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Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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dich ab, es ist einfach so. Was war, als ich dir erzählt hab, der Nowak ist wieder da? Na, was war da? Keine vier Stunden später bist du schon im Bett gelegen.«
    »Mit Fieber!«
    »Mit erhöhter Temperatur, aber das hatten wir schon. Und das liegt auch nicht am Kopf … ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass wir uns darüber klarwerden, was wir machen. Ich frag dich jetzt ganz im Ernst: Sollen wir die Geschichte weitermachen oder nicht?«
    »Natürlich, wir haben das doch …«
    »Nein, weich nicht aus! Du stehst nicht hundertprozentig hinter dieser Sache, du hast Angst … nein, lass mich ausreden! Ich versteh das, ich mach dir keine Vorwürfe … mir ist selber mulmig dabei. Aber es geht um einen Haufen Geld …«
    »Ja …«
    »Also, was ist?«
    »Warum brauchst du mich zum Anrufen?«
    »Jetzt stell dich nicht blöd! Du wohnst in diesem Haus, es betrifft dich also auch … Herrgott noch mal, ich kann nichts machen, wenn du krank im Bett liegst! Ich brauch dich doch, verdammt!«
    »Etwas leiser bitte! Dass du dich immer gleich so aufregst … und wozu, bitte, brauchst du mich? Das ist überhaupt komisch bei dem Plan. Erpresser arbeiten meistens solo. Im Krimi wenigstens …«
    »Im Krimi! Wir sind aber nicht in einem Roman! Das ist das wirkliche Leben hier. Und im wirklichen Leben haben wir bis jetzt alles zusammen gemacht! – Nimm es einfach zur Kenntnis. Ich brauche dich. Und wenn du mir nur den Rücken freihältst …«
    »Mit der MP?«
    »Na ja, zum Beispiel. Ich kann das nicht allein. Ich brauch Deckung. Dieses Geld – das ist doch kriminell, so viel ist klar …«
    »Das ist doch das Gute dabei, moralisch, mein ich. Solchen Leuten Geld wegzunehmen ist dann kein Diebstahl mehr. Nach meinem Rechtsempfinden. – Schenkst du mir bitte noch Tee ein?«
    »Ja, natürlich … die Moral ist mein geringstes Problem bei der Sache … das Geld gehört Kriminellen. Das sind aggressive Typen. Ich möchte wissen, warum die beiden abgehauen sind.«
    »Auf unseren Brief hinauf?«
    »Ja, wieso sonst? Das war ja kein Werbezettel …«
    »Verstärkung holen …«
    »Und dazu fahren sie weg? Gleich alle beide? Nein, wenn die Verstärkung brauchen, rufen sie einfach an … wenn es für die beiden so etwas wie Verstärkung überhaupt gibt.«
    »Als sie weggefahren sind, hab ich gedacht, jetzt haben sie die Panik gekriegt …«
    »Ich weiß, was du gedacht hast! Dass die Sache ausgeht wie das Hornberger Schießen, gib’s doch zu! Die beiden Ziele weg, keine Erpressung, keine Umstände, Friede, Freude, Eierkuchen … ich hab das ja selber geglaubt. Ich hab gedacht, ich hab’s vermasselt. Den Brief zu scharf formuliert, was weiß ich. Ich hab ja noch nie jemanden erpresst …«
    »Aber jetzt sind sie wieder da. Was hast du jetzt vor?«
    »Das ist nicht die Frage: Was hast du vor. Die Frage lautet: Was haben wir vor. Verstehst du? Mehrzahl. Ich hab dich vorhin was gefragt und warte auf eine Antwort. Machst du mit?«
    »Also schön, ja. Aber du musst mich auskurieren lassen. Mit Schüttelfrost nutz ich gar nichts …«
    »Schön, dann sind wir uns einig. Der nächste Schritt erst, wenn du wieder auf dem Damm bist. – Nimm wenigstens ein Mexalen!«

    *

    Katzen haben in einem Labor natürlich nichts verloren. Auch sonst keine Tiere, aber Katzen ganz besonders nicht. Wegen ihrer Neigung, auf Tische zu springen und etwas umzustoßen – jedenfalls existiert diese Gedankenverbindung in den Köpfen aller Chemiker, die keine Katzen kennen. Katzen kennendeMenschen dagegen wissen, dass diese Tiere nicht dazu neigen, irgendetwas umzustoßen , sondern sich mit hoher Eleganz und unvergleichlicher Geschmeidigkeit auf hohen Anrichten und schmalen Möbelsimsen voranbewegen; zwischen Blumenvasen hindurch, denen grassierende Designidiotie das denkbar ungünstigste Verhältnis von Standfläche zu Höhe oktroyiert hat – ohne diese Behälter umzustoßen. Oder auch nur zu berühren. Die Neigung der Katzen beschränkt sich aufs Herunterreißen , wenn sie sich an herabhängende Tischtücher krallen, was natürlich alles in Bewegung setzt, das auf dem Tuch steht. Aber hat jemand auf einem Labortisch je ein Tischtuch gesehen? Die Oberfläche dieser Tische ist rauher als die polierten Flächen der meisten Möbel, um eben Wegrutschen von Gegenständen auszuschalten; eine Katze geht darauf so sicher wie wir auf trockenem Asphalt. Und die Gefäße? Bechergläser haben eine große Grundfläche, die unten dicken,

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