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Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Titel: Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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Dann richteten sich ihre Augen prüfend auf Primus. »Hast du immer gut auf sie aufgepasst?«, fragte sie ihn.
    Er blickte von seiner Tasse auf. »Pardon. Aufgepasst? Worauf denn?«
    »Auf die Rübe«, kam es als Antwort. »Hast’s mir versprochen. Wolltest immer gut auf sie aufpassen.«
    Ach so, fiel es ihnen ein, natürlich! Die Alte sprach von der Rätselrübe.
    »Mein Freund hat bestens auf sie aufgepasst«, plapperte Plim. »Ist immer höflich und freundlich und spielt ihr neuerdings sogar auf der Flöte vor.« Sie grinste ihn an und zuckte frech mit der Augenbraue.
    »Ist eine alte Rübe, mein Kind«, beschwichtigte die Koboldfrau. »Älter als wir alle zusammen. Sie weiß mehr, als ihr denkt.«
    Primus setzte die Tasse ab. »Die Rübe hat von einem Buch gesprochen«, sagte er, »von einem kleinen Buch aus Messing. Das ist auch der Grund, weswegen wir hier sind.« Er deutete zum Fenster hinaus. »Sie hat gesagt, das Buch würde sich dort in der Hütte befinden. Sagt mir, wisst Ihr möglicherweise etwas darüber?«
    Mit einem sonderbaren Blick lugte die Alte über die Brillengläser. »Es bringt Unglück, wenn man zu tief in den Spiegel blickt, großes Unglück! Dinge kommen ans Licht, sie wären besser im Dunkeln geblieben. Aber das Licht bringt sie eines Tages auch wieder zurück. Jaja, so wird es sein.«
    Primus und Plim zogen lange Gesichter. Von welchem Spiegel redete die Frau? Und von welchem Licht? Diese Dinge hatten doch nichts mit seiner Frage zu tun.
    Also versuchte Primus es noch einmal, aber diesmal auf Umwegen: »Sagt mir«, fing er an, »was könnt Ihr uns über Tannia berichten? Wer war sie und wo ist sie geblieben? Ist sie weit fortgegangen?«
    »Schon lange her«, sagte die Frau. »Alles lange vergessen. Zweihundert Jahre müssen das sein, o ja. Die Menschen werden nicht so alt, müsst ihr wissen, die meisten jedenfalls nicht.« Sie warf Primus einen sonderbaren Blick zu. Dann fuhr sie mit trauriger Miene fort. »Hat immer darauf gewartet, dass er zurückkommt, jeden Tag. Stand auf dem Hügel und sprach mit dem Wind. Doch er kam nie zurück. Nie kam er jemals zurück.«
    Primus und Plim starrten sie an. Langsam dämmerte es ihnen, wem die geheimnisvolle Stimme gehörte, die sie im Traum auf dem Hügel vernommen hatten.
    »Es war der Wind«, hauchte Plim. »Tannia hat mit dem Wind gesprochen.«
    Die Alte nickte. »Mit dem Südwind, mein Kind, der ist’s gewesen. Schon immer ist er’s gewesen, seit Anbeginn aller Zeit. Er bringt die Kunde, die grauen Legenden und die Nachricht von fernem Geschehen.«
    Primus dachte an den Hügel, wie er ihn im Traum vor sich gesehen hatte. »Dann war es gar nicht das Bäumchen, das zu Tannia gesprochen hat«, überlegte er. »Es sah nur so aus, weil Tannia direkt daneben stand.«
    Die Koboldfrau weitete ihre Augen. »Ist kein Bäumchen, o nein«, widersprach sie. »Ist eine Harfe. Eine Harfe ist’s, lass dich nicht täuschen.«
    »Eine Harfe?!« Die beiden trauten ihren Ohren nicht.
    »… mit Saiten aus Silber«, sagte das Mütterchen, »so dünn wie ein Haar.«
    Jetzt war ihnen auf einmal alles klar.
    »Deswegen haben die Worte auch anfangs so seltsam geklungen«, rief Primus in Freude. »Ein Luftzug hat die Saiten zum Klingen gebracht.« Er wandte sich an die Frau. »Wo steht diese Harfe?«, wollte er wissen. »Vielleicht können wir ja auf diese Weise etwas über das Buch in Erfahrung bringen. Sagt uns doch, gibt es diese Harfe noch? Befindet sie sich irgendwo in der Nähe der Schwarzen Hütte?« Er zeigte durchs Fenster auf das Gebäude.
    Regungslos blickte die Alte ihn an. Die Unterhaltung mit ihr war wirklich nicht einfach.
    Primus beugte sich vor und stellte die Frage erneut. Diesmal jedoch ein klein wenig lauter: »Wo … können … wir … diese Harfe … finden?«, rief er deutlich. »Könnt Ihr uns das sagen? Wo … steht … sie?«
    Die alte Frau kniff die Augen zusammen. »Das Licht«, krächzte sie. »Das Licht war der Schlüssel! Er hat’s herausgefunden.«
    Verzweifelt zuckte Primus mit den Schultern.
    »Von welchem Licht redet Ihr immerzu? Wer hat was herausgefunden? Gibt es dort in der Schwarzen Hütte etwas, von dem wir nichts wissen?«
    »Ist nicht die Schwarze Hütte«, antwortete sie. »Du irrst dich, mein Jungchen.«
    Nun verschlug es Primus völlig die Sprache. Er blickte zu Plim, sah zum Fenster hinaus und richtete seine Augen dann gleich wieder auf die Frau.
    »Moment mal«, sagte er, »was soll das nun wieder bedeuten?

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