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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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Brandung. Elliott stieß sich von der glatten Karosserie ab.
    »Sie wissen, was mit meiner Tochter geschehen ist«, sagte sie mit lebloser Stimme. »Sie wussten es die ganze Zeit.«
    Ich nickte.
    »Aber es ist Ihnen scheißegal, nicht wahr? Sie arbeiten für den Mann, der sie wie ein Stück Toilettenpapier benutzt hat.«
    »Viele Männer haben sie benutzt«, sagte ich ohne Gnade. »Sie hat sich von ihnen benutzen lassen. Und ich bin mir sicher, dass Ihr Mann Ihnen auch erzählt hat, warum sie das getan hat.«
    Ich hörte, wie Irene Elliott nach Luft schnappte, und konzentrierte mich auf den Horizont, wo Trepps Kreuzer in der Morgendämmerung verschwand. »Sie hat es aus dem gleichen Grund getan, aus dem sie auch den Mann erpressen wollte, für den ich arbeite, und aus dem gleichen Grund, warum sie einem besonders unangenehmen Zeitgenossen namens Jerry Sedaka Daumenschrauben anlegen wollte, der sie daraufhin getötet hat. Sie hat es für Sie getan, Irene.«
    »Sie verdammtes Arschloch!« Sie weinte, was in der Stille besonders einsam und hoffnungslos klang.
    Ich wandte den Blick nicht vom Horizont ab. »Ich arbeite nicht mehr für Bancroft«, sagte ich vorsichtig. »Ich stehe jetzt auf der anderen Seite dieses Haufens Scheiße. Ich biete Ihnen die Chance, Bancroft dort wehzutun, wo es ihn besonders schmerzt. Sie können ihn mit den Schuldgefühlen schlagen, die er nie empfunden hat, wenn er Ihre Tochter gefickt hat. Und wenn Sie jetzt wieder frei sind, bekommen Sie vielleicht das Geld zusammen, um Elizabeth resleeven zu können. Oder sie zumindest aus dem Stack zu holen und die Miete für ein Zimmer in einem virtuellen Bungalow zu bezahlen oder etwas in der Art. Die Hauptsache ist, dass Sie nicht mehr auf Eis liegen, sondern etwas tun können. Diese Möglichkeit biete ich Ihnen an. Ich bringe Sie ins Spiel zurück. Nutzen Sie diese Chance.«
    Ich hörte, wie sie hinter mir gegen die Tränen kämpfte. Ich wartete.
    »Sie scheinen ziemlich von sich selbst beeindruckt zu sein, wie?«, sagte sie schließlich. »Sie glauben, Sie tun mir einen riesengroßen Gefallen, aber Sie sind kein verdammter Samariter. Ich meine, Sie haben mich rausgeholt, aber das hat doch bestimmt seinen Preis.«
    »Natürlich«, sagte ich ruhig.
    »Ich mache, was Sie von mir verlangen. Dieses Virus freisetzen. Ich verstoße für Sie gegen das Gesetz, ansonsten wandere ich in den Stack zurück. Das ist der Deal, nicht wahr? Nichts ist umsonst zu haben.«
    Ich betrachtete die Wellen. »Das ist der Deal«, bestätigte ich.
    Wieder Stille. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie sie ihren neuen Körper musterte, als wollte sie nachsehen, ob sie sich bekleckert hatte. »Wissen Sie, wie ich mich fühle?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Ich habe mit meinem Ehemann geschlafen, und es hat sich angefühlt, als hätte er mich mit einer anderen betrogen.« Ein ersticktes Lachen. Sie wischte sich wütend über die Augen. »Ich komme mir vor, als wäre ich untreu gewesen. Wissen Sie, als man mich eingelagert hat, ließ ich einen Körper und eine Familie zurück. Jetzt habe ich beides verloren.«
    Wieder sah sie an sich hinab. Sie hob die Hände und breitete sie mit gespreizten Fingern aus.
    »Ich weiß nicht, was ich fühle«, sagte sie. »Ich weiß nicht mehr, was ich fühlen sollte.«
    Darauf hätte ich eine Menge erwidern können. Dinge, die gesagt, geschrieben, erforscht und diskutiert worden waren. Banale kleine Zusammenfassungen in Magazinlänge über die Probleme des Resleevens – Wie bringen Sie Ihren Partner dazu, Sie in einem neuen Körper zu lieben? – oder banale umfangreiche psychologische Abhandlungen – Anmerkungen über sekundäre Traumata im Zusammenhang mit zivilem Resleeving. Selbst in den geheiligen Handbüchern des Envoy Corps fanden sich ein paar banale Aussagen zum Thema. Zitate, wissenschaftlich begründete Ansichten, die Hetze von religiösen Fanatikern und Geisteskranken. All das hätte ich parat gehabt. Ich hätte ihr erklären können, dass es für einen unkonditionierten Menschen völlig normal war, so zu empfinden. Ich hätte ihr sagen können, dass man sich mit der Zeit daran gewöhnte. Dass es psychosomatische Therapien für solche Probleme gab. Dass Millionen anderer Menschen es überlebt hatten. Ich hätte ihr sogar sagen können, dass der Gott, zu dem sie sich offiziell bekannt hatte, über sie wachen würde. Ich hätte lügen oder vernünftig argumentieren können. Doch alles wäre letztlich auf ungefähr dasselbe hinausgelaufen,

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