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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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schlechten Platz, aber er überstand die ersten beiden Wahldurchgänge und saß nur noch vier Reihen entfernt, als die Jury zusammengestellt war.
    Seine Akte wurde daraufhin sofort geschlossen.
    Und jetzt war sie wieder offen. In den letzten vierund zwanzig Stunden hatten sie herausgefunden, daß David Lancaster einen Monat nach dem Ende des Prozesses aus Allentown verschwunden war. Sein koreanischer Hauswirt wußte nichts. Sein Chef in dem Videogeschäft sagte, er wäre eines Tages nicht zur Arbeit erschienen und hätte nie wieder von sich hören lassen. Sonst war in der Stadt niemand aufzutreiben gewesen, der irgend etwas von Lancasters Existenz gewußt hätte. Fitchs Leute wühlten weiter, aber niemand rechnete damit, daß sie etwas herausfinden würden. Lancaster stand immer noch in der Wählerliste, aber dem Registrator zufolge würde die Liste erst in weiteren fünf Jahren auf den neuesten Stand gebracht werden.
    Am Mittwoch abend war sich Fitch fast sicher, daß David Lancaster Nicholas Easter war.
    Am frühen Donnerstag morgen waren in Nussmans Büro in Chicago zwei große Kartons eingetroffen, die die Geschworenen-Unterlagen vom Glavine-Prozeß in Broken Arrow, Oklahoma, enthielten. Glavine war vor zwei Jahren ein hitziger Prozeß gegen Trellco gewesen, bei dem Fitch schon lange, bevor die Schlacht zwischen den Anwälten geschlagen war, sein Urteil in der Tasche gehabt hatte. Nussman hatte Donnerstag nacht nicht geschlafen, sondern die Jury-Unterlagen von Glavine durchgeackert.
    In Broken Arrow hatte es einen jungen Weißen namens Perry Hirsch gegeben, damals fünfundzwanzig, angeblich in St. Louis geboren; das Geburtsdatum hatte sich schließlich als falsch herausgestellt. Er hatte angegeben, daß er in einer Lampenfabrik arbeitete und am Wochenende Pizzas auslieferte. Ledig, katholisch, abgebrochenes College-Studium, kein früheres Geschworenenamt, alles nach seinen eigenen Angaben auf einem kurzen Fragebogen, der den Anwälten vor Prozeßbeginn ausgehändigt worden war. Er hatte sich vier Monate vor dem Prozeß in die Wählerliste eintragen lassen und wohnte angeblich mit einer Tante zusammen auf einem Wohnwagenplatz. Er war einer von zweihundert Leuten, die auf Vorladung zum Geschworenendienst erschienen waren.
    Von Hirsch gab es zwei Fotos. Auf einem schleppte er einen Stapel Pizzas zu seinem Wagen, einem ramponierten Pinto, in einem leuchtend blauroten Rizzo-Hemd und dazu passender Mütze. Das andere war ein Schnappschuß, auf dem er neben dem Wohnwagen stand, in dem er lebte, aber sein Gesicht war kaum zu sehen.
    Hirsch hatte es beinahe geschafft, in die Jury zu kommen, wurde aber von der Anklage aus damals unerfindlichen Gründen abgelehnt. Offenbar hatte er die Stadt irgendwann nach dem Prozeß verlassen. In der Fabrik, in der er arbeitete, gab es einen Mann namens Terry Hurtz, aber keinen Perry Hirsch.
    Fitch hatte einen einheimischen Detektiv angeheuert, der der Sache nachgehen sollte. Die Tante, deren Namen sie nicht kannten, war nicht gefunden worden; in den Akten des Wohnwagenparks gab es keine Unterlagen über sie. Niemand bei Rizzo's erinnerte sich an einen Perry Hirsch.
    Fitch, Pang und Nussman saßen Freitag nachmittag im Dunkeln und starrten auf die Wand. Die Fotos von Hirsch, Lancaster und Easter waren vergrößert und so scharf wie möglich projiziert worden. Easter war natürlich jetzt glattrasiert. Sein Foto war bei der Arbeit aufgenommen worden, deshalb trug er weder Sonnenbrille noch Mütze.
    Die drei Gesichter gehörten ein und derselben Person.
    Nussmans Handschriftenexperte erschien am Freitag nach dem Lunch. Er war mit einem Pynex-Jet aus Washington eingeflogen worden. Die einzigen Handschriftenproben, die sie hatten, waren die Geschworenenkarten von Cimmino und Wood und der kurze Fragebogen von Glavine. Es war mehr als genug. Der Experte hatte keinen Zweifel, daß Perry Hirsch und David Lancaster identisch waren. Easters Handschrift unterschied sich beträchtlich von der von Lancaster, aber als er die Identität von Hirsch aufgab, hatte er einen Fehler gemacht. Die säuberlichen Druckbuchstaben, in denen Easter geschrieben hatte, sollten sich offenkundig von der Schrift bei den anderen beiden Prozessen unterscheiden. Er hatte schwer daran gearbeitet, sich einen völlig neuen Schreibstil zuzulegen, der nicht mit der Vergangenheit in Verbindung gebracht werden konnte. Sein Fehler kam in seiner Unterschrift auf der Karte zum Vorschein. Der ›t‹-Strich saß ziemlich weit unten

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