Das Urteil
an, die Kontonummern auf der Bestätigung unkenntlich zu machen, was er ohnehin vorgehabt hatte, und sie um genau 19.05 Uhr an die Rezeption des Siesta Inn zu faxen.
»Ist das nicht ein bißchen riskant?« fragte Fitch.
»Tun Sie, was Ihnen gesagt wird, Fitch. Nicholas wird neben dem Faxgerät stehen. Der Mann an der Rezeption findet ihn nett.«
Um Viertel nach sieben rief Marlee abermals an und berichtete, daß Nicholas die Bestätigung erhalten hatte und daß sie echt aussah. Sie forderte Fitch auf, morgen früh um zehn in ihr Büro zu kommen. Fitch sagte gerne zu.
Obwohl kein Geld den Besitzer gewechselt hatte, hatte sein Erfolg Fitch in Hochstimmung versetzt. Er sammelte José ein und begab sich auf einen Spaziergang, etwas, was er nur selten tat. Die Luft war frisch und belebend. Die Gehsteige waren menschenleer.
Genau in diesem Moment gab es einen isolierten Geschworenen, der ein Blatt Papier in der Hand hielt, auf dem zweimal der Betrag ›$ l0.000.000‹ stand. Dieser Geschworene und diese Jury gehörten Fitch. Der Prozeß war gelaufen. Bestimmt würde er kein Auge zutun und Ströme von Schweiß vergießen, bis er das Urteil gehört hatte, aber was die praktischen Belange anging, war der Prozeß gelaufen. Trotz einer drohenden Niederlage hatte er einen weiteren Sieg errungen. Die Kosten waren diesmal viel höher gewesen, aber es hatte auch mehr auf dem Spiel gestanden. Er würde gezwungen sein, sich ein paar boshafte Spitzen von Jankle und den anderen über die Kosten dieser Operation anzuhören, aber das würde nur eine Formalität sein. Sie mußten sich über die Kosten aufregen. Schließlich waren sie Generaldirektoren.
Die wirklichen Kosten waren diejenigen, die sie nicht erwähnen würden: der Preis, den sie für ein Urteil zugunsten der Anklage zahlen mußten und der aller Wahrscheinlichkeit nach zehn Millionen Dollar bei weitem übersteigen würde, und die unkalkulierbaren Kosten einer Lawine von Prozessen.
Er verdiente diesen seltenen Moment der Freude, aber seine Arbeit war noch längst nicht getan. Er konnte sich nicht ausruhen, bevor er die wahre Marlee kannte, wußte, wo sie herkam, was sie motivierte, wie und warum sie diesen Plan ausgeheckt hatte. Irgend etwas steckte dahinter, das Fitch wissen mußte, und das Unbekannte machte ihm ungeheure Angst. Falls und wenn er die wahre Marlee gefunden hatte, dann würde er seine Antworten haben. Bis dahin war sein kostspieliges Urteil nicht sicher.
Nachdem er auf seinem Spaziergang vier Blocks hinter sich gebracht hatte, war Fitch wieder er selbst - wütend, mißgelaunt, gepeinigt.
Derrick schaffte es bis in den Empfangsraum und steckte seinen Kopf durch eine offene Tür, als eine junge Frau ihn höflich fragte, was er wollte. Sie trug einen Stapel Akten und sah sehr beschäftigt aus. Es war fast acht Uhr, Freitag abend, und in der Kanzlei herrschte immer noch Hochbetrieb.
Was er wollte, war ein Anwalt, einer von denen, die er im Gericht gesehen hatte, einer, der für den Tabakkonzern arbeitete, einer, mit dem er sich zusammensetzen und hinter geschlossenen Türen handelseinig werden konnte. Er hatte seine Hausaufgaben gemacht und die Namen von Durwood Cable und ein paar anderen herausgefunden. Er hatte dieses Haus aufgespürt und zwei Stunden lang draußen in seinem Wagen gesessen, seinen Text geprobt, gegen seine Nervosität angekämpft, versucht, genügend Mut aufzubringen, um auszusteigen und durch die Tür hineinzugehen.
Nirgendwo war ein anderes schwarzes Gesicht zu sehen.
Waren nicht alle Anwälte Gangster? Er hatte sich ausgerechnet, wenn Rohr ihm Geld anbot, dann war es nur logisch, daß auch alle anderen an diesem Fall beteiligten Anwälte ihm Geld anbieten würden. Er hatte etwas zu verkaufen. Hier saßen reiche Käufer herum. Es war eine goldene Chance.
Aber er schaffte es nicht, die richtigen Worte hervorzubringen, als die Sekretärin stehenblieb und ihn musterte und sich dann umsah, als brauchte sie jemanden, der ihr in dieser Situation half. Cleve hatte mehr als einmal gesagt, daß so etwas kriminell war, daß er erwischt werden würde, wenn er zu gierig wurde, und ihn überfiel plötzlich eine Heidenangst.
»Ist, äh, Mr. Cable zu sprechen?« fragte er sehr unsicher. »Mr. Cable?« fragte sie mit hochgezogenen Brauen. »Ja, den meine ich.«
»Hier gibt es keinen Mr. Cable. Wer sind Sie?«
Eine Gruppe von hemdsärmeligen jungen Weißen trat langsam hinter sie und musterte ihn eingehend. Sie wußten nur zu gut, daß er hier
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