Das Urteil
anlegen - Investmentfonds und Immobilien. Er würde kleine gewerbliche Objekte mit soliden Mietverträgen kaufen. Ihm fiel gleich auf Anhieb ein halbes Dutzend davon ein.
Der Handel mit Jimmy Hull Moke machte ihm große Sorgen. Er hatte noch nie etwas mit Schmiergeld zu tun gehabt, soweit er wußte, war er nicht einmal auch nur in die Nähe irgendeiner Gaunerei gekommen. Er hatte einen Cousin, der Gebrauchtwagen verkaufte und drei Jahre sitzen mußte, weil er sein Inventar doppelt und dreifach verpfändet hatte. Seine Ehe war kaputtgegangen, seine Kinder hatten gelitten.
Kurz vor Tagesanbruch hatte Jimmy Hull Mokes Ruf eine seltsam beruhigende Wirkung auf ihn. Der Mann hatte viel Erfahrung im Einstreichen von Schmiergeldern und hatte es zu einer Kunstform gemacht. Er war trotz eines bescheidenen Beamtengehalts ziemlich reich geworden. Und jedermann wußte es!
Bestimmt würde Moke genau wissen, wie er den Handel abschließen mußte, ohne erwischt zu werden. Hoppy würde nicht in die Nähe des Geldes kommen, würde nicht einmal genau wissen, ob und wann es gezahlt worden war.
Zum Frühstück aß er ein Stück Fertiggebäck und gelangte zu dem Schluß, daß das Risiko minimal war. Er würde ganz unverfänglich mit Jimmy Hull reden und dem andern einfach die Führung überlassen, dann würden sie schon schnell genug aufs Thema Geld zu sprechen kommen. Hinterher würde er Ringwald dann Bericht erstatten. Er taute tiefgefrorene Zimtschnecken für die Kinder auf, legte ihr Lunchgeld auf den Küchentisch und fuhr um acht ins Büro.
Am Tag nach Kriglers Aussage schlug die Verteidigung eine sanftere Gangart ein. Es war wichtig, einen entspannten Eindruck zu machen, als fühlte man sich von dem Schlag, den die Klägerseite gestern geführt hatte, nicht getroffen. Alle trugen hellere Anzüge in sanften Grau- und Blautönen, einer sogar in Khaki. Verschwunden waren das strenge Schwarz und Dunkelblau. Verschwunden waren auch die finsteren Mienen von Leuten, die durch ihre eigene Bedeutung niedergedrückt wurden. Sobald die Tür aufging und der erste Geschworene eintrat, erschien auf jedem der Gesichter am Tisch der Verteidigung ein breites Lächeln. Einige lachten sogar leise. Was für nette, friedliche Leute.
Richter Harkin sagte Hallo, aber kaum jemand auf der Geschworenenbank lächelte. Es war Freitag, was bedeutete, daß das Wochenende dicht bevorstand, und dieses Wochenende mußten sie im Siesta Inn eingesperrt verbringen. Beim Frühstück hatten sie sich darauf geeinigt, daß Nicholas dem Richter eine Nachricht zukommen lassen und ihn bitten sollte, ob man nicht vielleicht auch am Samstag arbeiten konnte. Die Geschworenen würden sich lieber im Saal versammeln und versuchen, diese Strapaze bald zum Ende zu bringen, als tatenlos in ihren Zimmern herumzusitzen und nur an sie zu denken.
Die meisten von ihnen registrierten das dümmliche Lächeln von Cable und Konsorten. Sie registrierten die Sommeranzüge, das joviale Getue, das amüsierte Geflüster. »Weshalb sind sie so verdammt glücklich?« flüsterte Loreen Duke, während Harkin seinen üblichen Fragenkatalog vorlas.
»Sie wollen, daß wir denken, es wäre alles in Ordnung«, flüsterte Nicholas zurück. »Starren Sie sie einfach an.«
Wendall Rohr erhob sich und rief den nächsten Zeugen auf. »Dr. Roger Bunch«, sagte er mit großer Geste. Er beobachtete die Geschworenen, ob sie auf diesen Namen reagierten.
Es war Freitag. Die Geschworenen würden auf nichts reagieren.
Bunch war ein Jahrzehnt zuvor berühmt geworden, als er Oberster Amtsarzt der Vereinigten Staaten und ein erbarmungsloser Kritiker der Tabakindustrie gewesen war. In den sechs Jahren seiner Amtszeit hatte er unzählige Untersuchungen in Auftrag ge geben, hatte Frontalangriffe geleitet, tausend Reden gegen das Rauchen gehalten, drei Bücher über dieses Thema geschrieben und die Behörden gedrängt, strengere Gesetze zu erlassen. Siege hatte er nur wenige errungen. Seit er aus dem Amt ausgeschieden war, hatte er seinen Kreuzzug mit viel Talent für Publicity fortgesetzt.
Er war ein Mann, der zu so einigen Dingen seine Ansichten hatte, und er brannte darauf, sie den Geschworenen mitzuteilen. Die Beweise waren eindeutig - Zigaretten verursachten Lungenkrebs. Jedes Ärztegremium auf der ganzen Welt, das sich mit diesem Thema beschäftigt hatte, war zu dem Schluß gelangt, daß Zigaretten Lungenkrebs verursachen. Die einzigen, die dem nicht zustimmten, waren die Hersteller selbst und ihre
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