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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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betragen, wenn sie im Laufe von fünfzehn Jahren ausgezahlt wurde, aber für die Zwecke des Prozesses mußte er angeben, wie hoch sie im Augenblick war. Deshalb mußten Abzüge vorgenommen werden. Seine neue Zahl belief sich auf $ 835.000.
    Er leistete hervorragende Arbeit, die Geschworenen zu überzeugen, daß diese Zahl nur das entgangene Gehalt betraf. Er war Wirtschaftswissenschaftler und nicht dazu ausgebildet, die nichtökonomischen Werte eines Lebens zu bewerten. Sein Job hatte nichts zu tun mit den Leiden und den Qualen, die Mr. Wood vor seinem Tod ertragen mußte; nichts mit dem Verlust, den seine Angehörigen erlitten hatten.
    Ein junger Anwalt der Verteidigung, der Felix Mason hieß, meldete sich nun erstmals im Prozeß zu Wort. Er war einer von Cables Partnern, ein Spezialist für Wirtschaftsprognosen, und zu seinem Pech sollte sein einziges Auftreten sehr kurz sein. Er begann sein Kreuzverhör, indem er Dr. Kallison fragte, wieviele Male im Jahr er als Zeuge auftrat. »Das ist alles, was ich in letzter Zeit tue. Ich habe mich aus dem Lehramt zurückgezogen«, erwiderte Kallison. Diese Frage wurde ihm in jedem Prozeß gestellt.
    »Werden Sie für Ihre Aussage bezahlt?« fragte Mason. Die Frage war so abgegriffen wie die Antwort.
    »Ja. Ich werde für mein Hiersein bezahlt. Genau wie Sie.« »Wieviel?«
    »Fünftausend Dollar für Beratung und Aussage.« Bei den Anwälten bestand keinerlei Zweifel daran, daß Kallison von den Experten des Prozesses bei weitem der billigste war.
    Mason hatte ein Problem mit der Inflationsrate, die Kallison bei seinen Berechnungen zugrunde gelegt hatte, und sie stritten eine halbe Stunde lang über den Anstieg der Verbraucherpreise in der Vergangenheit. Wenn Mason einen Punkt erzielte, dann fiel es niemandem auf. Er wollte Kallisons Zugeständnis, daß $ 680.000 eine vernünftigere Summe für das Mr. Wood entgangene Gehalt war.
    Im Grunde spielte es keine Rolle. Rohr und seine Mitstreiter würden keine der beiden Summen akzeptieren. Entgangenes Gehalt war lediglich der Ausgangspunkt. Rohr würde die Schmerzen und das Leiden dazu addieren, den Verlust der Lebensfreude, den Verlust seiner Kollegen und ein paar Kleinigkeiten wie die Kosten für die medizinische Behandlung und die Beerdigung. Danach würde Rohr aufs große Geld abzielen. Er würde den Geschworenen darlegen, über wieviel Geld Pynex verfügte, und sie auffordern, einen gewaltigen Batzen davon als Strafe zu verhängen.
    Mit noch einer Stunde vor sich verkündete Rohr dem Gericht stolz: »Die Anklage ruft ihren letzten Zeugen auf. Mrs. Celeste Wood.«
    Die Jury hatte keine Ahnung gehabt, daß die Anklage fast fertig war. Eine Last fiel ihnen plötzlich von den Schultern. Die muffige Luft des späten Nachmittags wurde spürbar leichter. Mehrere Geschworene konnten ein Lächeln nicht verbergen. Ein paar andere hörten auf, die Stirn zu runzeln. Die Geschworenenbank knarrte, als sie wieder zum Leben erwachten.
    Heute würde ihr siebenter Abend in der Isolierung sein. Nicholas' neuester Theorie zufolge würde die Verteidigung nicht mehr als drei Tage brauchen. Sie hatten es sich ausgerechnet. Am Wochenende konnten sie vielleicht wieder zu Hause sein!
    Drei Wochen lang hatte Celeste Wood stumm am Tisch gesessen, umgeben von Horden von Anwälten, und kaum ein Flüstern von sich gegeben. Sie hatte eine erstaunliche Fähigkeit an den Tag gelegt, die Anwälte zu ignorieren, die Gesichter der Geschworenen zu ignorieren und mit ausdruckslosem Gesicht geradeaus auf die Zeugen zu schauen. Sie hatte jede Schattierung von Schwarz und Grau getragen, immer mit einer schwarzen Strumpfhose und schwarzen Schuhen.
    Bei Jerry hieß sie von der ersten Woche an ›die Witwe Wood‹.
    Sie war fünfundfünfzig, genauso alt, wie ihr Mann ohne den Lungenkrebs jetzt gewesen wäre. Sie war klein und sehr mager und hatte kurzes, graues Haar. Sie arbeitete in einer Bibliothek und hatte drei Kinder großgezogen. Die Geschworenen bekamen Familienfotos vorgelegt.
    Celeste war vor einem Jahr vernommen worden, und sie war von den Spezialisten, die Rohr zugezogen hatte, gründlich gedrillt worden. Sie hatte sich unter Kontrolle, war nervös, aber nicht zappelig, und entschlossen, keinerlei Gefühle zu zeigen. Schließlich war ihr Mann seit vier Jahren tot.
    Sie und Rohr hielten sich streng an ihr Drehbuch. Sie sprach von ihrem Leben mit Jacob, wie glücklich sie gewesen waren, die frühen Jahre, die Kinder, dann die Enkel, ihre Träume von einem Leben

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