Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee
vielleicht doch wieder in sein Bett klettern? Der knurrende Magen ließ ihm aber keine Wahl: Er musste etwas zum Essen finden. Und zwar schnell.
Hoppelnd ging es vorwärts. Bei jedem seiner Hüpfer gab er ein leises Stöhnen von sich und schon nach kurzer Zeit tat ihm sein Hinterteil so weh, dass er von nun an versuchte beim Springen ein wenig seitlich aufzukommen. Sonderlich elegant sah das natürlich nicht aus, aber es war um einiges angenehmer. Auf diese Weise wackelte er durch das Gartentor und sprang den Distelpfad entlang.
Der Honig in den Bienenstöcken duftete, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Doch er wollte nicht einmal daran denken, sich etwas davon zu nehmen. Die Flucht vor einem Bienenschwarm würde in seiner heutigen Verfassung zwangsläufig zu einer Katastrophe führen. Wehmütig ging er von dannen. Weil er sich aber so eigenartig verrenken musste, dauerte es wesentlich länger als gewöhnlich, bis er endlich bei der Schneckenbachbrücke ankam, oder besser gesagt: bei dem, was noch von ihr übrig war.
»Wie sieht es denn hier aus?«, staunte er. »Das ist mir gestern gar nicht aufgefallen.«
Der Boden war übersät mit zersplittertem Holz. Das Brückengeländer hing bis zur Hälfte im Wasser, und zwischen den Schilfrohren, die allesamt niedergemäht waren, lagen reihenweise zerschlagene Bretter. Der Kürbis blies die Backen auf.
»Die beiden haben hier ja ganz schön gewütet«, brummte er. »Es würde mich brennend interessieren, was Primus und die Hexe gestern noch so alles kaputt gemacht haben.« Vorsichtig sprang er über die Brücke, bevor er sich weiter auf Futtersuche begab.
Snigg fraß vor allem Obst. Fallobst – um genauer zu sein. Dabei war es ihm ganz egal, ob das Obst von einem Baum heruntergefallen oder durch ein Küchenfenster hinausgeworfen worden war. Wichtig war lediglich, dass es auf dem Boden lag. Wie hätte er als Kürbis auch alleine Obst pflücken sollen? Er konnte allenfalls ein wenig nachhelfen, dass es herunterfiel.
Jetzt folgte er dem Distelpfad und machte bei jedem Gebüsch am Wegesrand halt, um nach Brombeeren oder etwas Ähnlichem zu suchen. Zu Anfang sah es aber ziemlich mager aus, weshalb er sich immer weiter nach Norden begab. Hier hatte er endlich Erfolg. Unter einer Eiche, nahe beim Schneckenbach, stand ein reich bewachsener Himbeerstrauch. Gewandt kroch er zwischen den Ästen hindurch, schlüpfte unter das Gebüsch und biss mit seinen Zähnen in den dicken Stängel. Dann rüttelte er so lange, bis die Beeren herunterfielen. Jetzt musste er sie nur noch von der Erde aufsammeln. Zwar waren sie zuckersüß, aber satt wurde er davon noch lange nicht. Schmatzend kam er unter dem Busch hervor und betrachtete noch einmal den Boden, um sicherzustellen, dass er auch keine Beeren übersehen hatte. Dann streckte er sich, so weit es nur ging, schielte in alle Richtungen und zog weiter.
Zwar fand er immer wieder die eine oder andere Kleinigkeit, aber sonderlich ergiebig war sein Ausflug bisher nicht gerade gewesen. Nach einiger Zeit verging ihm schließlich die Lust und er wackelte nur noch gelangweilt über den Pfad dahin. Vielleicht hätte er doch lieber an den Bienenstöcken naschen sollen?! Eines war sicher: Seinen Hintern hätten sie gewiss nicht schlimmer zurichten können. Irgendwann blieb er dann stehen und blickte sich um. Trotz seines Muskelkaters hatte er eine beachtliche Strecke zurückgelegt. Er war bis zum Ende der Nebelfelder gekommen und stand nun vor dem Rand des Finsterwaldes, der wie eine schwarze Wand vor ihm in die Höhe ragte. Hier befand sich auch jene Stelle, wo der Schneckenbach zwischen den Bäumen in den Wald hineinfloss. Allerdings verlief der Bach von nun an nicht mehr weiter neben dem Distelpfad her, sondern bog scharf nach Nordosten ab.
Snigg stand da und dachte nach. Sollte er auf dem Distelpfad bleiben, um im Wald nach etwas Essbarem zu suchen? Oder sollte er einfach umdrehen und zurück zum Turm springen? Die erste Möglichkeit verwarf er schnell. Nach der großen Hitze der vergangenen Tage würde er am Rand des Waldwegs bestimmt nur eklige Staubpilze finden. Aber nach Hause wollte er auch nicht. Dafür hatte er noch viel zu großen Hunger. Dann kam ihm plötzlich ein Gedanke: Was wäre, wenn er dem Bach durch das Unterholz folgen würde? Bisher war er zwar nie in dieser Gegend gewesen, aber eigentlich musste es im Unterholz neben einem plätschernden Bach doch jede Menge Sträucher geben. Wieder guter Dinge machte er sich auf
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