Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
Glockenspiel natürlich. Der hat uns einfach hier stehengelassen.« Wütend stampfte er auf den Boden.
»Ja, warum hast du denn nicht besser auf ihn aufgepasst?«, fragte Plim vorwurfsvoll. »Muss ich mich denn hier um alles kümmern?«
Primus schnellte vor. »Was, ich? Aufgepasst?«
»Na klar, wer denn sonst? Schließlich ist es doch dein Freund.«
»Ah«, stöhnte er, »das wird ja immer besser. Jetzt ist er also schon mein Freund .«
Hitzig ging die Debatte los.
Doch noch während die zwei diskutierten und aufeinander einredeten, ertönte plötzlich die Stimme des Narren aus dem Hintergrund: »Gar kräftig Speis’ und Trank sind bereitet«, hallte es von den Wänden wider. »So tretet doch ein, werte Gäste.«
Die beiden rissen ihre Köpfe herum.
Der Narr stand gebückt vor einer der Türen und wies in das angrenzende Zimmer. »So kommt doch endlich«, sagte er, »es ist serviert. Schnell, bevor es kalt wird.« Lachend sprang er in die Luft und verschwand in der Tiefe des Raums.
Primus und Plim gingen ihm misstrauisch hinterher.
Das Zimmer schien ebenso weitläufig zu sein wie auch der Korridor, in dem sie sich eben noch aufgehalten hatten. Es gab weder Türen noch Fenster – und wenn, dann waren diese allesamt mit Vorhängen verdeckt. Wallend fiel der Stoff von den Wänden und breitete sich über dem Fußboden aus. Der rote Samt schimmerte matt. Mittig in diesem Saal befand sich ein mächtiger Tisch, der gut und gerne acht Schrittlängen maß. Dieser war gedeckt mit allem, was das Herz nur begehrt. Es gab Früchte, Gewürze und Feigen. Auf großen Platten waren Fleisch, gebratener Fisch und jegliche Sorten von Käse und Wurst angerichtet. Das Wachs tropfte von den Kerzen und lief in Bächen die silbernen Leuchter hinunter. Ganz hinten, neben dem Kopfende der Tafel, hockte der Narr.
Er lümmelte gelassen in einem Lehnstuhl, der neben einem großen, mit Hörnern verzierten Thronsessel stand. Die Beine über die Armlehne geworfen, saß er da und blickte ihnen wartend entgegen.
»Setzt Euch doch«, lud er sie ein. »Wir haben ausreichend Platz.« Er zeigte galant auf die restlichen neunzehn Stühle, die an den Längsseiten der Tafel standen.
Mit gerümpfter Nase betrachtete Plim die Speisen. »Ich esse hier gar nichts«, flüsterte sie Primus ins Ohr. »Bin doch nicht verrückt. Was ist, wenn das Zeug vergiftet ist?«
»Dann tu wenigstens so, als würdest du essen«, gab dieser zurück. »Du musst ja nichts schlucken.«
»Na, das ist ja eine tolle Idee«, zischte sie, »ich habe aber Hunger.« Schmachtend schnupperte sie das duftende Fleisch, den Fisch und den Käse. »Hm, vielleicht kann ich ja wenigstens mal ein bisschen probieren«, tuschelte sie. »Oder noch besser: Du probierst. Genau, das ist gut! Du probierst und sagst mir dann, ob es giftig ist oder nicht. So machen wir das.«
Elegant hob sie die Hand und setzte sich auf einen der Stühle. Natürlich auf den , der am weitesten von dem Narren entfernt war.
»Nein, nein, nein«, protestierte dieser sogleich, »nur nicht so scheu. Ihr werdet mir doch Eure bezaubernde Anwesenheit nicht versagen. Kommt, setzt Euch zu mir und leistet mir Gesellschaft.«
Missmutig stand Plim wieder auf. Sie schob scharrend den Stuhl zurück und näherte sich mit beleidigter Miene dem anderen Ende der Tafel. Dort setzte sie sich, zusammen mit Primus und Bucklewhee, dem Narren gegenüber.
Primus betrachtete den leeren Thron, der neben dem Stuhl des Narren stand. Die geschnitzten Hörner waren lang und verdreht. Ihm war vollkommen klar, wem dieser Platz wohl gehörte.
»Ist dein Herr verhindert?«, fragte er mit eifrig gespielter Besorgnis.
»O ja«, antwortete der Narr und warf sich eine Traube in den Mund. »Ihn haben dringende Geschäfte gerufen, denen er unbedingt nachkommen musste.«
Primus gab sich interessiert. »Wie aufregend«, sagte er. »Haben ihn seine Geschäfte denn weit weggeführt?« Er dachte hierbei natürlich an die Westlichen Sümpfe und an Tannias Hütte.
»Nein«, feixte der Narr, »nur keine Sorge. Mein Herr ist ganz in Eurer Nähe und wird auch schon bald wieder hier sein. Aber nun esst doch erst einmal in Ruhe«, sagte er, »lasst es Euch munden.« Mit seinen langen, dürren Fingern griff er sich eine Steinnuss und steckte sie zwischen die Zähne. Dann biss er mit aller Kraft zu, dass ihm fast die Augen herausfielen. Die Schale knackte und das Mahl konnte beginnen.
Obgleich sich Plim tunlichst von den Speisen fernhalten wollte und
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