Das Urteil
damit, die Auswirkungen von Tabakrauch auf den menschlichen Körper zu untersuchen. Er war Direktor des Smoke Free Research Institute in Rochester, New York. Die Geschworenen erfuhren bald, daß er schon vor dem Tod von Jacob Wood von Rohr angeheuert worden und bei der Autopsie zugegen gewesen war, die vier Stunden nach seinem Tod an Wood vorgenommen wurde. Und er hatte bei der Autopsie ein paar Fotos gemacht.
Rohr betonte das Vorhandensein der Fotos und ließ keinen Zweifel daran, daß die Geschworenen sie später zu sehen bekommen würden. Aber Rohr war noch nicht soweit. Vorher mußte er sich mit diesem außerordentlichen Sachverständ igen noch eine ganze Weile über die Chemie und Pharmakologie des Rauchens unterhalten. Fricke war ganz der Professor. Er bewegte sich behutsam durch gewichtige medizinische und naturwissenschaftliche Studien, jätete die großen Worte aus und präsentierte den Geschworenen, was sie auch verstehen konnten. Er war entspannt und seiner selbst absolut sicher.
Als Seine Ehren die Mittagspause verkündete, teilte Rohr dem Gericht mit, daß Dr. Fricke auch den Rest des Tages im Zeugenstand verbringen würde.
Der Lunch wartete im Geschworenenzimmer. Mr. O'Reilly war selbst erschienen und entschuldigte sich für das, was am Vortag passiert war.
»Das sind Pappteller und Plastikgabeln«, sagte Nicholas, als sie ihre Plätze um den Tisch herum einnahmen. Er selbst setzte sich nicht. Mr. O'Reilly sah Lou Dell an, die sagte: »Na und?«
»Wir haben ausdrücklich gesagt, wir wollten Porzellanteller und richtige Gabeln. Haben wir das nicht gesagt?« Seine Stimme hob sich, und ein paar der Geschworenen wendeten den Blick ab. Sie wollten nur essen.
»Was ist gegen Pappteller einzuwenden?« fragte Lou Dell nervös mit zitternden Ponyfransen.
»Sie saugen das Fett auf. Sie werden schwammig und hinterlassen Flecken auf dem Tisch, klar? Deshalb hatte ich ausdrücklich um richtige Teller gebeten. Und richtige Gabeln.« Er nahm eine weiße Plastikgabel, brach sie durch und warf sie in einen Mülleimer. »Und was mich wirklich sauer macht, Lou Dell, ist, daß der Richter, sämtliche Anwälte und ihre Mandanten, die Zeugen, die Gerichtsdiener, die Zuschauer und alle anderen an diesem Prozeß beteiligten Leute sich jetzt zu einem anständigen Lunch in einem anständigen Lokal niederlassen, mit echten Tellern und echten Gläsern und Gabeln, die nicht zerbrechen. Und sie bestellen gutes Essen von einer reichhaltigen Speisekarte. Das ist es, was mich sauer macht. Und wir, die Geschworenen, die wichtigsten Leute in diesem ganzen verdammten Prozeß, wir sind hier eingesperrt wie Erstkläßler, die darauf warten, ihre Kekse und ihre Limonade serviert zu bekommen.«
»Das Essen ist recht gut«, sagte Mr. O'Reilly in Selbstverteidigung.
»Ich finde, Sie übertreiben ein bißchen«, sagte Mrs. Gladys Card, eine steife kleine Dame mit weißem Haar und einer sanften Stimme.
»Dann essen Sie Ihr matschiges Sandwich und halten Sie sich da raus«, fuhr Nicholas sie an, viel zu grob.
»Haben Sie vor, jeden Tag beim Lunch einen Aufstand zu machen?« fragte Frank Herrera, ein Colonel im Ruhestand, der von irgendwo aus dem Norden stammte. Herrera war klein und dicklich, mit winzigen Händen, und hatte bisher seine eigene Meinung über so ziemlich alles. Er war der einzige, der echt enttäuscht gewesen war, daß man nicht ihn zum Obmann gewählt hatte.
Jerry Fernandez hatte ihm bereits den Spitznamen Napoleon gegeben. Abgekürzt Nap.
»Gestern hat sich niemand beklagt«, schoß Nicholas zurück.
»Laßt uns essen. Ich bin am Verhungern«, sagte Herrera und wickelte ein Sandwich aus. Ein paar der anderen folgten seinem Beispiel.
Der Duft von gebratenem Hähnchen und Pommes frites stieg vom Tisch auf. Als Mr. O'Reilly damit fertig war, einen Karton mit Nudelsalat auszupacken, sagte er: »Ich bringe am Montag gern ein paar Teller und Gabeln mit. Kein Problem.«
Nicholas sagte gelassen ›Danke‹ und setzte sich.
Der Handel war leicht abzuschließen. Die Details wurden im Verlauf eines drei Stunden dauernden Lunchs im Club ›21› an der Fiftysecond-Street zwischen zwei alten Freunden vereinbart. Luther Vandemeer, Generaldirektor von Trellco, und sein früherer Protegé Larry Zell, jetzt Generaldirektor von Listing Foods, hatten sich bereits am Telefon über das Grundsätzliche verständigt, mußten sich jetzt aber bei Essen und Wein von Angesicht zu Angesicht treffen, damit niemand mithören konnte. Vandemeer
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