Das Urteil
man hatte ihn sogar verklagt, die Anklage aber später wieder zurückgezogen. Robilio war wiederholt in psychiatrischer Behandlung gewesen. Robilio hatte zwei Sekretärinnen des Council sexuell belästigt. Robilios Kehlkopfkrebs war vermutlich auf zuviel Alkohol zurückzuführen und nicht auf das Rauchen. Robilio war ein notorischer Lügner, der den Council haßte und jetzt auf einem Rachefeldzug war.
»Wow«, sagte Hoppy und ließ einen Mundvoll Kartoffeln sehen.
»Mr. Cristano meinte, Sie sollten das Ihrer Frau zukommen lassen«, sagte Nitchman. »Sie sollte es aber nur den Geschworenen zeigen, denen sie vertrauen kann.«
»Gute Idee«, sagte Hoppy, faltete das Blatt rasch zusammen und steckte es in eine Tasche. Er sah sich in dem überfüllten Lokal um, als wartete er nur darauf, ertappt zu werden.
Aus den Jahrbüchern der juristischen Fakultät und den wenigen Unterlagen, die der Archivar ihnen zugänglich machte, ging hervor, daß Jeff Kerr sich im Herbst 1989 als Jurastudent an der University of Kansas hatte einschreiben lassen. Sein ernstes Gesicht erschien 1991 in seinem zweiten Studienjahr, aber danach war keine weitere Spur von ihm zu finden. Er hatte kein Abschlußexamen gemacht.
In seinem zweiten Jahr hatte er in der Fakultäts-Mannschaft Rugby gespielt. Ein Mannschaftsfoto zeigte ihn Arm in Arm mit zwei Kommilitonen - Michael Dale und Tom Ratliff -, die beide im folgenden Jahr ihr Studium abgeschlossen hatten. Dale arbeitete in der Rechtsberatung in Des Moines. Ratliff war als Anwalt bei einer Kanzlei in Wichita angestellt. In beide Orte wurden Rechercheure geschickt.
Dante traf in Lawrence ein und wurde zur juristischen Fakultät gebracht, wo er in den Jahrbüchern die Identität von Jeff Kerr bestätigt fand. Er verbrachte eine Stunde damit, Gesichter von 1985 bis 1994 zu betrachten, und sah keines, das der Frau ähnelte, die sich Marlee nannte. Es war ein Schuß ins Blaue. Viele Jurastudenten drückten sich vor dem Fotografiertwerden. Jahrbücher gab es nur für das zweite Studienjahr. Dies waren ernsthafte junge Erwachsene. Dantes Arbeit bestand überhaupt nur aus Schüssen ins Blaue.
Am späten Montag nachmittag traf ein Rechercheur namens Small Tom Ratliff bei der Arbeit in seinem winzigen, fensterlosen Büro bei Wise & Watkins an, einer großen Kanzlei in der Innenstadt von Wichita. Sie vereinbarten, sich in einer Stunde in einer Bar zu treffen.
Small rief Fitch an und sammelte soviel Hintergrundmaterial, wie er konnte, jedenfalls soviel, wie Fitch ihm geben wollte. Small war ein ehemaliger Polizist mit zwei Ex-Frauen. Seine Berufsbezeichnung war Sicherheitsspezialist, was in Lawrence bedeutete, daß er alles machte, vom Beobachten von Motels bis zu Untersuchungen mit dem Lügendetektor. Er war nicht gerade intelligent, was Fitch sofort erkannte.
Ratliff kam spät, und sie bestellten Drinks. Small tat sein Bestes, zu bluffen und sich wissend zu geben. Ratliff war argwöhnisch. Anfangs sagte er nur wenig, wie nicht anders zu erwarten bei einem Mann, der unvermutet von einem Fremden aufgefordert wird, über einen alten Bekannten zu reden.
»Ich habe ihn seit vier Jahren nicht mehr gesehen«, sagte Ratliff.
»Hatten Sie telefonischen Kontakt?«
»Nein. Nie. Nach unserem zweiten Jahr hat er das Studium aufgegeben.«
»Standen Sie einander nahe?«
»Im ersten Jahr habe ich ihn ganz gut gekannt, aber wir waren nicht gerade enge Freunde. Danach hat er sich zurückgezogen.
Steckt er in Schwierigkeiten?«
»Nein. Überhaupt nicht.«
»Dann sollten Sie mir vielleicht erzählen, weshalb Sie sich so für ihn interessieren.«
Small wiederholte in großen Zügen, was zu sagen Fitch ihn angewiesen hatte, und brachte das meiste davon richtig heraus. Es kam der Wahrheit ziemlich nahe. Jeff Kerr sollte als Geschworener in irgendeinem Prozeß fungieren, und er, Small, war von einer der Parteien angeheuert worden, seine Vorgeschichte zu ermitteln.
»Wo findet der Prozeß statt?« fragte Ratliff.
»Das darf ich nicht sagen. Aber ich versichere Ihnen, daran ist nichts Illegales. Sie sind Anwalt. Sie wissen Bescheid.«
Ratliff wußte tatsächlich Bescheid. Er hatte den größten Teil seiner kurzen Laufbahn damit verbracht, für einen Prozeßanwalt zu schuften. Die Ausforschung von Geschworenen war eine Arbeit, die er schon jetzt haßte. »Wie kann ich das verifizieren?« fragte er wie ein richtiger Anwalt.
»Ich bin nicht befugt, Ihnen Einzelheiten über den Prozeß mitzuteilen. Machen wir es so.
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