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Das Unsterblichkeitsprinzip

Titel: Das Unsterblichkeitsprinzip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Lang
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heißen Hugin und Munin, nach den beiden Raben Odins.«
      Hugin und Munin, entsann sich Data. »Gedanke« und »Gedächtnis«. Sehr poetisch. Es erstaunte ihn, dass er auf diese Informationen zugreifen konnte, führte es auf eine Verbindung mit Rheas Systemen zurück. Sie ist ein Androide, erinnerte er sich.
      Silbrig schimmernde Wolkenstreifen umgaben den Planeten und das erschien Data falsch. Handelte es sich dabei um ein gemeinsames Merkmal von Gasriesen? Er fand keine Antwort auf diese Frage und ein anderer Gedanke lenkte ihn ab: Warum sind wir hier?
      Data sah, wie Rhea das Kommunikationssystem der Rettungskapsel mit einem Verschlüsselungsmodul verband.
      Wenige Momente später trafen Kom-Signale ein und Rhea sprach ein einzelnes Wort: »Walhall.«
      Das Gefüge des Alls kräuselte sich. Wellenförmige Verzerrungen entstanden, breiteten sich in konzentrischen Kreisen aus. Dafür gab es nur eine Erklärung: Ein riesiges Gebilde enttarnte sich. Data wartete darauf, dass ein Raumschiff sichtbar wurde, rechnete jeden Augenblick damit, dass sich Ränder zeigten, aber die Verzerrungen dauerten an und füllten schließlich sein ganzes Blickfeld.
      Selbst mit Odin im Hintergrund fiel es Data schwer, die Größe des Objekts abzuschätzen. Das Schiff oder die Station – was auch immer – schien etwa so groß zu sein wie eine orbitale Starfleet-Starbase, sah aber ganz anders aus. Die meisten Starfleet-Raumstationen zeichneten sich durch eine stromlinienförmige, geometrische Effizienz aus. Dieses Gebilde hingegen, dieses Walhall, konnte sowohl gotische Kathedralen als auch Schneeflocken zu seinen Ahnen zählen.
      Überall zeigten sich üppige Verzierungen, die mit ihrer fraktalen Komplexität überwältigend wirkten.
      Die Kapsel glitt dem zentralen Bereich der Station entgegen, ohne dass Rhea irgendwelche Kontrollen betätigte. Als sie durch die Lücke zwischen zwei stufenturmartigen sekundären Rümpfen flogen, drehte Data die Augen nach oben und versuchte, einen Eindruck von der gewaltigen Masse der Station zu gewinnen. Gott schien hier bestrebt gewesen zu sein, seinem eigenen Selbst Form zu geben. Data begriff, dass ihm solche Metaphern vor der Installation des Gefühlschips nicht möglich gewesen waren.
      Er bemerkte einen winzigen Lichtkreis an der Unterseite der Station, und als die Kapsel näher kam, wurde daraus ein Außenschott, das sich für sie öffnete. Ein Traktorstrahl zog das kleine Raumschiff so sanft ins Innere der Schleusenkammer, dass es nicht einmal zu einer Vibration kam. Die Rettungskapsel hatte gerade angedockt, als Rhea Datas Gurte löste. Sie waren noch immer durch ein dünnes Glasfaserkabel miteinander verbunden, deshalb konnte sich Rhea nicht weit von ihm entfernen. Sie wuchtete sich Data über die Schulter und trat mit ihm rücklings durch die Ausstiegsluke.
      Sie trug ihn durch eine Tür und in einen breiten Korridor, blieb dort kurz stehen und rückte ihn auf ihrer Schulter zurecht. Sein Blickfeld war begrenzt, weil er den Kopf nicht bewegen konnte, aber wenn Rhea verharrte, um sein Gewicht zu verlagern, nahm er Einzelheiten der Umgebung wahr. Der Boden bestand aus rosarotem Marmor, durchzogen von silbernen und goldenen Adern. Kronleuchter aus Kristall hingen an der Decke und an den Wänden zeigten sich Gemälde, Kohlezeichnungen und mit Bleistift gezeichnete Entwürfe. Data wäre bereit gewesen, sie stunden-oder gar tagelang zu betrachten und zu analysieren, wenn sich ihm Gelegenheit dazu geboten hätte. Er gelangte zu dem Schluss, dass sein Katalogisierungssystem beschädigt war, denn er sah Werke bekannter Meister – Zeichnungen von Rembrandt, Aquarelle von van Gogh, Skulpturen von T’Chan und von Senese geflochtene Körbe –, die in seinen Datenbanken fehlten.
      Mehrere hundert Schritte lang hörte Data nur das Klacken von Rheas Absätzen auf dem marmornen Boden und das leise Zischen ihres Atems. Dann plötzlich vernahm er ein anderes Geräusch – hinter ihnen öffnete sich eine Tür. Rhea drehte sich um und ließ Data von der Schulter in ihre Arme gleiten. Sein Kopf kippte zur Seite und er sah Emil Waslowick. Die Präsenz des Professors überraschte ihn kaum, wohl aber die beiden Exocomps, die dicht über seinen Schultern schwebten. Wie Odins Raben, dachte Data und gratulierte sich zu dieser Analogie.
      Er selbst hatte vor einigen Jahren dabei mitgeholfen, die kleinen, »Exocomps« genannten Servomechanismen als intelligente Wesen zu identifizieren. Soweit

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