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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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Bancrofts anhaltendes Misstrauen angesichts der unangenehmen Tatsachen mir allmählich Sorgen machte. Mir war nicht klar gewesen, dass er so schwer kleinzukriegen war. »Sie hat mich auf die richtige Spur gebracht. Sie hatte von Anfang an Zweifel an der Mordtheorie. Sie sagte immer wieder, Sie wären ein viel zu durchtriebenes und intelligentes Meth-Arschloch, um sich von irgendjemand erschießen zu lassen. Zitat Ende. Dazu fiel mir wieder das Gespräch ein, das wir vor einer Woche hier geführt haben. Sie sagten: Ich bin kein Mann, der sich das Leben nimmt, und selbst wenn es meine Absicht gewesen wäre, hätte ich es nie auf diese Weise verpfuscht. Wenn ich wirklich hätte sterben wollen, würden Sie sich jetzt nicht mit mir unterhalten. Envoys besitzen ein fotografisches Gedächtnis, das waren exakt Ihre Worte.«
    Ich verstummte und stellte mein Glas ab, während ich nach dem dünnen Rand der Täuschung suchte, der stets direkt neben der Wahrheit verlief.
    »Die ganze Zeit bin ich von der Annahme ausgegangen, dass Sie die Waffe nicht abgefeuert haben, weil Sie kein Mann sind, der sich das Leben nimmt. Deshalb habe ich alle anderen Hinweise ignoriert. Die luftdichte Sicherheitsüberwachung in Ihrem Haus, das Fehlen von Spuren, die ein Eindringling hinterlassen hätte, das Handflächenschloss am Safe.«
    »Und Kadmin. Und Ortega.«
    »Ja, auch das war mir keine Hilfe. Aber wir konnten Klarheit in Ortegas Ansatz bringen, und Kadmin… nun, auf Kadmin komme ich gleich zurück. Die Sache war die, solange ich das Abfeuern der Waffe mit Selbstmord gleichgesetzt habe, steckte ich fest. Aber dann überlegte ich mir, was wäre, wenn beide Handlungen gar nicht synonym wären. Wenn Sie Ihren Stack nicht vernichtet haben, weil Sie sterben wollten, sondern weil es einen ganz anderen Grund gab. Als ich diese Überlegung zugelassen habe, war der Rest einfach. Welche möglichen Gründe hätte es geben können? Es ist kein Kinderspiel, sich eine Waffe an den Kopf zu halten, selbst wenn man zum Sterben entschlossen ist. Es zu tun, wenn man nicht sterben will, muss eine dämonische Willenskraft erfordern. Auch wenn man sich intellektuell bewusst macht, dass die größte Portion des Geistes in einem neuen Sleeve wiederauferstehen wird, ändert das nichts daran, dass die Person, die man in diesem Moment ist, sterben wird. Sie mussten sehr verzweifelt gewesen sein, um den Abzug betätigen zu können. Es konnte also nur…« – ich lächelte ein wenig – »eine wirkliche Lebensgefahr sein. Danach war es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Sache mit den Viren. Ich musste nur noch in Erfahrung bringen, wo und wie Sie sich infiziert hatten.«
    Bancrofts Sessel schien plötzlich unbequem geworden zu sein, und mir kam unvermittelt eine Erleuchtung. Viren! Sogar Meths hatten Angst vor den unsichtbaren Zerstörern, denn sogar sie waren trotz externer Speicherung und ständig verfügbarer Klone nicht dagegen immun. Virenattacke! Macht die Stacks dicht! Bancroft war aus dem Gleichgewicht geraten.
    »Nun ist es praktisch unmöglich, etwas so Komplexes wie ein Virus zu einem Ziel zu transportieren, zu dem man keine direkte Verbindung hat. Also konnte es nur geschehen sein, als Sie irgendwo eingeklinkt waren. Zuerst dachte ich an PsychaSec, aber diese Einrichtung ist viel zu gut abgeriegelt. Und aus denselben Gründen konnte es auch nicht passiert sein, bevor Sie in Osaka waren. Denn selbst im schlafenden Zustand hätte das Virus beim Needlecast sämtliche Alarmsirenen auslösen müssen. Es musste irgendwann in den letzten achtundvierzig Stunden geschehen sein, weil Ihr externer Speicher nicht kontaminiert war. Ich wusste aus einem Gespräch mit Ihrer Frau, dass Sie nach Ihrer Rückkehr aus Osaka wahrscheinlich in der Stadt unterwegs waren, und nach Ihren Aussagen lag es durchaus im Rahmen der Möglichkeiten, dass Sie sich in einem virtuellen Bordell aufhielten. Danach musste ich mich nur ein wenig umsehen. Ich versuchte es bei mehreren Etablissements, bis ich auf das Hau ihn rein stieß, und schon nach den ersten Auskünften schrillte der Virenalarm aus meinem Telefon. Das ist das Gute an KIs – es gibt nichts Besseres als die Sicherheitsprogramme, die sie selbst geschrieben haben. Das Hau ihn rein ist so gut abgeschottet, dass die Polizei Monate brauchen wird, um sich durch die Trümmer zu graben und nachzusehen, was von den Prozessoren noch übrig ist.«
    Ich empfand leichte Schuldgefühle, als ich an die KI dachte, die wie ein Mensch im

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