Das Urteil
setzen, auf dem er gestern gesessen hatte, und sich auch ebenso zu verhalten.
Swanson, ein Überwachungsexperte, hielt nichts von diesem Aufwand. »Es wird nicht funktionieren«, sagte er. »Weshalb nicht?« fragte Fitch.
»Weil sie sich mit Ihnen in Verbindung setzen wird. Sie hat etwas, worüber sie reden möchte, also wird sie den nächsten Schritt tun.«
»Vielleicht. Aber ich will wissen, wer sie ist.«
»Immer mit der Ruhe. Sie wird sich melden.« Fitch stritt bis fast neun Uhr mit ihm herum, dann ging er forschen Schrittes zum Gericht. Doyle unterhielt sich mit dem Deputy und überredete ihn, ihn auf die Frau aufmerksam zu machen, falls sie noch einmal auftauchen sollte.
Am Freitag morgen hatte Nicholas Gelegenheit, bei Kaffee und Croissants mit Rikki Coleman zu plaudern. Sie war dreißig und hübsch, verheiratet, mit zwei kleinen Kindern, und arbeitete in einer Privatklinik in Gulfport, wo sie für die Akten und Krankenblätter zuständig war. Sie war eine Gesundheitsfanatikerin, die Koffein, Alkohol und natürlich Nikotin mied. Ihr hellblondes Haar war kurz, jungenhaft geschnitten, und ihre hübschen blauen Augen wirkten hinter einer Designerbrille noch reizvoller. Sie saß in einer Ecke, trank Orangensaft und las USA Today, als Nicholas auf sie zusteuerte und sagte: »Guten Morgen. Ich glaube, wir haben uns gestern noch nicht richtig miteinander bekannt gemacht.«
Sie lächelte, bei ihr nichts Ungewöhnliches, und streckte ihm die Hand entgegen. »Rikki Coleman.«
»Nicholas Easter. Nett, Sie kennenzulernen.«
»Danke für den Lunch gestern«, sagte sie mit einem kurzen Auflachen.
»Keine Ursache. Darf ich mich setzen?« fragte er, mit einem Nicken auf einen Klappstuhl neben ihr deutend.
»Natürlich.« Sie ließ die Zeitung in den Schoß sinken.
Alle zwölf Geschworenen waren anwesend, und die meisten bildeten kleine Grüppchen und unterhielten sich. Herman Grimes saß allein am Tisch, auf seinem geliebten Stuhl am Kopfende, hielt seinen Kaffeebecher in beiden Händen und lauschte zweifellos auf unerlaubte Bemerkungen über den Prozeß. Auch Lonnie Shaver saß für sich allein am Tisch, in Computer-Ausdrucke von seinem Supermarkt vertieft. Jerry Fernandez war mit dem Pudel auf eine schnelle Zigarette hinausgegangen.
»Und wie finden Sie das Geschworenendasein?« fragte Nicholas.
»Ziemlich öde.«
»Hat gestern abend jemand versucht, Sie zu bestechen?« »Nein. Sie?«
»Nein. Wirklich ein Jammer. Richter Harkin wird fürchterlich enttäuscht sein, wenn niemand versucht, uns zu bestechen.«
»Weshalb reitet er ständig auf diesen rechtswidrigen Kontaktaufnahmen herum?«
Nicholas beugte sich ein wenig vor, aber nicht zu nahe heran. Auch sie lehnte sich vor und warf einen argwöhnischen Blick auf den Obmann, als könnte er sie sehen. Sie genossen die Nähe und Intimität ihrer kle inen Unterhaltung; wie das bei körperlich attraktiven Menschen gelegentlich geschieht, fühlten sie sich zueinander hingezogen. Nur ein harmloser kleiner Flirt. »Ist schon mal vorgekommen. Mehrfach«, sagte er fast flüsternd. In der Nähe der Kaffeekannen brach Gelächter aus - Mrs. Gladys Card und Mrs. Stella Hulic waren in der Lokalzeitung auf etwas Lustiges gestoßen.
»Was ist schon mal vorgekommen?« fragte Rikki.
»Bestechung von Geschworenen in Tabakfallen. Tatsächlich wurden fast jedesmal solche Versuche unternommen, gewöhnlich von Seiten der Verteidigung.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte sie. Sie glaubte jedes Wort und wünschte sich wesentlich mehr Informationen von dem Mann mit zwei Jahren Jurastudium.
»Es hat bereits mehrere derartige Prozesse in verschiedenen Staaten gegeben, und bisher ist die Tabakindustrie noch nie verurteilt worden. Sie geben Millionen für die Verteidigung aus, weil sie es sich nicht leisten können, einen Prozeß zu verlieren. Ein großer Sieg der Anklage, und alle Schleusen brechen.« Er verstummte, schaute sich um und trank einen Schluck Kaffee. »Also greifen sie zu allen möglichen schmutzigen Tricks.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel, indem sie Familienangehörigen von Geschworenen Geld anbieten. Zum Beispiel, indem sie am Ort Gerüchte verbreiten, der Verstorbene, wer immer er gewesen sein mag, hätte vier Freundinnen gehabt, seine Frau geschlagen, seine Freunde bestohlen, wäre nur zu Beerdigungen in die Kirche gegangen und hätte einen homosexuellen Sohn.«
Sie runzelte ungläubig die Stirn, also fuhr er fort. »Das ist wahr und in Juristenkreisen
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