Das Urteil
Tisch, wo er ihm Kaffee einschenkte und Zucker und Sahne hineinrührte. Er beschrieb die Doughnuts und die Muffins, ein Präventivschlag gegen Lou Dell, die in der Nähe der Tür lauerte. Herman war nicht hungrig.
»Mein Lieblingsonkel ist blind«, sagte Nicholas, so daß alle drei es hören konnten. »Ich würde es als Ehre betrachten, wenn ich Ihnen während des Prozesses helfen dürfte.«
»Ich bin durchaus imstande, allein zurechtzukommen«, sagte Herman mit einem Anflug von Entrüstung, aber seine Frau konnte ein freundliches Lächeln nicht unterdrücken. Dann zwinkerte sie ihm zu und nickte.
»Ich bin sicher, daß Sie das sind«, sagte Nicholas. »Aber ich weiß, daß es Unmengen von kleinen Dingen gibt. Ich möchte nur behilflich sein.«
»Danke«, sagte er nach einer kurzen Pause.
»Danke, Sir«, sagte seine Frau.
»Ich bin draußen auf dem Flur, falls Sie etwas brauchen sollten«, sagte Lou Dell.
»Wann soll ich ihn abholen?« fragte Mrs. Grimes.
»Um fünf. Falls es früher wird, rufe ich an.« Lou Dell schloß die Tür und ratterte dabei Anweisungen herunter.
Hermans Augen waren hinter einer dunklen Brille verborgen. Sein Haar war braun, dicht, gut frisiert und noch kaum ergraut.
»Da ist ein bißchen Papierkram zu erledigen«, sagte Nicholas, sobald sie allein waren. »Setzen Sie sich auf den Stuhl vor Ihnen, und dann gehen wir es durch.« Herman ertastete den Tisch, stellte seinen Kaffeebecher ab und tastete dann nach einem Stuhl. Er umriß ihn mit den Fingerspitzen, stellte fest, wo er sich befand, und setzte sich. Nicholas nahm das Blatt mit den Anweisungen und begann vorzulesen.
Nachdem für die Auswahl Vermögen ausgegeben worden waren, gab es jetzt die Ansichten als Dreingabe. Jeder hatte eine. Die Experten der Verteidigung beglückwünschten sich zu der prächtigen Jury, die sie zustandegebracht hatten, auch wenn der größte Teil des Angehens und Posierens nur dazu diente, die rund um die Uhr arbeitende Schar von Anwälten zu beeindrucken. Durr Cable hatte schon schlechtere Jurys gesehen, aber auch schon wesentlich freundlichere. Er hatte außerdem schon vor langer Zeit gelernt, daß es praktisch unmöglich war, vorherzusagen, was eine Jury tun würde. Fitch war glücklich, oder jedenfalls so glücklich, wie sein Naturell das erlaubte, doch das änderte nichts daran, daß er auch weiterhin alles und jedes knurrend beanstandete. Unter den Geschworenen waren vier Raucher. Fitch klammerte sich an die unausgesprochene Überzeugung, daß die Golfküste mit ihren Oben-Ohne-Bars, ihren Spielkasinos und ihrer Nähe zu New Orleans zur Zeit kein schlechter Ort war, weil sie Laster tolerierte.
Auf der anderen Straßenseite erklärten Wendall Rohr und seine Kollegen ihre Befriedigung über die Zusammensetzung der Jury. Besonders erfreut waren sie über die unerwartete Zugabe von Mr. Herman Grimes, dem ersten blinden Geschworenen, soweit sich irgend jemand erinnern konnte. Mr. Grimes hatte darauf bestanden, ebenso beurteilt zu werden wie ein sehender Mensch und juristische Schritte angedroht, falls das nicht geschehen sollte. Daß er so schnell mit Prozeßandrohungen bei der Hand war, hatte die Herzen von Rohr und Genossen erwärmt, und seine Behinderung war der Traum jedes Anklagevertreters. Die Verteidigung hatte aus allen nur erdenklichen Gründen Einspruch erhoben, darunter dem, daß er nicht imstande sein würde, die vorzulegenden Beweisstücke zu sehen. Richter Harkin hatte den Anwälten gestattet, Mr. Grimes in dieser Hinsicht zu befragen, und er hatte ihnen versichert, er könnte alle Beweisstücke sehen, sofern sie eingehend schriftlich beschrieben wurden. Daraufhin hatte Seine Ehren verfügt, daß Beschreibungen der Beweisstücke von einer Protokollantin getippt werden sollten. Danach sollte eine Diskette angefertigt werden, die Mr. Grimes in seinen Braille-Computer einlegen und abends lesen konnte. Das machte Mr. Grimes sehr glücklich, und er hörte auf, über Klagen wegen Diskriminierung zu reden. Die Verteidigung beruhigte sich ein wenig, zumal als sie erfuhr, daß Mr. Grimes viele Jahre lang geraucht hatte und es ihm nichts ausmachte, sich im Umkreis von Leuten aufzuhalten, die es auch weiterhin taten.
Also waren beide Seiten einigermaßen erfreut über die Jury. Sie enthielt keine Radikalen. Man hatte bei niemandem eine negative Voreingenommenheit entdecken können. Alle zwölf hatten Abgangszeugnisse von der High-School, zwei waren auf dem College gewesen und weitere drei hatten
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