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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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beiden rannten über die Straße zum Marktplatz, wo es von Gauklern und Marktschreiern nur so wimmelte. Am geschäftigsten waren die Kobolde, die mit ihren Ständen nahezu ein Drittel des gesamten Platzes besetzt hatten. Eifrig kurbelten sie an ihren Kassen.
    Primus schlich zwischen den Bücherständen herum und blätterte in staubigen Wälzern, während Plim eifrig Zaubermittel kaufte. Sie war mit Leib und Seele bei der Sache und fuchtelte wild mit den Armen. Selbst aus der Entfernung konnte Primus hören, wie sie die Kobolde beschwatzte.
    »Wie bitte?«, fauchte sie einen runzligen Hügelkobold an. »Fünfundzwanzig Silberlinge für zwei Pestwurzeln? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dir die abkaufe? In Wetterbach haben sie mir solche Dinger schon hinterhergeworfen!«
    Der Kobold schnappte nach Luft. Er klapperte hektisch mit seinen Waagschalen und wühlte fieberhaft unter dem Tisch nach anderen Sachen, die er ihr vielleicht noch andrehen könnte.
    Unterdessen verließ Primus seinen Bücherstand und ging zu einer kleinen Zeltbude mit allerlei kuriosen Dingen. Er quetschte sich an verschnörkelten Möbeln vorbei und zog den Kopf unter Bilderrahmen ein, die von der Decke baumelten. Fast kam er sich so vor, als wäre er bei sich zu Hause im Turmzimmer. Es gab Sternkarten, Uhren und einen Haufen anderer Dinge. Die Tische waren vollgestellt mit Kerzenhaltern, geschnitzten Figuren und Petroleumlampen. Auf den Regalen an der Zeltwand bemerkte er einige aufgeklappte Holzkistchen mit Kartenspielen, Flöten oder farbigen Linsen darin. Staunend sah er sich alles an. Da entdeckte er unter einem alten Lappen eine längliche Schatulle aus schwarzem Ebenholz. Neugierig hielt er das glänzende Behältnis in den Händen. Was konnte da wohl drin sein? Er schaute sich nach dem Verkäufer um, konnte aber niemanden entdecken. Doch als er mit der Hand über den Deckel strich, hörte er plötzlich eine Stimme:
    »Mach sie ruhig auf, mein Jungchen.«
    Primus drehte sich um. Außer ihm war niemand da. Doch als er den Blick nach unten richtete, sah er einen kleinen Schaukelstuhl, in dem eine alte Koboldfrau saß. Sie hatte ein getupftes Kopftuch auf, eine karierte Wolldecke über den Schoß gelegt und häkelte an einem Spitzentuch. Durch fingerdicke Brillengläser lächelte sie ihn an.
    »Hoppla«, sagte Primus. »Ich habe Euch gar nicht gesehen, gute Frau. Schöne Sachen habt Ihr hier.«
    »Rübe«, krächzte die alte Frau.
    »Verzeiht bitte, was meint Ihr?« Primus beugte sich zu ihr hinunter.
    »Das ist eine Rübe, mein Jungchen«, antwortete sie. »Eine Rätselrübe .«
    Er hatte keine Ahnung, wovon die Alte sprach, aber er wollte die Schatulle sowieso gerade öffnen. Er klappte den Deckel auf und traute seinen Augen nicht. Auf einem Kissen lag eine alte, schrumpelige Zuckerrübe.
    Er blickte die Frau verdutzt an, die immer noch lächelnd im Schaukelstuhl wippte.
    »Frag etwas«, sagte sie, wobei sie ihn über die Brillengläser anzwinkerte.
    »Ich soll Euch etwas fragen?« Primus war verwirrt.
    »Nicht mich«, antwortete sie. »Du musst die Rübe etwas fragen.«
    Er schaute in die Kiste hinein und betrachtete die braune Zuckerrübe. »Na gut«, sagte er kopfschüttelnd, »wenn Ihr meint.« Dann beugte er sich über die Rübe und setzte zu einer Frage an.
    »Da bist du ja«, ertönte es von hinten. »Ich habe dich schon überall gesucht.«
    Er wandte sich um und sah Plim vor der Zeltbude stehen. Mit beiden Händen hielt sie ihr Köfferchen, das inzwischen über und über voll Wurzeln war.
    »Jetzt habe ich alles, was ich wollte«, trällerte sie und stellte sich zu Primus ins Zelt. »Dafür musste ich mich auch eine Ewigkeit mit dem alten Giftzwerg herumärgern. Ich habe seine Pestwurzeln aber immerhin von fünfundzwanzig auf fünfzehn Silberlinge herunterhandeln können, was trotzdem noch ein Wucher ist. Fast für die Hälfte habe ich sie bekommen, das musst du dir einmal vorstellen. Zum Schluss hat er mir sogar noch ein Büschel Hexenkraut für jede Pestwurzel dazugegeben.«
    »Der hätte dir bestimmt noch mehr gegeben, um dich wieder loszuwerden«, sagte Primus.
    Plim verschnaufte kurz und blickte dann die Rübe an, die gepolstert in der Schatulle lag.
    »Die verpacken die Wurzeln hier aber schön«, rief sie. »Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich gleich hierhergekommen. Was ist das für ein Gewächs? Geisterwurz oder Seifenkraut?«
    »Das ist eine Rübe, mein Kind«, sagte die alte Frau, die auch von Plim bis dahin

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