Das Unsterblichkeitsprogramm
es hier entlang.«
Sie führten mich durch eine andere Doppeltür zu einem Frachtaufzug, der nach der blinkenden LED-Anzeige an der Wand zwei Dutzend Stockwerke nach unten fuhr, bis wir anhielten. Während der Fahrt standen Deek und die Frau mit erhobenen Waffen in gegenüberliegenden Ecken der Kabine. Ich ignorierte sie und verfolgte die wechselnden Zahlen.
Als sich die Tür öffnete, wartete bereits ein medizinisches Team mit einer Rolltrage auf uns. Meine Instinkte schrien mir zu, dass ich einen Ausbruchsversuch unternehmen sollte, aber ich rührte mich nicht, als die zwei blau gekleideten Männer vortraten, um mich an den Armen festzuhalten, während die Medikerin mir eine Injektion ins Genick verpasste. Ich spürte einen eiskalten Stich und einen kurzen frostigen Schauder, dann verschwammen die Ränder meines Gesichtsfeldes zu einem grauen Muster. Das Letzte, was ich bewusst wahrnahm, war das gleichgültige Gesicht der Medikerin, die beobachtete, wie ich die Besinnung verlor.
13
Als ich erwachte, ertönte irgendwo in der Nähe der Ezan. Die poetischen Worte klangen nörglerisch und metallisch aus den zahlreichen Kehlen der Lautsprecher einer Moschee. Zuletzt hatte ich diesen Ruf am Himmel über Zihicce auf Sharya gehört, und kurz darauf war das schrille Heulen von Plündererbomben ertönt. Über meinem Kopf strömte Licht durch die Gitterstäbe eines kunstvoll verzierten Fensters. Mein Unterleib fühlte sich schwer und aufgebläht an; offenbar stand meine Periode kurz bevor.
Ich erhob mich vom Holzfußboden und blickte an mir hinab. Sie hatten mich in den Körper einer jungen Frau gesleevt, kaum älter als zwanzig Jahre, mit kupfern schimmernder Haut und einer schweren Glocke aus schwarzem Haar, das sich so kurz vor der Monatsblutung strähnig und schmutzig in meinen Händen anfühlte. Die Haut war leicht fettig, und aus irgendeinem Winkel meines Kopfes kam der Gedanke, dass ich schon seit einiger Zeit nicht mehr gebadet hatte. Ich trug ein grobes Khakihemd, das meinem Sleeve ein paar Nummern zu groß war, und sonst nichts. Darunter fühlten sich meine Brüste geschwollen und empfindlich an. Ich war barfuß.
Ich stand auf und trat ans Fenster. Es war nicht verglast, befand sich aber ein gutes Stück über meinem neuen Kopf. Also zog ich mich an den Gitterstäben hoch und lugte hinaus. Eine sonnengetränkte Landschaft aus schlecht gedeckten Ziegeldächern erstreckte sich so weit, wie ich sehen konnte, bewaldet mit windschiefen Empfangsantennen und antiken Satellitenschüsseln. Links am Horizont stach eine Gruppe von Minaretten in den Himmel, und dahinter zeichnete ein Flugzeug eine Linie aus weißem Dampf. Die Luft, die durch das Fenster hereinwehte, war warm und feucht.
Meine Arme schmerzten, also ließ ich mich wieder hinunter und lief durch den Raum zur Tür. Erwartungsgemäß war sie verschlossen.
Der Ezan verstummte.
VR. Sie hatten meine Erinnerungen angezapft und sich diese Szene ausgesucht. Ich hatte ein paar äußerst unangenehme Beispiele der langen Tradition des Schmerzes auf Sharya gesehen. Und die sharyanische Religionspolizei war auf dem Gebiet der Verhörsoftware mindestens genauso populär wie Angin Chandra in Pilotenpornos. Und nun hatte man mich in diesem kontrastreichen virtuellen Sharya in den Körper einer Frau gesleevt.
Während einer durchzechten Nacht hatte Sarah mir einmal erzählt: Frauen sind die eigentliche Spezies, Tak. Es gibt keine paritätische Aufteilung. Männer sind nur Mutationen mit mehr Muskeln und halb so vielen Nerven. Kämpfende Kopulationsmaschinen. Meine eigenen Sleeve-Erfahrungen hatten diese Theorie bestätigt. Eine Frau zu sein, ging weit über die männliche Erlebniswelt hinaus. Das Gefühl für Berührung und Beschaffenheit war viel intensiver, eine Verbindung zur Umwelt, gegen die sich männliche Haut instinktiv abzuschotten schien. Für einen Mann war die Haut eine Barriere, ein Schutzmantel. Für eine Frau war sie ein Kontaktorgan.
Das hatte seine Nachteile.
Generell und vielleicht aus genau diesem Grund lag die weibliche Schmerzschwelle höher als bei Männern, während der Menstruationszyklus sie einmal im Monat auf einen Tiefpunkt hinunterzog.
Ich checkte den Körper. Kein Neurachem.
Keine Kampfkonditionierung, keine Aggressionsreflexe.
Nichts.
Nicht einmal Schwielen auf der jungen Haut.
Die Tür flog auf, und ich schrak zusammen. Neuer Schweiß befeuchtete meine Haut. Zwei bärtige Männer mit glühenden Augen traten in den Raum.
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