Das Urteil
schmiedete Pläne. Rikkis Ehemann Rhea saß mit ihren beiden Kindern in der hintersten Reihe. Als die Geschworenen ihre Plätze eingenommen hatten, versuchten sie, ihrer Mutter zuzuwinken. Mr. Nelson Card saß neben Mrs. Herman Grimes. Auch Loreens zwei halbwüchsige Töchter waren anwesend.
Die Angehörigen waren da, um Beistand zu leisten und um ihre Neugier zu befriedigen. Sie hatten genug gehört, um sich ihre eigenen Meinungen zu bilden - über die Sache, die Anwälte, die Parteien, die Experten und den Richter. Sie wollten zuhören, damit sie vielleicht später auch eine Vorstellung davon hatten, was man hätte tun müssen.
Beverly Monk wachte am späten Vormittag aus ihrem Koma auf. Gin, Crack und wer weiß was noch alles, sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wirkten noch immer nach und machten sie halb blind. Sie schlug die Hände vors Gesicht und begriff, daß sie auf einem Holzfußboden lag. Sie hüllte sich in eine schmutzige Decke, trat über einen schnarchenden Mann hinweg, den sie nicht kannte, und fand ihre Sonnenbrille auf einer Kiste, die sie als Kommode benutzte. Nachdem sie die Brille aufgesetzt hatte, konnte sie wieder sehen. Der offene Dachboden war ein Chaos - auf Betten und Fußboden hingestreckte Körper, leere Schnapsflaschen auf sämtlichen billigen Möbelstücken. Wer waren diese Leute? Sie machte sich auf den Weg zu einem kleinen Dachfenster, wobei sie hier über eine Mitbewohnerin und dort über einen Fremden hinwegstieg. Was hatte sie letzte Nacht getan?
Das Fenster war vereist; ein vorzeitiger leichter Schnee fiel auf die Straße, wo die Flocken beim Landen schmolzen. Sie zog die Decke enger um ihren abgezehrten Körper und setzte sich auf einen Bohnensack nahe dem Fenster, beobachtete den Schnee und fragte sich, wieviel von den tausend Dollar noch übrig waren.
Sie atmete die kalte Luft in Fensternähe ein, und ihre Augen begannen wieder klar zu sehen. Der Schmerz in ihren Schläfen pochte, aber die Benommenheit ließ nach. Bevor sie Claire vor etlichen Jahren kennengelernt hatte, war sie mit einer Studentin namens Phoebe befreundet gewesen, einem ziemlich unberechenbaren Mädchen mit einem psychischen Problem, das einige Zeit in einer Klinik verbracht hatte, aber immer am Rand eines Rückfalls stand. Phoebe hatte kurze Zeit zusammen mit Claire und Beverly bei Mulligan's gearbeitet und dann aus undurchsichtigen Gründen die Stadt verlassen. Sie stammte aus Wichita. Einmal hatte sie Beverly erzählt, daß sie etwas aus Claires Vergangenheit wußte, etwas, das sie von einem jungen Mann erfahren hatte, der ein paarmal mit Claire ausgegangen war. Es war nicht Jeff Kerr gewesen, sondern ein anderer Typ, und wenn ihr Kopf nicht mehr so wehtat, würde sie sich vielleicht an mehr Details erinnern.
Es war sehr lange her.
Jemand grunzte auf einer Matratze, dann herrschte wieder Stille. Beverly hatte ein Wochenende mit Phoebe und ihrer vielköpfigen, katholischen Familie in Wichita verbracht. Ihr Vater war dort Arzt gewesen. Sollte leicht zu finden sein. Wenn dieser nette Gangster Swanson schon für ein paar harmlose Antworten tausend Dollar rüberwachsen ließ, wieviel würde er dann für ein paar harte Tatsachen aus Claire Clements Vergangenheit zahlen?
Sie würde Phoebe finden. Nach dem, was sie zuletzt gehört hatte, war sie in Los Angeles und spielte dort dasselbe Spiel wie Beverly in New York. Sie würde aus Swanson soviel herausholen, wie sie nur konnte, und sich dann eine andere Wohnung suchen, eine größere Bude mit netteren Freundinnen, die das Gesindel fernhalten würden.
Wo war Swansons Karte?
Fitch verzichtete auf die morgendliche Zeugenaussage und hielt statt dessen eine Lagebesprechung ab, etwas, das er verabscheute. Aber sein Besucher war ein wichtiger Mann. Er hieß James Local und war der Chef einer Privatdetektei, der Fitch ein Vermögen zahlte. Für Locals Firma, in Bethesda versteckt, arbeiteten zahlreiche frühere Geheimdienstagenten der Regierung, und unter normalen Umständen wäre eine Exkursion ins Herz der USA, um dort eine einzelne amerikanische Frau ohne kriminelle Vergangenheit aufzuspüren, überhaupt nicht in Frage gekommen. Ihre Spezialität war das Aufdecken von illegalen Waffengeschäften, die Jagd auf Terroristen und dergleichen.
Aber Fitch hatte massenhaft Geld, und es war eine Arbeit, bei der man kaum damit rechnen mußte, von umherfliegenden Geschossen getroffen zu werden. Sie hatte außerdem bisher kein Resultat erbracht, und das war der
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