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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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erst mit meinem Boß sprechen.«
    »Fünfundzwanzigtausend, pro Stimme.«
    »Pro Stimme?«
    »Ja. Angel kann mehr als nur eine Stimme liefern.« »Von wem?«
    »Das sage ich nicht.«
    »Lassen Sie mich mit meinem Boß sprechen.«
    In Zimmer 54 las Henry Vu Briefe von seiner Tochter in Harvard, während seine Frau Qui neue Versicherungspolicen für ihre Flotte von Fischerbooten studierte. Zimmer 48 war leer, weil Nicholas sich im Partyzimmer Filme ansah. In 44 kuschelten sich Lonnie und seine Frau zum erstenmal seit fast einem Monat unter der Decke zusammen, aber sie mußten sich beeilen, weil ihre Schwester auf die Kinder aufpaßte. In 58 sah sich Mrs. Grimes Sitcoms an, während Herman seinen Computer mit Verhandlungsberichten fütterte. Zimmer 50 war leer; der Colonel saß im Partyzimmer, weil Mrs. Herrera bei einer Cousine in Texas zu Besuch war. Und 52 war gleichfalls leer, denn Jerry trank mit dem Colonel und Nicholas Bier und wartete darauf, später über den Flur ins Zimmer des Pudels huschen zu können. In 56 arbeitete sich Shine Royce, Ersatzmann Nummer zwei, durch eine große Tüte Brötchen und Butter, die er sich aus dem Eßzimmer geholt hatte, sah fern und dankte wieder einmal Gott für sein Glück. Royce war zweiundfünfzig, arbeitslos, lebte mit einer jüngeren Frau und ihren sechs Kindern in einem Wohnwagen und hatte seit Jahren keine fünfzehn Dollar pro Tag mehr verdient. Jetzt brauchte er nur dazusitzen und einem Prozeß zuzuhören, und das County bezahlte ihn nicht nur dafür, sondern fütterte ihn auch noch durch. In 46 tranken Phillip Savelle und seine pakistanische Freundin Kräutertee und rauchten Pot bei geöffnetem Fenster.
    In Zimmer 49 auf der anderen Seite des Korridors telefonierte Sylvia Taylor-Tatum mit ihrem Sohn. In 45 spielte Mrs. Gladys Card mit Mr. Nelson Card, dem Mann mit dem Prostataleiden, Gin Rommé. In 51 wartete Rikki Coleman auf Rhea, der sich verspätet hatte und vielleicht überhaupt nicht kommen konnte, weil der Babysitter nicht erschienen war. In 53 saß Loreen Duke auf dem Bett, aß Schokoladenkekse und hörte unglücklich und neidisch zu, wie Angel Weese und ihr Freund in Nummer 55 die Wände wackeln ließen.
    Und in 47 liebten sich Hoppy und Millie Dupree wie nie zuvor. Hoppy war zeitig eingetroffen, mit einer großen Tüte chinesischem Essen und einer Flasche billigem Champagner, etwas, das er sich seit Jahren nicht getraut hatte. Unter normalen Umständen hätte sich Millie über den Alkohol aufgeregt, aber gegenwärtig waren die Umstände alles andere als normal. Sie trank ein kleines bißchen Champagner aus einem moteleigenen Plastikbecher und aß eine große Portion süßsaures Schweinefleisch. Dann fiel Hoppy über sie her.
    Hinterher lagen sie im Dunkeln und unterhielten sich leise über die Kinder und die Schule und ihr Zuhause im allgemeinen. Sie hatte die Isolierung gründlich satt und wollte so schnell wie möglich zu ihrer Familie zurückkehren. Hoppy war sehr unglücklich über ihre Abwesenheit. Die Kinder waren mürrisch. Das Haus war ein Wrack. Alle vermißten Millie.
    Er zog sich an und schaltete den Fernseher ein. Millie fand ihren Bademantel und goß sich einen weiteren winzigen Schluck Champagner ein.
    »Das hier wirst du nicht glauben«, sagte Hoppy, griff in eine Manteltasche und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus.
    »Was ist das?« fragte sie, nahm das Blatt und faltete es auseinander. Es war eine Kopie von Fitchs gefälschter Aktennotiz mit den vielen Sünden von Leon Robilio. Sie las sie langsam, dann sah sie ihren Mann argwöhnisch an. »Wo hast du das her?« fragte sie.
    »Es ist gestern per Fax gekommen«, sagte Hoppy aufrichtig. Er hatte diese Antwort eingeübt, weil er den Gedanken, Millie anzulügen, nicht ertragen konnte. Er kam sich wie ein Schwein vor, aber schließlich waren Napier und Nitchman irgendwo da draußen und warteten.
    »Wer hat es geschickt?« fragte sie.
    »Das weiß ich nicht. Es sieht aus, als käme es aus Washington.«
    »Weshalb hast du es nicht weggeworfen?«
    »Ich weiß nicht. Ich…«
    »Du weißt, daß du mir solches Zeug nicht zeigen darfst, Hoppy.« Millie warf das Blatt aufs Bett und baute sich mit den Händen auf den Hüften vor ihrem Mann auf. »Was hast du vor?«
    »Nichts. Es ist einfach an mein Büro gefaxt worden, das ist alles.«
    »Was für ein Zufall! Jemand in Washington hat zufällig deine Faxnummer und hat ganz zufällig gewußt, daß deine Frau in der Jury sitzt, natürlich ganz

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