Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
richtig gemütlich zu machen. Zum wiederholten Male las er nun den Brief. Diesen konnte er mittlerweile schon beinahe auswendig. Doch so sehr er sich auch anstrengte, er wurde einfach nicht aus ihm schlau. Dabei war es nicht die alte Handschrift, die ihm Schwierigkeiten machte. Die konnte er trotz ihrer vielen Schnörkel bestens entziffern. Es war vielmehr der Inhalt, der ihm Kopfzerbrechen bereitete.
Von welchen seltsamen Dingen war da eingangs die Rede? – fragte er sich. Und was meinte diese Tannia mit etwas geschieht im Geheimen ? Die ganze Geschichte erschien ihm immer mehr wie ein mächtiges Puzzle – eines, dessen Teile man einfach nicht richtig zusammensetzen konnte. Oder fehlten ihm gar noch ein paar wichtige Stücke? Primus wusste es nicht.
Mit vorgestrecktem Kopf thronte Bucklewhee hinter ihm auf der Lehne des Sessels und blickte neugierig auf das Schriftstück herab. Das unrechtmäßige Öffnen fremder Postsendungen hatte ihm anfangs natürlich ganz und gar nicht gefallen, weshalb sich Primus erst einmal einige Vorträge zum Thema Postgeheimnis hatte anhören dürfen. Die dazugehörigen Paragrafen kannte Bucklewhee nur allzu gut, überhaupt keine Frage. Doch trotz seiner hochamtlichen Position war das kleine Hühnergerippe letztendlich doch viel zu neugierig, als dass es sich auch nur eine Silbe des Briefes hätte entgehen lassen.
So streckte er nun seinen Kopf vor und lugte Primus aufmerksam über die Schulter. Wenn er einmal etwas nicht richtig erkennen konnte, dann musste Primus den Brief eben weiter nach oben halten oder ihm die betreffende Textstelle laut vorlesen. Bucklewhee war da sehr genau.
Als die Suppe endlich fertig war, kam Plim zu den beiden herüber. Sie setzte sich auf die Bettkante und fing an zu schlürfen.
»Hui, die ist aber heiß«, pustete sie. »Willst du wirklich nichts davon haben?«
Gedankenversunken schüttelte Primus den Kopf. »Nein«, murmelte er, »vielen Dank.«
»Selber schuld«, flüsterte sie beleidigt, »dann kriegst du halt nichts … musst verhungern … tust mir gar nicht leid.« Sie hielt den Löffel an die Lippen und nippte. »Autsch«, quiekte sie, »teuflisch heiß!«
Primus aber hatte ihr gar nicht weiter zugehört. Nachdenklich lehnte er sich zurück und tippelte mit dem Finger auf die Armlehne.
»Immerhin wissen wir nun, wer der Mann im Ballon gewesen ist«, sagte er.
»Magnus Ulme«, schmatzte Plim.
»Ganz genau. Und diese rothaarige Frau, du weißt schon, die, die wir in unserem Traum auf dem Hügel gesehen haben, sie hieß demzufolge Tannia.« Er ließ die Mundwinkel hängen und schaute Plim ratlos an. »Von einer Tannia habe ich noch nie im Leben gehört. Nicht einmal der Spiegel hat sie irgendwann einmal erwähnt. Wer sie wohl gewesen sein mag?«
»Weiß nicht«, antwortete Plim, »vielleicht eine Verwandte oder so. Auf jeden Fall muss Ulme sie sehr gut gekannt haben, denkst du nicht? Ich meine …« Sie schob den Löffel in den Mund und begann lautstark zu schlürfen. » SSRT … also … SSSRRT … schließlich … SSSSRRRT … hat er ihr ja eines seiner … SSSSSRRRRT … wichtigsten Bücher anvertraut. Eine flüchtige Bekannte aus der Nachbarschaft … SSSSSSSSSRRRRT … kann sie jedenfalls nicht gewesen sein.«
Pikiert schaute Bucklewhee von der Lehne herab. Wo hatte diese Person nur essen gelernt? – fragte er sich. Derartige Tischmanieren waren nun ganz und gar nicht nach seiner Fasson. Er rümpfte den Schnabel und beutelte seine Hühnerknochen.
»Vielleicht hat Ulme sie ja von der Akademie her gekannt«, schlug Primus vor, »eine Professorin möglicherweise.« Er winkte ab. »Ist aber auch völlig egal, auf jeden Fall hat diese Tannia von Ulmes Forschungen gewusst, so viel ist sicher.«
Er schenkte Plim einen verschwörerischen Blick. »Und sie hat auch über Magnus Ulmes Vorhaben Bescheid gewusst! Denn nach diesem Brief hier zu urteilen hat sich mein alter Meister nicht nur mit der Mondsichel beschäftigt, nein, nein, nein. Dieses teuflische Gerät, mit dem man die Nebelfee einst angelockt hatte, scheint nur ein Teil seiner Forschungen gewesen zu sein. Im Übrigen muss sich Ulme dafür interessiert haben, was aus der Nebelfee geworden ist und …«, er zuckte mit der Augenbraue, »… wo sie sich heute befindet.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Diese Kleinigkeit hat er nämlich herausgefunden, so wie es aussieht.«
Plim riss die Augen auf. »Hhhhh«, schnaufte sie, »deswegen ist Ulme mit
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