gezogen hatte.
»Fragt jetzt nicht lange...«
Die Maxen waren überrumpelt und hatten keine Ahnung, was da gespielt wurde. Aber ganz gefühlsmäßig entschieden sie sich gegen die Glorreichen und stellten sich ihnen in den Weg.
Der Honeyboy wollte eine der Türen öffnen, die zur Eingangshalle führten. Aber sie war noch verschlossen. Doch das schien ihn nicht aus der Fassung zu bringen. Er blieb stehen, drehte sich um und grinste.
Die Glorreichen Sieben hatten inzwischen eine dichtgedrängte Abwehrmauer von Maxen vor sich.
Aus dem Nebenraum kamen aufgeschreckt und neugierig die Schüler des Prinz-Ludwig-Gymnasiums angeschlittert.
Und ganz überflüssigerweise erschien jetzt auch noch Bademeister Pohmann. »Bist du denn total hirnverbrannt?« brüllte er. »Mit Rollschuhen in einer Badeanstalt, das hab’ ich noch nie erlebt...«
»Nirgendwo steht, daß hier Rollschuhfahren verboten ist«, erwiderte der Rothaarige unverfroren. »Für alles, was verboten ist, gibt’s doch überall in diesem Land die entsprechenden Schilder...«
»Wo er recht hat, hat er recht«, brabbelte einer der Maxen, die sich breitbeinig vor Paul Nachtigall und den anderen aufgebaut hatten.
»Du mußt einen Knall haben«, knurrte Herr Pohmann. »Gleich passiert was, wenn du nicht umgehend deinen Abgang machst.«
»Nichts lieber als das«, erwiderte der Honeyboy und feixte wieder einmal rotzfrech. »Aber zu diesem Zweck müßten Sie mir freundlicherweise eine von diesen drei Türen aufschließen.«
»Erst wenn du dir diese verdammten Dinger von deinen Latschen geschraubt hast«, erwiderte der Bademeister. »Und dann hätte ich noch gern deinen Namen gewußt, Schule und Klasse...«
Der rothaarige Junge zuckte mit seinen schmalen Schultern. »Das ist leider zuviel verlangt«, bedauerte er. Seine Augen hinter den dicken Brillengläsern hüpften wieselflink von der einen Seite auf die andere. Dicht bei den nebeneinanderstehenden Maxen entdeckte er eine Lücke. »Nehmt eure Nasen weg«, stieß er heraus. Gleichzeitig fabrizierte er blitzschnell einen Luftsprung aus dem Stand und schwirrte los. In der Hocke und mit dem Allerwertesten beinahe auf den Fersen, flitzte er
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