Das Urteil
Decknamen und Codes.
Es war nur eine Vermutung, daß Fitch Millie über Hoppy bearbeitete. Sie schienen so ein nettes, gutherziges Paar zu sein; genau die Art von Leuten, die Fitch leicht in einer seiner hinterhältigen Schlingen fangen konnte.
»Natürlich bin ich sicher. Nichts über Millie.«
»Sie benimmt sich merkwürdig«, sagte Marlee, die es besser wußte.
Wunderbar, dachte Fitch. Der Hoppy-Coup funktioniert.
»Was hält Nicholas von Royce, dem letzten Ersatzmann«, fragte er.
»Armer Schlucker. Nicht die Spur von Intelligenz. Leicht zu manipulieren. Der Typ, der tut, was wir wollen, wenn wir ihm fünf Riesen zustecken. Das ist ein weiterer Grund dafür, weshalb Nicholas Savelle ausbooten möchte. Wir bekämen Royce, und der wäre einfach.«
Die Gelassenheit, mit der sie von Bestechung sprach, wärmte Fitch das Herz. Viele Male, bei anderen Prozessen, hatte er davon geträumt, Engel wie Marlee zu finden, kleine Retter mit klebrigen Händen, die begierig darauf waren, seine Jurys für ihn zu manipulieren. Es war fast unglaublich!
»Wer würde sonst noch Geld nehmen?« fragte er eifrig.
»Jerry ist pleite, massenhaft Spielschulden und außerdem eine unerfreuliche Scheidung. Er würde ungefähr zwanzigtausend brauchen. Nicholas hat den Handel mit ihm noch nicht abgeschlossen, aber das wird übers Wochenende geschehen.«
»Das könnte teuer werden«, sagte Fitch, der es scheinbar ernst meinte.
Marlee lachte laut auf und lachte weiter, bis Fitch gezwungenermaßen über seinen eigenen Witz kichern mußte. Er hatte ihr gerade zehn Millionen versprochen und war dabei, weitere zwei Millionen für die Verteidigung auszugeben. Seine Kunden verfügten über ein Nettovermögen von fast elf Milliarden.
Der Moment ging vorüber, und sie verbrachten einige Zeit damit, einander zu ignorieren. Schließlich schaute Marlee auf die Uhr und sagte: »Schreiben Sie sich das auf, Fitch. Jetzt ist es halb vier östlicher Zeit. Das Geld geht nicht nach Singapur. Ich möchte, daß die zehn Millionen per Kabel an die Hanwa Bank auf den Niederländischen Antillen überwiesen werden, und zwar sofort.«
»Hanwa Bank?«
»Ja. Eine koreanische Bank. Das Geld geht nicht auf mein Konto, sondern auf Ihres.«
»Ich habe dort kein Konto.«
»Sie werden mit der Überweisung eines eröffnen.« Sie zog zusammengefaltete Papiere aus ihrer Handtasche und schob sie über den Tisch. »Hier sind die Formulare und Instruktionen.«
»Dafür ist es heute schon zu spät«, sagte er, als er die Papiere nahm. »Und morgen ist Samstag.«
»Halten Sie den Mund, Fitch. Lesen Sie die Instruktionen. Alles wird bestens laufen, wenn Sie einfach tun, was Sie tun sollen. Für bevorzugte Kunden hat Hanwa immer geöffnet. Ich will, daß Sie das Geld dort, auf Ihrem Konto, übers Wochenende parken.«
»Woher werden Sie wissen, ob es drauf ist?«
»Sie werden mir eine Bestätigung der Überweisung zeigen. Das Geld wird vorübergehend umgeleitet, bis sich die Jury zur Beratung zurückzieht, dann verläßt es Hanwa und geht auf mein Konto. Das sollte am Montag vormittag passieren.«
»Was ist, wenn die Jury den Fall früher bekommt?«
»Fitch, ich versichere Ihnen, es wird kein Urteil geben, solange das Geld nicht auf meinem Konto ist. Das ist ein Versprechen. Und wenn Sie aus irgendeinem Grund versuchen wollen, uns aufs Kreuz zu legen, dann kann ich Ihnen auch versprechen, daß es ein hübsches Urteil für die Klägerin geben wird. Ein haushohes Urteil.«
»Darüber wollen wir gar nicht erst reden.«
»Nein, das wollen wir nicht. Dies alles ist sehr sorgfältig geplant worden, Fitch. Machen Sie keinen Mist. Tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe. Überweisen Sie das Geld, und zwar sofort.«
Wendall Rohr brüllte Dr. Günther anderthalb Stunden lang an, und als er fertig war, lagen alle Nerven im Gerichtssaal bloß. Rohr selbst war vermutlich von allen der Gelassenste, weil ihm sein eigenes Einhämmern auf den Zeugen nicht das geringste ausmachte. Alle anderen hatten es gründlich satt. Es war fast fünf Uhr, Freitag. Wieder eine Woche zu Ende. Es stand ein weiteres Wochenende im Siesta Inn bevor.
Richter Harkin machte sich Sorgen wegen seiner Jury. Die Geschworenen waren offensichtlich gelangweilt und gereizt, hatten die Nase voll davon, den ganzen Tag dasitzen und Worte hören zu müssen, die sie nicht mehr interessierten.
Auch die Anwälte machten sich ihretwegen Sorgen. Sie reagierten so auf die Zeugenaussagen, wie sie erwartet hatten. Wenn sie
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