Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
nur ab.«
Er hatte nicht die geringste Ahnung, wovon die Frau sprach. Aber dennoch versuchte er höflich zu bleiben. »Fürwahr«, nickte er. »Das beste Wetter für einen Ausflug.« Lächelnd hob er die Augenbrauen und wartete darauf, dass die Frau etwas sagte.
Diese aber nickte nur stumm und schaute ihn weiterhin schweigend an.
Plim wurde der ganze Zinnober zu bunt. Sie klatschte zweimal in die Hände und drängelte sich dreist dazwischen. »Also, um es kurz zu machen«, fing sie an, »könnten wir uns vielleicht einmal die Sachen ansehen, die Ihr oben auf Eurem Wagen liegen habt? Dieser Kessel da würde mich doch sehr interessieren.« Sie trat von einem Bein aufs andere und zeigte aufs Dach. »Ihr wisst schon, der hinten links neben dem Waschtisch. Wenn Ihr nichts dagegen habt, dann gehe ich einfach mal schnell hinauf und sehe mich um. Ich fasse auch bestimmt nichts an, das könnt Ihr mir glauben, großes Ehrenwort!« Sie kreuzte heimlich die Finger hinter dem Rücken.
Doch die alte Frau schien Plims Frage gar nicht gehört zu haben.
»Der Rauch«, fuhr sie fort.
»Was ist los?«, Plim streckte den Kopf vor.
»Hier ist lange kein Rauch mehr zu sehen gewesen, mein liebes Mädchen. Sehr, sehr lange nicht mehr.« Sie deutete zur Hütte hinüber.
Plim drehte sich um. Hoppla, das hatte sie ja gar nicht bedacht! Noch immer quoll eine dünne Rauchfahne aus dem Kamin und zeigte wie eine Nadel auf die windstille Lichtung.
Verärgert steckte Primus die Hände in seine Taschen. »Na prima«, sagte er, »jetzt weiß wahrscheinlich der ganze Sumpf, dass wir hier sind. Du und deine leckere Suppe.« Er schaute sie vorwurfsvoll an.
Dann aber horchte er auf. »Moment mal«, sagte er und machte ein erstauntes Gesicht, »was meint Ihr mit sehr lange her ? Wann war das? Wann habt Ihr hier zuletzt Rauch gesehen?«
Die alte Frau lächelte. »Guten Tee hat Tannia gekocht. Kräutertee aus dem Garten. Dachte schon, den gibt es heute wieder. Schade, schade, schade.«
»Ihr habt Tannia gekannt?«, riefen Primus und Plim wie aus einem Mund. Sprachlos betrachteten sie das kleine Koboldmütterchen, dessen hohes Alter nicht annähernd zu schätzen war.
»Ein guter Tee ist’s immer gewesen«, murmelte sie, »ein guter Tee.« Sie rückte die Brille zurecht und wandte den Kopf. »Sagt Kinderchen, möchtet ihr vielleicht auch einen haben?«
Was für eine Frage!
»Gerne«, antwortete Primus, »wenn Ihr erlaubt.«
Und auch Plim begann eifrig zu nicken.
Die alte Frau streifte die Decke vom Schoß und drehte sich um. Wortlos verschwand sie durch eine kleine Luke ins Innere des Wagens.
Unschlüssig standen die drei vor dem Gefährt. Noch während sie überlegten, wer sich als Erster durch die winzige Luke hinter dem Kutschbock quetschen sollte, klappte die Trittleiter an der Seite des Wagens herunter. Das Schloss klickte, der Türgriff senkte sich und wie von Geisterhand ging die Eingangstür auf. Von der Frau aber war nichts zu sehen. Dennoch fassten sie sich ein Herz und traten ein.
Daraufhin ging die Tür wieder zu.
Im Wagen war es eng, aber gemütlich. In hellen Bahnen schien die Sonne durchs Fenster und tauchte den Raum in ein warmes gelbliches Licht. Getrocknete Blumen hingen von der Decke, Tapeten klebten an den Wänden und auf dem Boden lagen dicke Teppiche mit farbigen Mustern. Plim fühlte sich fast wie zu Hause. Es gab einen Tisch, mehrere Regale sowie eine verschnörkelte Kommode, auf der sich ein kleines Bettchen befand. Geduckt schauten Primus und Plim sich um. Ein Feuer flackerte im Herd neben dem Tisch, vor dem die alte Frau mit einer Teekanne stand. Das runzlige Koboldmütterchen war so klein, dass sie der hochgewachsenen Plim bestenfalls bis zur Hüfte ging. Mit zittrigen Händen schenkte sie den Tee ein und reichte die Tassen. Dann holte sie ein Tellerchen aus der Kommode und beugte sich zu Bucklewhee hinunter.
»Hier«, sagte sie, »sollst auch etwas haben.«
Es waren Sonnenblumenkerne! Bucklewhee war außer sich vor Freude.
Anschließend nahm die alte Frau in einem Schaukelstuhl Platz. Sie zog eine Decke über den Schoß, griff nach ihrem Tee und deutete auf ein kleines Bänkchen, das vor ihr unter dem Tisch stand. Primus und Plim zogen es heraus. Dann setzten sie sich wie Schulkinder darauf und warteten ab, was wohl als Nächstes passierte.
Der Tee in den Tassen dampfte.
»Heiß«, warnte das Mütterchen.
Plim nahm einen kleinen Schluck. »Autsch!«, quiekte sie. »Ja, sehr heiß.«
Die Frau lächelte.
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