Das unheimliche Medium
plötzlich schrie sie gellend auf.
Ich zuckte zurück, auch ihr Körper zuckte, und bevor ich noch zugreifen konnte, war er bereits von der Tischplatte herabgerutscht und auf den Boden gefallen.
Stumm und starr blieb er liegen.
Es war nichts mehr wie sonst. Sie lag still und redete kein Wort. Sie konnte es auch nicht, denn sie war bewußtlos geworden. Mein Pech, mein Fehler? Hoffentlich nicht. Ich konnte mir und ihr nur die Daumen drücken, daß es tatsächlich nur eine Bewußtlosigkeit war.
Mrs. Norman lag da wie hingegossen. Ihre Augen standen offen, der Blick war starr. Sie bewegte nicht einmal ihre Lippen.
Ich fühlte nach dem Puls. Ja, er war zu spüren. Mein Kreuz hatte sie nicht getötet, was mir wiederum bewies, daß sie noch nicht zu einem dämonischen Wesen degeneriert war, und dies wiederum war ein Hoffnungsschimmer.
Ich richtete mich wieder auf und schaute mich versonnen in der Küche um. Nein, eine Lösung fand ich nicht. Es war einfach zuviel passiert, für das ich noch keine Erklärung wußte. Aber es mußte etwas geben, es mußte etwas dahinterstecken. Nicht grundlos erschien ein Unwetter über einem kleinen Ort und jagte seine verheerenden Blitze in die Häuser und Straßen.
Da lief etwas…
Was und von wem?
Wer steckte dahinter?
Mir war klar, daß es sich nur um eine dämonische Macht handeln konnte. Ich war voll hineingeraten, ein Zufall, könnte man sagen.
Möglicherweise zog ich die Gefahr bereits an, wer konnte das schon wissen. Diese dämonische, noch unbekannte Kraft hatte etwas vor. Sie wollte Menschen in ihren Bann bringen, aber einfach so? Nur aus dem Himmel jagen und sich dann ausbreiten?
Da kam ich nicht mit. Es konnte ja so sein, doch ich glaubte fest daran, daß es in diesem Dorf etwas gab, das mit dieser Kraft zusammenarbeitete und sie sogar noch verstärkte. Ja, das konnte sehr gut möglich sein, und meiner Ansicht nach mußte es sich dabei um einen Menschen handeln. Irgend jemand aus dem Kreis der Bewohner konnte durchaus den Mittler oder Übermittler spielen.
Nur – wie fand ich ihn?
Bevor ich die Küche verließ, schaute ich noch einmal nach Mrs. Norman.
Wie groß der Schock durch den Anblick des Kreuzes gewesen war, konnte ich nicht sagen, und ich wußte deshalb auch nicht, wann sie erwachen würde. Ich hoffte, daß es noch in dieser Nacht geschah.
Im Flur schaute ich auf die Uhr.
Es war seit meinem Eintreffen schon einige Zeit vergangen, und ich grübelte darüber nach, wie lange Suko wohl noch brauchen würde, um Weldon zu erreichen. Eine Stunde – weniger?
Wie ich ihn kannte, würde er sich beeilen. Vielleicht schaltete er auch die Sirene ein. Ich wollte mich nicht auf ihn verlassen und mußte zunächst den Weg allein gehen.
Mit unsicheren Schritten trat ich hinaus in die frische Nachtluft. Unsicher deshalb, weil ich mich noch immer nicht fit fühlte und die Nachwirkungen dieses Überfalls deutlich spürte. Ich war inzwischen davon überzeugt, daß mich mein Kreuz gerettet hatte. Sonst wäre es mir unter Umständen so ergangen wie dem Kaufmann oder Missis Miller. Es waren zwei von vielen. Ich dachte darüber nach, was mit den anderen Menschen passiert war, ob es möglicherweise auch Tote gegeben hatte. Dieser Gedanke erschreckte mich. Auf einmal kam mir die Luft nicht mehr so kühl und erfrischend vor.
Ich empfand sie als heiß und stickig…
In meiner Kehle war es trocken geworden. Mit langsamen Schritten durchquerte ich den Garten. Die Stille hing wie eine Bleidecke über dem Ort.
Am Rand der Straße blieb ich stehen. Gegenüber sah ich den erleuchteten Lebensmittelladen von Vincent Miller. Nichts bewegte sich dort. Alles stand starr.
Einen Plan hatte ich mir zurechtgelegt, wenn auch nur einen sehr schwammigen. Ich wollte den kleinen Ort zu Fuß erforschen und versuchen, den Gefahrenherd aufzuspüren…
***
Nora Shane fühlte sich glücklich. So glücklich wie lange nicht mehr.
Wie eine lebende Energiequelle kam sie sich vor, als sie sich in ihr Zimmer zurückzog. Dort setzte sie sich in den Sessel und spielte mit ihren Puppen. Das hatte sie ebenfalls schon seit langem nicht mehr getan, jetzt brauchte sie das einfach. Den Computer ließ sie links liegen.
Sie hatte ein Licht eingeschaltet. Die kleine Lampe mit dem knallbunten Schirm stand neben dem Bett auf dem Nachttisch. Sie streute weiches Licht bis auf die Bettdecke.
Sie hatte es geschafft. Ja, sie hatte es geschafft! Es wollte noch nicht richtig in ihren Kopf, und Nora hatte Mühe, es zu
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