Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee
den Weg.
Zuerst ging es noch locker an der Uferböschung entlang. Aber schon nach wenigen Sprüngen stellte sich heraus, dass er sich diesen Spaziergang wohl ein bisschen zu einfach vorgestellt hatte. In engen Kurven und an Felsen vorbei schlängelte sich der Schneckenbach durch das Dickicht. Dabei wurde es Stück für Stück dunkler. Allerdings waren es nicht nur die hohen Bäume, die hier dem Sonnenlicht den Weg versperrten. Dicke Wurzeln ragten aus dem Boden und überspannten den Schneckenbach in weiten Bögen. Snigg hatte mittlerweile seinen Muskelkater vergessen und nur noch Essen im Sinn. Der Hunger verhalf dem dicken Kürbis zu sportlichen Höchstleistungen. Im Halbdunklen sprang er von einem Stein zum nächsten, schlüpfte unter Wurzeln oder umgefallenen Bäumen hindurch und zog unter all den Strapazen eine Fahne klebriger Spinnweben hinter sich her. Überall gab es Mückenschwärme, die ihm in den Mund flogen, oder Schneckenschleim, auf dem er ausrutschte. Pilze wuchsen zwischen den Steinen, wie er sie noch nie gesehen hatte. Ihre Schirme waren größer als Suppenteller und schmeckten trotz seines Hungers abscheulich. Doch nach einiger Zeit lichtete sich schließlich der Wald und dichtes grünes Gras tauchte vor ihm auf.
Snigg verschnaufte. Er schüttelte sich die Spinnweben vom Kopf und spuckte die letzten Mücken aus. So eine friedliche Lichtung hatte er hier im Wald bestimmt nicht vermutet. Die Sonne blinzelte durch die Blätter und strahlte in hellen Bahnen auf die Wiese. Doch Augenblick, was war das? Snigg riss die Augen auf. Mitten auf der Lichtung stand ein kleiner Pfirsichbaum, der schon dicke Früchte trug. Snigg verlor keine Zeit. Er hüpfte um den Baum herum und begann sofort nach abgefallenen Pfirsichen zu suchen. Aber leider vergeblich. Er konnte nirgendwo auf dem Boden etwas entdecken. Allerdings hingen dafür umso mehr schmackhafte Früchte ganz oben in der Baumkrone.
Der Kürbis setzte zum Sprung an. Wie ein dicker Ball prallte er gegen den Baum, der leicht zurückfederte. Energisch sprang er weiter, woraufhin das Bäumchen immer stärker hin- und herwippte. Nach kurzer Zeit prasselten auch schon die ersten Pfirsiche herunter, über die sich Snigg wie ein Wildgewordener hermachte. Seine Laune hatte sich schon wieder stark verbessert, wenngleich er immer noch hungrig war. Er schüttelte das Bäumchen erneut, doch diesmal ohne Erfolg.
»Soll das vielleicht schon alles gewesen sein?«, knurrte er. »Na, das wollen wir doch mal sehen.«
Er nahm ein klein wenig Abstand und blickte in die Baumkrone. Tatsächlich! Ganz oben im höchsten Wipfel hingen ausgerechnet die größten Pfirsiche und leuchteten im Sonnenlicht.
»Wartet nur«, sagte er, »euch hol ich mir.« Und er setzte zum Sprung an.
Mit ganzer Kraft knallte er so lange gegen das Bäumchen, bis dieses regelrecht zu wedeln begann. Pfeifend sausten die Pfirsiche daraufhin durch die Luft. Snigg stand der Mund weit offen, als die herrlichen Früchte über seinen Kopf durch die Lichtung flogen. Platschend landeten sie hinter ihm im Bach.
»NEIN!«, rief er. »NICHT! Hiergeblieben!«
Er sprang zum Ufer, wo er zusehen musste, wie die Pfirsiche vom Wasser weggetragen wurden.
»Das darf doch nicht wahr sein«, jammerte er. »Da schwimmt mein hart verdientes Essen davon!«
Verzweifelt versuchte er den Früchten hinterherzuhüpfen, aber aus irgendeinem Grund wurde der Bach nun immer schmaler und schneller. Hechelnd ging es durch das dichte Gehölz.
»Ich kriege euch schon noch«, schnaufte er. »Gleich hab ich euch.«
Und tatsächlich, es sah ganz danach aus, als würde er Recht behalten. Snigg hatte die schwimmenden Pfirsiche eingeholt und konnte von der Uferböschung auf sie hinabsehen. Aber nun wurde ihm auch klar, warum der schmale Bach hier mit so einer Geschwindigkeit durch den Wald floss. In kurzer Entfernung öffnete sich der Boden zu einem schwarzen Erdspalt, in den sich das Gewässer mit lautem Getöse ergoss. Snigg sprang von links nach rechts, überholte die Pfirsiche und warf sich ins Wasser, dass es nur so spritzte. Volltreffer! Zwei der Früchte hatte er geschnappt. Doch leider blieb ihm keine Zeit, sie zu essen. Augenblicklich wurde er von der Strömung erfasst und mitgerissen.
Mit entsetztem Gesicht trieb er immer schneller und schneller dahin. Schaukelnd zog es ihn auf den Erdspalt zu. Es drehte ihn in alle Richtungen, dass er bald nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Sein Aufschrei wurde von einem Wasserschwall
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