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Das unvollendete Bildnis

Das unvollendete Bildnis

Titel: Das unvollendete Bildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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würde Mr Crale heiraten… einen verheirateten Mann, und sie sagte das zu seiner Frau!
    Ich war außer mir über Mr Crale. Wie konnte er es zulassen, dass dieses Mädchen seine Frau in ihrem eigenen Wohnzimmer beschimpfte? Wenn er mit Miss Greer durchbrennen wollte, hätte er es tun sollen, sie aber nicht in sein Haus bringen und ihre Unverschämtheit unterstützen dürfen.
    Trotz ihrer nur zu verständlichen Gefühle verlor Mrs Crale ihre Würde nicht. Ihr Mann kam gerade ins Zimmer, und sie verlangte von ihm eine Erklärung. Er ärgerte sich verständlicherweise über Miss Greer, weil sie diese Situation heraufbeschworen hatte; außerdem erschien er dadurch in einem schlechten Licht, und so etwas lieben Männer nicht, es verletzt ihre Eitelkeit.
    Dieser riesengroße Mann stand da wie ein ungezogener Schuljunge. Er musste zugeben, dass es wahr sei, dass er es ihr aber noch nicht habe mitteilen wollen. Sie warf ihm nur einen verächtlichen Blick zu und verließ hocherhobenen Hauptes das Zimmer. Sie war eine schöne Frau, viel schöner als jenes schillernde Mädchen, und ihr Gang war der einer Königin.
    Ich wünschte von ganzem Herzen, dass Amyas Crale für seine Grausamkeit bestraft würde, und versuchte zum ersten Mal, Mrs Crale gegenüber etwas von meinen Gefühlen zu äußern. Sie ließ es jedoch nicht zu und sagte:
    «Wir müssen tun, als sei nichts geschehen. Das ist das Beste. Wir gehen heute Nachmittag alle zu Meredith Blake zum Tee.»
    «Ich finde Sie wunderbar, Mrs Crale», sagte ich.
    Sie erwiderte nur: «Sie wissen ja nicht…» Sie küsste mich und fügte hinzu: «Sie sind ein großer Trost für mich.»
    Dann ging sie in ihr Zimmer, und ich glaube, sie weinte. Ich sah sie erst wieder, als alle aufbrachen. Mr Crale schien sich unbehaglich zu fühlen, versuchte das aber durch auffallendes Benehmen zu bemänteln. Mr Philip Blake bemühte sich, unbefangen zu erscheinen, und Miss Greer sah aus wie eine Katze, die süßen Rahm genascht hat – sie schnurrte gewissermaßen.
    Gegen sechs Uhr kamen sie wieder zurück. Ich hatte an diesem Abend keine Gelegenheit mehr, mit Mrs Crale allein zu sprechen. Beim Essen war sie ruhig und ging früh zu Bett.
    Nach dem Essen stritt sich Angela wieder einmal mit Mr Crale, und zwar machte sie ihm die heftigsten Vorwürfe, weil sie ins Internat gehen sollte. Es hatte natürlich keinen Zweck, aber zweifellos spürte sie die Spannung, die in der Luft lag, und reagierte auf ihre Art darauf. Ich fürchte, ich war zu sehr mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt, um sie in ihre Schranken zu weisen, wie es meine Pflicht gewesen wäre. Der Streit endete damit, dass sie mit einem Briefbeschwerer nach Mr Crale warf und aus dem Zimmer stürzte. Ich ging ihr nach und wies sie scharf zurecht, aber sie war noch so aufgeregt, dass ich es für das beste hielt, sie allein zu lassen.
    Ich überlegte, ob ich zu Mrs Crale gehen sollte, beschloss aber, sie nicht zu stören. Nachträglich wäre ich froh gewesen, wenn ich meine Bedenken überwunden und sie zum Sprechen gezwungen hätte; vielleicht hätte das alles geändert, denn sie hatte außer mir ja keinen Menschen, dem sie sich anvertrauen konnte. Ich bin sehr für Selbstbeherrschung, muss aber betrübt zugeben, dass man sie zuweilen übertreiben kann. Wirklich starke Gefühle sollte man auch äußern.
    Am nächsten Tag war schönes Wetter. Noch vor dem Frühstück ging ich in Angelas Zimmer, aber sie war schon auf und davon. Ich hob einen zerrissenen Rock, den sie auf den Boden geworfen hatte, auf und nahm ihn mit; sie sollte ihn nach dem Frühstück ausbessern. Sie hatte sich aber bereits in der Küche Brot und Marmelade geben lassen und war verschwunden. Nachdem ich gefrühstückt hatte, machte ich mich auf die Suche nach ihr. Aus diesem Grunde konnte ich mich an dem Morgen nicht mehr um Mrs Crale kümmern, wie ich es wohl hätte tun sollen. Doch ich hielt es für meine Pflicht, Angela zu suchen; sie war sehr unordentlich mit ihren Kleidern, und das durfte ich ihr nicht durchgehen lassen. Ich ging hinunter an den Strand, sah sie aber weder im Wasser noch auf den Felsen und dachte, sie wäre vielleicht zu Mr Meredith Blake gegangen, an dem sie sehr hing. Daher ruderte ich über die Bucht und suchte sie im Garten und im Haus von Mr Blake, doch vergebens. So kehrte ich schließlich nach Alderbury zurück, wo ich Mrs Crale und die beiden Herren Blake auf der Terrasse vorfand.
    Da es sehr heiß war, bot Mrs Crale den Herren Bier an. Neben der

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