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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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hineinwerfen?! Das ist ein Irrtum. Ich bin überhaupt keine Fledermaus. Ich sehe vielleicht wie eine aus, aber eigentlich bin ich …«
    »Wenn du glaubst«, unterbrach sie ihn, »dass du mir entwischen kannst, sobald ich den Deckel abnehme, dann hast du dich getäuscht. Ich pass schon auf.«
    Sie trat vor den Kessel, beugte sich nach vorne und betrachtete kritisch den dampfenden Zaubertrank. Noch einmal kurz umgerührt und schon hielt sie das Glas mit dem zitternden Primus darin über die kochende Brühe. Eine so ungeheure Hitze stieg aus dem Kessel, dass Primus der Schweiß von den Flügeln lief. Miss Plim kippte das Glas um, drehte den Schraubverschluss auf und öffnete blitzschnell den Deckel. Mit aller Kraft spreizte Primus seine Flügel, um nicht aus dem Glas in den Kessel zu rutschen. Plim aber holte mit der anderen Hand aus, um dem Glas einen gehörigen Schlag auf die Unterseite zu verpassen. Doch da verdickte sich plötzlich die Brühe und die Dampfblasen blieben darin stecken.
    Plim reagierte sehr schnell. Sofort drückte sie den Deckel wieder zu.
    »Modermief und Sabberschleim«, rief sie. »Ich kann mich doch nicht um alles gleichzeitig kümmern.«
    Sie ging zur Wand bei der Treppe, vor der ein runder Hocker stand. Dort stellte sie das Glas ab und holte erneut den kleinen Blasebalg.
    Primus klebte unterhalb des gelöcherten Deckels und rang vollkommen aufgelöst nach Luft. Jetzt durfte er keine Zeit mehr verlieren. Er musste unbedingt aus dem Glas heraus. Beim nächsten Mal würde er bestimmt nicht so glimpflich davonkommen, so viel stand fest. Allerdings hatte er nun einen kleinen Vorteil: Er wusste jetzt, wann und wie Plim den Deckel abnehmen würde. Er brauchte sich nur lange genug im Glas festzuklammern und den richtigen Augenblick abzuwarten, dann könnte er im letzten Moment aus dem Glas entwischen. Vorausgesetzt natürlich, es käme nichts dazwischen.
    Vielleicht sollte er Miss Plim ja vorher ein klein wenig reizen?! Dann wäre sie mit Sicherheit noch unaufmerksamer.
    Er sah zu ihr hinüber, wie sie schmollend in das Feuer blies. »He, Plim!«
    »Jaja«, schnappte sie zurück. »Du kommst gleich dran. Und zwar schneller, als dir lieb ist, da beißt die Maus kein’ Faden ab.«
    An ihrem Gekeife konnte er unschwer erkennen, dass sie vor Wut fast explodierte. Seine Chancen standen also gar nicht schlecht. So wie es aussah, brauchte er nur einen dummen Spruch zu sagen und Plim würde völlig die Nerven verlieren. Vielleicht würde sie sein Glas ja auch gegen die Wand donnern, so wie kurz zuvor ihren Büchsenöffner?! Primus überlegte, wie er sie wohl provozieren könnte. Doch mit dem lodernden Feuer im Visier fiel ihm rein gar nichts ein. Mühevoll schaute er sich in der Hütte um. Es musste doch ein Thema geben, mit dem er sie aus der Fassung bringen konnte. Verzweifelt lugte er über seine Schulter an die Wand, vor der sein Einmachglas stand. Hier stockte er und kniff verblüfft die Augen zusammen. Hinter ihm hing ein altes Pergament.
    Knittrig sah es aus und zerschlissen. An den Rändern war es eingerissen und die Tinte war stellenweise völlig zerlaufen. Ganz so, als hätte es vor langer Zeit einmal im Wasser gelegen. Er verdrehte den Kopf und versuchte die seltsamen Zeichnungen zu deuten, die er wegen des verzerrenden Glases nur teilweise ausmachen konnte. Anscheinend handelte es sich um einen alten Plan – einen Bauplan! Und zwar von einem dünnen gebogenen Objekt, das von mehreren Seiten dargestellt war. Primus erkannte darüber hinaus auch Schriftzeichen und Zahlen. Nur leider waren sie zu verschmiert, als dass er sie von hier aus hätte lesen können. Doch nicht weiter schlimm. Viel deutlicher zeichnete sich dafür ein Muster ab, das die Seiten des sichelförmigen Objekts zierte. Es war ohne Zweifel das gleiche Muster, das sich auch auf dem schimmernden Stein befand, den er einmal im Monat als Leselampe benutzte. Bei seinem Stein musste es sich wohl um ein Bruchstück handeln, das irgendwann einmal zu dieser Sichel gehört hatte.
    Wie auch immer – das Thema war ausgezeichnet dazu geeignet, um Plim zu ärgern. Sofort legte er los.
    »Siehst du, Plim, hättest du gestern so ein Ding an deinem Besen gehabt, dann wäre wahrscheinlich auch dein Fingernagel noch dran.«
    »Was meinst du?«, zischte Miss Plim, während sie mit energischen Stößen den Blasebalg betätigte.
    »Na, du weißt schon. Diesen Stein, der auf deinem Plan da abgebildet ist«, fuhr Primus fort. »Zufällig war gestern

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