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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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versucht, das Heft vor mir zu verstecken. Deshalb bin ich ja argwöhnisch geworden. Ich glaube nicht, daß er mit irgend jemandem darüber sprechen wird. Aber ich werde genau aufpassen.«
    »Tun Sie das. Ich werde Mr. Herrera nachher sofort zu mir bringen lassen und ihn verhören. Wahrscheinlich werden wir sein Zimmer durchsuchen.«
    »Bitte sagen Sie ihm nicht, daß ich ihn verraten habe. Mir ist gar nicht wohl bei dieser Sache.«
    »Schon in Ordnung.«
    »Wenn die anderen Geschworenen erfahren, daß ich Sie angerufen habe, ist meine Glaubwürdigkeit im Eimer.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen.«
    »Ich bin einfach nervös, Richter. Wir sind alle erschöpft und möchten lieber heute als morgen nach Hause.«
    »Es ist fast vorbei, Nicholas. Ich treibe die Anwälte nach Kräften an.«
    »Ich weiß. Bitte entschuldigen Sie, Richter. Hauptsache, Sie sorgen dafür, daß nie jemand erfahrt, daß ich hier den Maulwurf gespielt habe. Ich kann selbst nicht glauben, daß ich es tue.«
    »Sie tun genau das Richtige, Nicholas. Und ich danke Ihnen dafür. Wir sehen uns in ein paar Minuten.«
    Harkin küßte seine Frau beim zweitenmal wesentlich schneller und verließ das Haus. Über sein Autotelefon rief er den Sheriff an und bat ihn, zum Motel zu fahren und dort zu warten. Er rief Lou Dell an, was er fast jeden Morgen auf der Fahrt zum Gericht tat, und fragte sie, ob das Magazin Mogul im Motel verkauft würde. Nein, wurde es nicht. Er rief seine Sekretärin an und bat sie, Ro hr und Cable ausfindig zu machen und dafür zu sorgen, daß sie in seinem Amtszimmer warteten, wenn er eintraf. Er hörte Musik von einem Country-Sender und fragte sich, wie in aller Welt ein isolierter Geschworener an ein Exemplar einer Finanzzeitschrift herankommen konnte, die es in Biloxi wahrlich nicht an jeder Straßenecke zu kaufen gab.
    Cable und Rohr warteten zusammen mit der Sekretärin, als Richter Harkin sein Amtszimmer betrat und die Tür hinter sich zumachte. Er zog sein Jackett aus, ließ sich auf seinem Stuhl nieder und informierte sie über die Anschuldigungen gegen Herrera, ohne seine Quelle zu nennen. Cable war verärgert, weil Herrera bei allen als verläßlicher Geschworener der Verteidigung galt. Rohr war gereizt, weil sie damit einen weiteren Geschworenen verloren und ein Scheitern des Verfahrens nicht weit entfernt sein konnte.
    Jetzt, wo beide Anwälte unglücklich waren, fühlte Richter Harkin sich viel besser. Er schickte seine Sekretärin ins Geschworenenzimmer, damit sie Herrera holte, der gerade seine soundsovielte Tasse koffeinfreien Kaffee trank und sich mit Herman über seinen Braille-Computer unterhielt. Herrera schaute sich verblüfft um, als Lou Dell seinen Namen rief, und verließ das Zimmer. Er folgte dem Deputy Willis durch die Flure hinter dem Gerichtssaal. Sie blieben vor einer Nebentür stehen, wo Willis höflich anklopfte, bevor er eintrat.
    Der Colonel wurde vom Richter und den Anwälten freundlich begrüßt und in dem überfüllten Zimmer auf einen Stuhl gebeten, der direkt neben dem der Protokollantin mit ihrer Stenographiermaschine stand.
    Richter Harkin erklärte, er hätte ein paar Fragen, die Antworten unter Eid verlangten, und die Anwälte zogen plötzlich Blöcke aus den Taschen und fingen an, sich Notizen zu machen. Die Folge war, daß Herrera sich sofort wie ein Verbrecher vorkam.
    »Haben Sie irgendwelches Material gelesen, das nicht ausdrücklich von mir genehmigt worden ist?« fragte Richter Harkin.
    Eine Pause, während der die Anwälte ihn musterten. Die Sekretärin, die Protokollantin und der Richter selbst sahen aus, als wollten sie sich auf ihn stürzen, sobald er geantwortet hatte. Sogar Willis an der Tür war wach und ungewöhnlich aufmerksam.
    »Nein. Nicht daß ich wüßte«, erwiderte der Colonel wahrheitsgemäß.
    »Genauer gesagt, haben Sie eine Finanzzeitschrift gelesen, die Mogul heißt?«
    »Nicht, seit ich isoliert worden bin.«
    »Lesen Sie normalerweise Mogul?«
    »Ein-, vielleicht zweimal im Monat.«
    »Befindet sich in Ihrem Zimmer im Motel irgendwelche nicht von mir genehmigte Lektüre?«
    »Meines Wissens nicht.«
    »Sind Sie mit einer Durchsuchung Ihres Zimmers einverstanden?«
    Herreras Gesicht lief rot an, und seine Schultern zuckten. »Was soll das?« fragte er.
    »Wir haben Grund zu der Annahme, daß Sie nicht genehmigtes Material gelesen haben, und zwar im Motel. Eine kurze Durchsuchung Ihres Zimmers würde uns Gewißheit verschaffen.«
    »Sie zweifeln an meiner

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