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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Spiegel. Er sollte nicht überrascht sein, daß sie mit Rohr sprach, also weshalb zum Teufel war es so ein Schock, das zu hören? Er kam sich betrogen vor.
    »Ihretwegen. Er weiß, daß Sie Tag und Nacht unterwegs sind und sich alle möglichen Mittel und Wege ausdenken, um an die Geschworenen heranzukommen. Würden Sie sich nicht auch Sorgen machen, Fitch, wenn ein Mann wie Sie für die Anklage arbeiten würde?«
    »Ich wäre entsetzt.«
    »Rohr ist nicht entsetzt. Er macht sich nur Sorgen.« »Wie 'oft sprechen Sie mit ihm?«
    »Ziemlich oft. Er ist liebenswürdiger als Sie, Fitch. Man kann sich gut mit ihm unterhalten, außerdem zeichnet er meine Anrufe nicht auf und schickt keine krummen Typen los, die meinem Wagen folgen. Nichts dergleichen.«
    »Er weiß offenbar, wie man eine Frau bezaubert.«
    »Ja. Aber da, wo es zählt, ist er schwach.«
    »Und wo ist das?«
    »In der Brieftasche. Mit Ihren Ressourcen kann er nicht konkurrieren.«
    »Wieviel von meinen Ressourcen wollen Sie haben?«
    »Später, Fitch. Ich muß jetzt Schluß machen. Auf der anderen Straßenseite steht ein verdächtig aussehender Wagen. Muß sich um einen Ihrer Clowns handeln.« Sie legte auf.
    Fitch duschte und versuchte zu schlafen. Um 2 Uhr fuhr er ins Lucy Luck, wo er mit fünfhundert Dollar Einsatz Blackjack spielte, bis Tagesanbruch Sprite trank und dann mit an die zwanzigtausend Dollar Gewinn ins Hotel zurückkehrte.
20
    D er erste Samstag im November begann mit einer Temperatur von 16 Grad, ungewöhnlich kühl für die Küste und ihr fast tropisches Klima. Eine sanfte Brise aus Norden ließ die Bäume rascheln und streute Blätter auf Straßen und Gehsteige. Normalerweise kam der Herbst spät und dauerte nur bis Anfang des Jahres, um dann dem Frühling zu weichen. Einen Winter gab es an der Golfküste nicht.
    Kurz nach Tagesanbruch waren nur einige wenige Jogger unterwegs. Niemand bemerkte den schwarzen Chrysler, der in die Einfahrt eines bescheidenen Einfamilienhauses einbog. Es war zu früh für die Nachbarn, um zu sehen, wie die beiden jungen Männer in identischen dunklen Anzügen aus dem Wagen ausstiegen, zur Haustür gingen, läuteten und geduldig warteten. Es war zu früh, aber in weniger als einer Stunde würde es auf den Rasen von Laubharkern und auf den Gehsteigen von Kindern wimmeln.
    Hoppy hatte gerade Wasser in die Kaffeemaschine gegossen, als er das Läuten hörte. Er zog den Gürtel seines alten Frottee-Bademantels fester und versuchte, sein noch ungekämmtes Haar mit den Fingern glattzustreichen. Es mußten die Pfadfinder sein, die um diese unchristliche Zeit Doughnuts verkaufen wollten. Hoffentlich waren es nicht schon wieder die Zeugen Jehovas. Denen würde er es diesmal aber geben. Eine ganz gewöhnliche Sekte! Er bewegte sich schnell, denn das Obergeschoß war voll von schlafenden Teenagern. Sechs nach der letzten Zählung. Fünf von seinen eigenen und ein Gast, den einer von ihnen vom Junior College mitgebracht hatte. Eine typische Freitag nacht im Hause Dupree.
    Er öffnete die Haustür und sah zwei ernst dreinschauende junge Männer vor sich, die sofort in ihre Taschen griffen und goldene, auf schwarzes Leder montierte Erkennungsmarken zückten. Aus dem Redeschwall konnte Hoppy zweimal ›FBI‹ heraushören und wäre fast in Ohnmacht gefallen.
    »Sind Sie Mr. Dupree?« fragte Agent Nitchman.
    Hoppy rang nach Atem. »Ja, aber…«
    »Wir möchten Ihnen ein paar Fragen stellen«, sagte Agent Napier und schaffte es dabei irgendwie, Hoppy sogar noch einen Schritt näherzukommen.
    »Worüber?« fragte Hoppy mit trockenem Mund. Er versuchte, zwischen ihnen hindurchzuschauen, zur anderen Straßenseite, wo Mildred Yance das alles bestimmt beobachtete.
    Nitchman und Napier wechselten einen finsteren, verschwörerischen Blick. Dann sagte Napier zu Hoppy: »Wir können es hier tun, aber vielleicht auch irgendwo anders.«
    »Fragen über Stillwater Bay, Jimmy Hull Moke und so weiter«, sagte Nitchman erklärend, und Hoppy umklammerte den Türrahmen.
    »Oh, mein Gott«, sagte er, als der Atem aus seinen Lungen entwich und die meisten lebenswichtigen Organe erstarrten. »Dürfen wir hereinkommen?« fragte Napier.
    Hoppy senkte den Kopf und rieb sich die Augen, als ob er gleich weinen müßte. »Nein, bitte nicht hier.« Die Kinder! Normalerweise schliefen sie bis neun oder zehn Uhr oder sogar bis Mittag, wenn Millie es zuließ, aber wenn sie unten Stimmen hörten, würden sie sofort herunterkommen. »Mein Büro«, brachte er

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