Das Urteil
rote Licht schaltete auf grün, und er schloß die Tür auf.
Die Überwachungskamera war in einem Lüftungsschacht direkt über dem Kühlschrank versteckt und so postiert, daß sie Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmertür im Blick hatte. Nicholas ging sofort zu seinem Computer und stellte erstens fest, daß niemand versucht hatte, ihn einzuschalten, und zweitens, daß genau um 16.52 Uhr ein REA - rechtswidriges Eindringen in sein Apartment - stattgefunden hatte.
Er holte tief Luft, schaute sich um und beschloß, die Wohnung zu durchsuchen. Er rechnete nicht damit, irgendwelche Beweise zu finden. An der Tür war nichts festzustellen, der Knauf war locker und das Öffnen einfach. Küche und Wohnzimmer waren genau so, wie er sie verlassen hatte. Seine einzigen Wertgegenstände - die Stereoanlage und die CDs, der Fernseher, der Computer - sahen unberührt aus. Auch im Schlafzimmer fand er keinerlei Hinweise auf einen Einbrecher oder ein Verbrechen. Zum Computer zurückgekehrt, hielt er den Atem an und wartete auf die Show. Er rief eine Reihe von Dokumenten auf, fand das richtige Programm und stoppte dann das Überwachungsvideo. Er drückte auf zwei Tasten, um es zurückzuspulen, dann stellte er es auf 16.52 Uhr. Voilà! In Schwarz-Weiß ging auf dem Vierzig-Zentimeter-Monitor die Wohnungstür auf, und die Kamera war genau darauf gerichtet. Ein schmaler Spalt, während sein Besucher auf das Schrillen des Alarms wartete. Kein Alarm, dann ging die Tür auf und ein Mann kam herein. Nicholas hielt das Video an und betrachtete das Gesicht auf seinem Monitor. Er hatte es noch nie zuvor gesehen.
Das Video lief weiter und zeigte, wie der Mann eine Kamera aus der Tasche zog und mit seinen Blitzlichtaufnahmen begann. Er schnüffelte in der Wohnung herum, verschwand für einen Moment im Schlafzimmer, wo er weitere Fotos machte. Er musterte kurz den Computer, rührte ihn aber nicht an. Nicholas lächelte. In seinen Computer einzudringen war unmöglich. Dieser Ganove hätte nicht einmal die Einschalttaste gefunden.
Er war neun Minuten und dreizehn Sekunden in der Wohnung gewesen, und Nicholas konnte nur Vermutungen darüber anstellen, weshalb er gerade heute gekommen war. Das Naheliegendste war, daß Fitch gewußt hatte, daß die Wohnung leer sein würde, bis das Gericht sich vertagte.
Der Besuch beängstigte ihn nicht - er hatte damit gerechnet. Nicholas schaute sich das Video noch einmal an, kicherte leise und bewahrte es dann für späteren Gebrauch auf.
7
F itch saß im hinteren Teil des Überwachungswagens, als Nicholas Easter am nächsten Morgen in den Sonnenschein hinaustrat und den Blick über den Parkplatz schweifen ließ. Auf der Tür des Wagens, eines Transporters, standen, mit einer Schablone in Grün aufgemalt, das Firmenzeichen einer Klempnerei und eine fiktive Telefonnummer. »Da ist er«, verkündete Doyle, und alle sprangen auf. Fitch griff nach dem Fernglas, richtete es schnell durch ein geschwärztes Bullauge und sagte: »Verdammt.«
»Was ist?« fragte Pang, der koreanische Techniker, der Nicholas am Vortag gefolgt war.
Fitch beugte sich näher an das runde Fenster heran, mit offenem Mund und hochgezogener Oberlippe. »Das ist doch nicht zu fassen! Grauer Pullover, khakifarbene Hose, weiße Socken, braune Schnürschuhe.«
»Der gleiche Pullover wie auf dem Foto?« fragte Doyle.
»Ja.«
Pang drückte auf den Knopf eines tragbaren Funkgeräts und alarmierte damit einen zweiten, zwei Blocks entfernten Beschatter. Easter ging zu Fuß, wahrscheinlich Richtung Gerichtsgebäude.
In demselben Eckladen kaufte er einen großen Becher schwarzen Kaffee und eine Zeitung und saß dann zwanzig Minuten in demselben Park und überflog die Nachrichten. Er trug eine dunkle Sonnenbrille und registrierte alle Leute, die in der Nähe vorübergingen.
Fitch kehrte geradewegs in sein Büro in der Nähe des Gerichtsgebäudes zurück und konferierte mit Doyle, Pang und einem ehemaligen FBI-Agenten namens Swanson. »Wir müssen die Frau finden«, sagte Fitch immer und immer wieder. Ein Plan wurde aufgestellt, demzufolge ein Mann sich ständig in der hintersten Reihe des Gerichtssaals aufhalten sollte, einer draußen am oberen Ende der Treppe, einer in der Nähe der Getränkeautomaten im Erdgeschoß und einer draußen mit einem Funkgerät. Bei jeder Unterbrechung der Sitzung würden sie ihre Posten wechseln. Die unzulängliche Beschreibung, die sie von ihr hatten, wurde weitergegeben. Fitch beschloß, sich auf denselben Platz zu
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