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Das unheimliche Medium

Das unheimliche Medium

Titel: Das unheimliche Medium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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dunkel, denn die Lampe beleuchtete nur die Tischplatte und kaum die Person davor. Um sie besser erkennen zu können, mußte ich tiefer in die Küche hineingehen.
    An der anderen Seite des Tisches ließ ich mich nieder. Jetzt zerstörte auch die Lampe mein Blickfeld nicht mehr. Ich schaute sie an, und sie blickte in mein Gesicht.
    Dabei konzentrierte ich mich auf die Augen. Bei ihnen war meist zuerst zu erkennen, mit welchen Problemen sich der Mensch herumschlug.
    Diese Erfahrung jedenfalls hatte ich im Laufe der Zeit gewonnen.
    Ja, die Augen!
    Wie wirkten sie? Was dachte diese Person? Spiegelten sich ihre Gedanken möglicherweise dort wider?
    Die Pupillen wirkten wie Glas. Sie lagen eingebettet in düstere Schatten, die keine natürliche Ursache aufwiesen. Mrs. Norman hatte sich nur falsch geschminkt. Sie schaute mich zwar an, doch sie sah durch meinen Körper hindurch. Zumindest interpretierte ich so diesen glanzlosen Blick.
    Es war schon seltsam, aber diese Person hatte etwas an sich, das mich davon abhielt, sie anzusprechen.
    Was war es nur?
    Der Tisch war nicht leer. Es standen zwei Biergläser darauf, aber in keinem befand sich auch nur ein Tropfen. Auf eine Decke hatte sie verzichtet.
    Was hatte sie vor?
    Plötzlich hörte ich das Knirschen. Da es in dieser Küche sehr still war, erklang das Geräusch überlaut, und auch durch irgend etwas abgeschwächt und gedämpft.
    Ich war irritiert.
    Mein Blick glitt in verschiedene Richtungen, weil ich herausfinden wollte, wo das Geräusch seine Quelle hatte. Ich fand sie nicht. Das Geräusch blieb, wurde sogar lauter.
    Und dann sah ich, wie die Frau am anderen Ende des Tisches ihren Mund bewegte. Sie kaute, und das war mir bereits bei meinem Eintritt aufgefallen. Nur hatte ich da nicht dieses Knirschen gehört. Nun wußte ich, daß es in ihrem Mund stattfand, und ich überlegte, ob sie nur mit den Zähnen knirschte oder damit irgend etwas zermalmte.
    Die letzte Annahme würde wohl stimmen, aber sie hielt den Mund mit ihren verschmierten Lippen noch geschlossen. War das wirklich Kosmetik?
    Mein Herz schlug schneller, ich beugte mich etwas vor, um besser sehen zu können.
    In diesem Augenblick öffnete die Frau ihren Mund. Was ich da zu sehen bekam, erschreckte mich zutiefst. Blut floß daraus hervor. Zwei dünne Rinnsale rechts und links, während sie noch kaute. Auch das Geräusch blieb. Die Zunge bewegte sich, bekam etwas von dem zu fassen, was sich im Mund befand. Auf der Oberseite blieb der Gegenstand liegen.
    Die Frau öffnete ihren Mund noch weiter, damit sie auch die Zunge hervorschieben konnte. Sie war nicht mehr als ein rosiger, blutiger Klumpen. Auf ihrer Mitte lag der Gegenstand, auf dem sie gekaut hatte.
    Eine Glasscherbe!
    ***
    O Gott – das durfte doch nicht wahr sein! Für mich war es schlimm, schaurig, beinahe unerträglich, denn damit hätte ich nicht gerechnet.
    Was war nur mit dieser Frau los?
    Sie hielt die Zunge noch immer ausgestreckt und schaffte es sogar, den Mund – jetzt war es schon ein Maul – in die Breite zu ziehen und mir so ein widerliches Grinsen zu zeigen.
    Ich kam mir vor wie jemand, der überhaupt nicht Bescheid wußte und trotzdem gegen seine Feinde kämpfte, aber das alles wollte ich hintanstellen, ich mußte meine eigenen Gefühle unterdrücken und mich auf diese Person konzentrieren.
    Wenn ich anfing, hochzurechnen, kam ich zu dem Ergebnis, daß jeder Bewohner von Weldon unter den Blitzen zu leiden gehabt und sich bestimmt auch verändert hatte.
    Über meinem Rücken ›flossen‹ kleine Eiskörner und produzierten einen kalten Schauder. Ich fühlte mich wie in einer Mühle. Hinter der Stirn hämmerten kleine Zwerge mit ihren Hacken in meinem Kopf herum, und ich rang nach Luft. Für einen Moment konzentrierte ich mich auf mein verdeckt hängendes Kreuz.
    Ja, es hatte sich noch erwärmt.
    Etwas klirrte, und ich schrak zusammen.
    Die Frau hatte die letzte dünne Scherbe einfach ausgespien. Sie schaute auf die Scherben und spie mit Blut vermischten Speichel hinterher.
    Ich konnte es noch immer nicht fassen. Mrs. Norman aber grinste. Sie war ein Monster, ein Freak, das Zerrbild eines Menschen. Auf schreckliche Art und Weise verändert, und als sie ihre Arme bewegte, konzentrierte ich mich auf die Hände. Die Fingernägel waren dunkelrot lackiert.
    Sie griff nach dem links stehenden Glas. Endlich wußte ich, weshalb sie die Gefäße dort abgestellt hatte. Wie andere Menschen Brot, Gemüse und Fleisch aßen, so ernährte sie sich

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