Das Unmoralische Angebot des Prinzen
war ebenso falsch wie das, was sie ihm gerade über ihn selbst vorgetragen hatte. Natürlich – es gab auch korrekte Artikel in den Medien, aber die waren nicht halb so interessant wie jene, die einen Menschen in den Dreck zogen. Alle Leute, auch die eigenen Freunde, waren Voyeure, die sich der Macht von übler Nachrede nicht entziehen konnten.
Gabrielle legte ein letztes Blatt obenauf und las: „All diese Berichte über Prinz Durante sind nach wie vor auf Spekulationen und Annahmen gegründet, denn er bringt es fertig, nach außen hin den Eindruck eines integren, moralisch einwandfreien Mannes zu erzeugen. Insofern könnte man ihn als den Macchiavelli des einundzwanzigsten Jahrhunderts bezeichnen. Dessen Werk ‚Il Principe‘ – ‚Der Prinz‘ – ist seit Jahrhunderten die Anleitung zur Macht schlechthin, und Prinz Durante ist die ultimative Verkörperung dessen, was der Philosoph beschrieben hat.“
Durante hob eine Hand als Zeichen, dass er besiegt war. „ Ad esso basta , Gabrielle. Es ist genug. Du kannst aufhören. Ich habe begriffen.“
Ohne ihm einen Blick zu gönnen, packte sie die Dokumente ein, nahm ihre Aktentasche und wollte gehen, doch Durante hielt sie am Arm fest.
„Wir müssen miteinander reden“, sagte er, aber Gabrielle sah durch ihn hindurch. „ Ich möchte mit dir reden“, korrigierte er sich hastig.
„Das ist mir gleichgültig“, erwiderte sie. „Ich bin nicht hergekommen, um mit dir zu reden, sondern um dir etwas mitzuteilen. Du bist ein paranoider Mistkerl, der so in seinen Vorurteilen gefangen ist, dass er nicht einmal bemerkt, wie seine Worte und Handlungen andere Menschen verletzen. Wenn du nur eine Spur Menschlichkeit besitzt, dann tust du, was ich dir jetzt rate. Mach eine Liste aller Personen, die dein Leben begleiten. Sei ehrlich, was ihren psychischen, physischen und finanziellen Zustand betrifft, und dann schreib dazu, welchen Einfluss dein rücksichtsloses Verhalten auf diesen Zustand hatte.“
Er ignorierte ihre Anschuldigung, obwohl er wusste, dass sie zum Teil sogar recht hatte. Doch ihm ging es in diesem Moment einzig und allein um das Unrecht, das er ihr angetan hatte.
Fußgänger und sogar ein paar Autofahrer wurden langsamer, um die Szene zu beobachten, die sich zwischen dem bekanntesten Königsspross der Stadt und jener aufsehenerregenden Frau abspielte, die ihm offenbar gerade den Laufpass gab. Einige Leute blieben stehen und starrten mit offenem Mund herüber, andere machten Fotos mit ihren Handys.
Durante war das egal, aber langsam begriff er, wie die Medien mit der Verbreitung von Klatsch und Tratsch dazu beigetragen hatten, Gabrielles Ruf zu zerstören. „Komm mit mir, Gabrielle“, bat er, weil er sie vor den Gaffern schützen wollte. „Bitte.“
„Nein.“ Sie entzog ihm den Arm. „Wenn ich durch meine … reichhaltige Erfahrung eins gelernt habe, dann, wie ich meinen Selbstschutz aktiviere. Ich dachte immer, grün und blau geschlagen zu werden sei das Schlimmste, was mir je zugestoßen ist, aber nachdem ich weiß, wozu du imstande bist, werde ich nicht so verrückt sein, mich jemals wieder freiwillig in deine Nähe zu begeben. Adieu, Prinz Durante.“
Er versperrte ihr den Weg. „ Ti imploro , ich flehe dich an, Gabrielle, du musst mich anhören.“
Verächtlich verzog sie den Mund. „So wie du mich angehört hast? Oh, ich vergaß, du hast mir ja gar nicht die Gelegenheit gegeben, irgendetwas zu sagen. Du hast meinen Namen erfahren, dich an den Dreck erinnert, den dir irgendeine gelangweilte Assistentin aus dem Internet gezogen hat, und dann bedeutete unsere Nacht, die du als magisch und einzigartig beschrieben hattest, plötzlich nichts mehr. Du wolltest doch bloß einen One-Night-Stand mit mir, sonst nichts. Und obwohl du nicht zimperlich bist, was deine Partnerinnen angeht, ist für dich doch ab einem bestimmten Level Schluss. Der war offenbar bei mir erreicht.“
Die Bitterkeit, die aus ihren Worten sprach, tat weh. Durante ging unwillkürlich auf sie zu, doch Gabrielle wich zurück. Es kam ihm vor wie die verunglückte Parodie eines Walzers. Er blieb stehen und ballte die Hände zu Fäusten, damit er sich nicht vergaß und Gabrielle einfach packte, um sie dorthin zu schleppen, wo sie ihm zuhören musste. „Glaubst du wirklich, dass ich so mir nichts, dir nichts meine Pflichten als Gastgeber einer Veranstaltung vernachlässige, um eine Nacht mit jemandem zu verbringen, der mir nichts bedeutet? Für mich war das alles magisch und
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