Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee
drin keine Luft«, kam es dumpf aus der Tasche.
»Mach jetzt bloß keinen Aufstand«, rief Primus. »Dir passiert schon nichts.«
Dann hielt er fiebernd Ausschau nach Plim.
»Wo bleibt sie denn bloß?« Nervös versuchte er sich die Pflanzen vom Leib zu halten.
Doch da hörte er auch schon den knatternden Besen anrücken. Es war das erste Mal, dass er dieses Geräusch mit Erleichterung vernahm. Endlich tauchte Plim über den Bäumen auf. Sie drosselte ihren Rennbesen, beugte sich über den Fahrradlenker und verschaffte sich zunächst einen groben Überblick. Es schien ihr aber, dass so weit alles in Ordnung war. Sie nickte Primus hinter ihrer Rennfahrerbrille zu und knallte zweimal mit dem Auspuff. Wahrscheinlich sollte das so viel heißen wie – jetzt geht’s los . Anschließend ging sie zum Tiefflug über. In engen Kreisen flog sie um Primus herum. Sie warf ihm das Ende eines Seils zu, dessen anderes Ende am Besenstiel festgebunden war. Primus verknotete es schnell mit den Tragegriffen der Tasche. Als er damit fertig war, hob er den Daumen. Auf dieses Zeichen hin zog Plim ihren Besen nach oben.
Sie hatte offenbar nicht damit gerechnet, dass Snigg so schwer war. Denn als die Schnur sich spannte, gab es einen Ruck, dass Plim fast vorne übergeschossen wäre. Der Besen stieß schwarze Rauchwolken aus und Plim versuchte mit aller Kraft an Höhe zu gewinnen. Sie schaffte es auch, den Rennbesen knapp über die Baumwipfel zu ziehen, aber die Tasche bekam sie nicht so weit hinauf. Diese polterte mit Schwung gegen alle Bäume, die sich ihr in den Weg stellten. Mitleidig flog Primus hinterher und zog bei jedem Schlag den Kopf ein. Als Plim die Lichtung erreichte und zur Landung ansetzte, schleifte sie die Tasche noch durch den halben Garten hinter sich her, bevor diese gegen die Hauswand schlug und regungslos liegen blieb.
Plim hüpfte von ihrem Besen und eilte auf die verbeulte Tasche zu, aus der ein jämmerliches Stöhnen kam.
»Um Himmels willen«, rief sie. »Hast du dir da drin etwa wehgetan?«
Auf diese Frage hin veränderte sich das Stöhnen zu einem verzweifelten Gelächter.
Primus hatte ein mächtig schlechtes Gewissen, als er neben Plim vor der Hauswand landete. Er verwandelte sich und machte die angeschlagene Tasche auf. Natürlich kam auch Chuck über das Salatbeet gehüpft, um sich neugierig dazuzustellen. Plim war in der Zwischenzeit zum Brunnen gelaufen. Hektisch drehte sie an der Kurbel und zog einen Eimer Wasser herauf. Primus rollte den Kürbis aus der Tasche. Er drehte ihn um und tätschelte mit der flachen Hand seine Backe.
»He, mein Dickerchen«, sagte er fürsorglich. »Jetzt ist ja alles wieder gut.«
Doch genau in diesem Moment schüttete Plim dem Kürbis einen Schwall kaltes Brunnenwasser ins Gesicht. Prustend schlug dieser die Augen auf. Das Erste, was er daraufhin sah, war Miss Plim, die ihn mit ihrer Rennfahrerbrille anstarrte, und die aufgeregte Vogelscheuche, die neben ihr herumzappelte. Snigg machte seine Augen sofort wieder zu. Das alles musste ein Albtraum sein, dachte er – und zwar einer von der besonders schrecklichen Sorte. Ein lautes Gurgeln kam aus seinem Bauch.
»Hat er Hunger?« Plim sah zu Primus hinüber.
Dieser hob ratlos die Schultern.
Plim beugte sich zu Snigg hinunter und schaute ihm aus nächster Nähe ins Gesicht. Wie zu einem Schwerhörigen sagte sie laut und mit dem Kopf nickend: »Du hast Hunger, nicht wahr?«
Snigg öffnete die Augen. Er betrachtete die fremdartige Gesellschaft und sah mit einem Hilfe suchenden Blick zu Primus auf.
»Die tun dir nichts«, beruhigte ihn dieser. »Schau her, das hier ist Chuck.« Er zog die Vogelscheuche zu sich heran. »Chuck wohnt vorne im Salatbeet und freut sich bestimmt, wenn er dich zum Essen einladen darf.«
»Oh ja!«, rief Chuck. »Das finde ich eine ganz tolle Idee. Ihr kommt einfach mit und ich sehe einmal nach, was ich für Euch finden kann. Ich persönlich bin ja kein großer Esser, aber ich kann Euch dafür ausgezeichnet beraten. Den Feldsalat solltet Ihr unbedingt einmal probieren, der hat ein Aroma, sagenhaft! Hat mir zumindest neulich eine Raupe erzählt, hahaha.« Er lachte verlegen.
Dann blickte er Primus an und quasselte, ohne eine Pause zu machen, weiter:
»Das wollte ich Euch noch schnell sagen. Anfangs war ich ja von Eurem Zylinder so begeistert, aber der Frack, den Ihr tragt, ist geradezu unaussprechlich. Was für ein Schnitt! Eine befreundete Vogelscheuche aus meiner Gruppentherapie hatte
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