Das unheimliche Medium
Widerschein über die Schwelle hinaus in den Flur.
Genau in dem Raum mußte sich Betty Styron aufhalten!
Mich irritierte das Licht. Ich konnte mir darauf keinen Reim machen und wollte auch nicht glauben, daß es nur eine Lampe war, die dort flackerte.
Nicht daß ich die Gewißheit in mir spürte, dicht vor des Rätsels Lösung zu stehen, doch ich hatte einfach das Gefühl, daß mich das Überschreiten der Schwelle weiterbringen würde.
Ich war vorsichtig.
Die Waffe ließ ich stecken, aber mein Kreuz hing jetzt außen vor der Brust. Es sollte so gut wie möglich die Gefahr auffangen, falls denn eine auf mich zukam.
Um einen freien Blick zu haben, mußte ich die Tür ganz aufstoßen. Das tat ich mit dem rechten Fuß.
Dicht hinter der Schwelle blieb ich stehen, überblickte den ganzen Raum, und was ich sah, war unglaublich…
***
Betty Styron war die Lichtquelle!
Grüner und gelber Schein strahlten von ihr aus und vermischten sich miteinander.
Das immerwährende Zucken geisterte durch den Raum. Es floß hart und zackig über die Wände, es berührte den Schrank mit der zerstörten Scheibe und den davorliegenden Glassplittern ebenso wie die Couch, den Tisch und die beiden Sessel.
Betty stand zwischen allem. Sie trug einen Hausanzug. Der Reißverschluß der hellen Jacke war hochgeschlossen. Auch die beiden Hosenbeine waren außen mit dünnen Reißverschlüssen versehen. Die Taschen waren ausgebeult, als hätte die Frau dort Äpfel hineingesteckt.
Ich nahm diese Kleinigkeit einfach wahr, obwohl sie unwichtig waren.
Sie selbst sah aus wie eine gläserne Person, wie ein Fremdkörper, ein nachgemachter Mensch, fast schon wie eine Comicfigur aus einem Superhelden-Album.
Bettys Gesichtshaut schimmerte grün, und sie war trotzdem durchsichtig.
Unzählige Blitze durchtosten ihren Körper. Sie bildeten verschiedene Muster, sie rasten von verschiedenen Seiten heran, trafen die Arme, die Schultern, die Hände, den Oberkörper, die Beine und das Gesicht.
Ja, das Gesicht.
Es erschien mir alterslos, als hätte jemand davon eine Glasmaske angefertigt. Aber die Frau lebte.
Sie bewegte ihre Augen, auch den Mund, dessen Lippen so fürchterlich blaß waren. Die andere Kraft hatte sie zu einer magischen Energiebombe verändert.
Es fiel mir schwer, darüber hinwegzukommen und diese Dinge zu begreifen. Ich stand da, wirkte etwas verloren und spürte im Magen einen dicken Kloß.
Damit hatte ich nicht gerechnet. Natürlich stellte ich mir Fragen nach den Gründen, aber da würde ich wohl keine befriedigende Antwort erhalten.
Hier hatte eine Macht zugeschlagen, die außerhalb meiner Kontrolle und meines Wissens stand. Ich wußte nicht einmal, wo ich sie hinstecken sollte, woher sie gekommen war.
Da kam ich nicht mit.
Das Licht, das sich ja aus den Blitzen zusammensetzte, durchzuckte den Körper nach wie vor. Es behielt sein Flackern und seine Geschwindigkeit bei, ein Ende war nicht abzusehen, und immer wieder leuchtete sie kurz auf.
Konnte sie hören, sprechen, atmen und reagieren?
Nichts davon war zu spüren, und ich bekam auch keine Antwort, als ich sie mit ihrem Namen ansprach. Sie hielt sich zurück. Entweder wollte oder konnte sie nicht.
Vorsichtig betrat ich den Raum. Es gab sonst keine Lichtquelle, und ich hütete mich davor, den Schalter oder nur eine der Lampen zu berühren.
Die Frau war wichtiger.
Vor dem Schrank lagen nicht nur Glasreste im Teppich, dazwischen schimmerten auch dunkle Tropfen, denn Walter hatte hier oben schon Blut verloren.
Die Frau schaute mich an. Ein gläserner Roboter, einer, der das Inferno nicht überstanden hatte, der verändert worden war. Sie bewegte ihre Lippen, nur verließ kein Laut ihren Mund. Sie war so furchtbar still, und es war auch nichts zu hören, obwohl sie zitterte, als würden ständig neue Stromstöße durch ihren Körper jagen. Ich mußte etwas unternehmen und sie von diesem verdammten Energieblock befreien.
Es war nur eine Lösung möglich!
Das Kreuz!
Aber würde ich die Frau damit töten? Diese Gefahr bestand, weil sie ausschließlich unter dem Druck dieser anderen Kraft stand. Ich schob mich näher an sie heran. Ihren eigenen Mann hatte sie in einem plötzlichen Anfall in das Glas des Wohnzimmerschranks geworfen, deshalb mußte ich bei ihr mit weiteren Maßnahmen dieser Art rechnen.
Ich sprach sie noch einmal an.
Sie hörte nicht, aber sie ging zurück, denn sie wollte mich nicht zu nahe an sich herankommen lassen. Den Gefallen tat ich ihr nicht. Dabei
Weitere Kostenlose Bücher