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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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verstorbenen Mr. Jacob Wood, der Bristol, das Spitzenprodukt von Pynex, geraucht und zwanzig Jahre lang vergeblich versucht hatte, es sich wieder abzugewöhnen. Er hatte Kinder und Enkelkinder hinterlassen. Im Alter von einundfünfzig Jahren war er gestorben, weil er ein legal hergestelltes Produkt auf genau die Art gebraucht hatte, auf die es gebraucht werden sollte.
    Er trat an eine weiße Tafel auf einer Staffelei und stellte ein paar rasche Berechnungen an. Der Geldwert von Jacob Woods Leben beläuft sich auf, sagen wir, eine Million Dollar. Er addierte noch ein paar weitere Ansprüche hinzu, und die Summe ergab zwei Millionen. Das war der eigentliche Schadensersatz, Geldbeträge, die der Familie aufgrund von Jacobs Tod zustanden.
    Aber hier ging es nicht um den eigentlichen Schadensersatz. Rohr hielt einen Kurzvortrag über Geldstrafen und die Rolle, die sie beim Zügeln amerikanischer Konzerne spielten. Wie bestraft man einen Konzern, der über ein Barvermögen von achthundert Millionen Dollar verfügt?
    Man erteilt ihm einen Denkzettel.
    Rohr unterließ es, einen Betrag vorzuschlagen, obwohl er dazu berechtigt gewesen wäre. Er ließ lediglich die Zahl $ 800.000.000 in großer Schrift auf der Tafel stehen, kehrte zu seinem Pult zurück und beendete sein Plädoyer. Er dankte der Jury noch einmal und setzte sich. Achtundvierzig Minuten.
    Seine Ehren ordnete eine Pause von zehn Minuten an.
    Sie kam vier Stunden zu spät, aber Swanson hätte sie trotzdem umarmen können. Er tat es nicht, weil er sich vor ansteckenden Krankheiten fürchtete, und auch deshalb, weil sie in Begleitung eines schmuddeligen jungen Mannes erschien, der von Kopf bis Fuß in schwarzem Leder steckte und dessen Haar und Spitzbart kohlschwarz gefärbt waren. Auf der Mitte seiner Stirn war unübersehbar das Wort JADE eintätowiert, und an beiden Seiten seines Kopfes trug er eine hübsche Kollektion von Ohrringen.
    Jade sprach kein Wort, als er einen Stuhl heranzog und darauf Posten bezog wie ein Dobermann.
    Beverly hatte offenbar Prügel bezogen. Ihre Unterlippe war aufgeplatzt und geschwollen. Sie hatte versucht, einen blauen Fleck auf ihrer Wange mit Makeup zu verdecken. Der rechte Augenwinkel war gleichfalls geschwollen. Sie roch widerlich nach Pot-Rauch und billigem Bourbon und hatte irgendwas geschluckt, vermutlich Speed.
    Bei der geringsten Provokation würde Swanson Jade einen Schlag auf seine Tätowierung versetzen und ihm die Ohrringe einzeln herausreißen.
    »Haben Sie das Geld?« fragte sie und warf einen Blick auf Jade, der Swanson anstarrte. Keine Frage, wer das Geld bekommen würde.
    »Ja. Erzählen Sie mir von Claire.«
    »Lassen Sie mich das Geld sehen.«
    Swanson zog einen kleinen Umschlag aus der Tasche, öffnete ihn so weit, daß die Scheine zu sehen waren, dann legte er ihn auf den Tisch und hielt ihn mit beiden Händen fest. »Viertausend Dollar. Und nun reden Sie schnell«, sagte er mit einem Blick auf Jade.
    Auch Beverly sah Jade an, der nickte wie ein schlechter Schauspieler und sagte: »Rede.«
    »Ihr wirklicher Name ist Gabrielle Brant. Sie stammt aus Columbia, Missouri. Sie hat dort das College an der Universität besucht, an der ihre Mutter Mittelalterliche Geschichte gelehrt hat. Das ist alles, was ich weiß.«
    »Was ist mit ihrem Vater?«
    »Ich glaube, er ist tot.«
    »Sonst noch etwas?«
    »Nein. Geben Sie mir das Geld.«
    Swanson schob es über den Tisch und sprang danach sofort auf. »Danke«, sagte er und verschwand.
    Durwood Cable brauchte nur wenig mehr als eine halbe Stunde, um geschickt den lächerlichen Gedanken zu diskreditieren, den Angehörigen eines Mannes, der freiwillig fünfunddreißig Jahre lang geraucht hatte, Millionen zu schenken. Der Prozeß war kaum mehr als ein unverhohlener Griff nach dem großen Geld.
    Was ihn an der Darstellung des Falles durch die Anklagevertreter am me isten empörte, war, daß sie versucht hatten, von Jacob Wood und seinen Gewohnheiten abzulenken und aus dem Prozeß eine emotionale Debatte über das Rauchen bei Teenagern zu machen. Was hatte Jacob Wood mit der gegenwärtigen Zigarettenwerbung zu tun? Es gab nicht die Spur eines Beweises dafür, daß der verstorbene Mr. Wood durch eine Anzeigenkampagne beeinflußt worden war. Er hatte mit dem Rauchen angefangen, weil er sich dazu entschieden hatte, es zu tun.
    Weshalb die Jugendlichen in diese Auseinandersetzung bringen? Aus emotionalen Gründen, deshalb. Wir reagieren zornig, wenn wir glauben, Kinder würden verletzt

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