Das Urteil
vage Andeutungen über Vorkommnisse bei anderen Tabakprozessen.
Die Verstöße waren gut dokumentiert, und in der Vergangenheit hatten sich beide Seiten schuldig gemacht. Fitch hatte in der Landschaft der Tabakprozesse eine breite Spur hinterlassen. Auch Agenten, die in anderen Fällen für die Anklagevertretung arbeiteten, hatten sich schon die Hände schmutzig gemacht. Aber darüber konnte Richter Harkin vor den Geschworenen nicht reden. Er mußte vorsichtig sein und durfte sie weder gegen die eine noch die andere Seite einnehmen.
Die Zusammenkunft dauerte eine Stunde. Harkin forderte eine feste Zusage, daß es von nun an keine Streiks mehr geben würde, aber die wollte ihm Easter nicht geben.
Pynex eröffnete mit einem Minus von zwei Punkten auf die Nachricht von einem zweiten Streik hin, der einem im Gerichtssaal wartenden Analysten zufolge auf eine nicht näher beschriebene negative Reaktion der Geschworenen auf gewisse Taktiken zurückzuführen war, deren sich die Verteidigung am Tag zuvor bedient hatte. Auch worin diese Taktiken bestanden, blieb vage. Ein zweites Gerücht, das von einem anderen Analysten in Biloxi aufgebracht worden war, schuf ein bißchen mehr Klarheit; ihm zufolge wußte nämlich niemand im Gerichtssaal so ganz genau, weshalb die Jury streikte. Der Kurs sank noch um einen weiteren halben Dollar, bevor er sich fing und im Vormittagsgeschäft langsam wieder stieg.
Der Teer in Zigaretten kann Krebs auslösen, zumindest bei Nagetieren im Laboratorium. Dr. James Ueuker aus Palo Alto arbeitete seit fünfzehn Jahren mit Mäusen und Ratten. Er hatte selbst zahlreiche Untersuchungen angestellt und sich eingehend mit den Forschungsergebnissen von Wissenschaftlern aus aller Welt beschäftigt. Zumindest sechs wichtige Untersuchungen hatten, nach seiner Ansicht, eine Verbindung hergestellt zwischen Zigarettenrauchen und Lungenkrebs. Er erklärte der Jury in allen Einzelheiten, wie genau er und sein Team Kondensate von Tabakrauch, gewöhnlich einfach ›Teer‹ genannt, direkt auf die Haut von weißen Mäusen gerieben hatten. Beim Zuhören bekam man den Eindruck, daß es mindestens eine Million gewesen sein mußten. Die Fotos waren groß und in Farbe. Die glücklichen Mäuse bekamen nur einen Tupfer Teer ab, die anderen wurden damit regelrecht angestrichen. Je mehr Teer, desto schneller entwickelte sich Hautkrebs, was niemanden überraschte.
Es ist ein langer Weg von Hauttumoren bei Nagetieren zu Lungenkrebs beim Menschen, und Dr. Ueuker, von Rohr dirigiert, konnte es kaum abwarten, beides miteinander in Verbindung zu bringen. In der Medizingeschichte wimmelt es von Material über Laboruntersuchungen, die sich letzten Endes als auf den Menschen anwendbar erwiesen haben. Ausnahmen sind sehr selten. Obwohl Mäuse und Menschen in einer grundlegend unterschiedlichen Umwelt leben, stimmen die Ergebnisse mancher Tierversuche völlig mit den epidemiologischen Befunden bei Menschen überein.
Sämtliche verfügbaren Jury-Berater waren während Ueukers Aussage im Gerichtssaal. Widerliche kleine Nagetiere waren eine Sache, aber Kaninchen und Beagles konnten kuschelige Haustiere sein. Bei Ueukers nächster Untersuchung ging es um ein ähnliches Bestreichen mit Teer bei Kaninchen. Das Ergebnis war praktisch dasselbe. Bei seinem letzten Versuch hatte er dreißig Beagles beigebracht, durch Schläuche in ihrer Luftröhre Zigarettenrauch einzuatmen. Die starken Raucher arbeiteten sich zu neun Zigaretten am Tag hoch - das Äquivalent von ungefähr vierzig Zigaretten bei einem fünfundsiebzig Kilo schweren Mann. Bei diesen Hunden wurden nach 875 aufeinanderfolgenden Tagen des Rauchens schwere Lungenschäden in Form von bösartigen Tumoren festgestellt. Ueuker benutzte Hunde, weil sie die gleichen Reaktionen auf das Zigarettenrauchen zeigen wie Menschen.
Er sollte jedoch nicht dazu kommen, den Geschworenen von seinen Kaninchen und Hunden zu berichten. Sogar ein Amateur ohne jede Erfahrung brauchte sich nur Millie Duprees Gesicht anzusehen, um festzustellen, daß ihr die Mäuse ungeheuer leid taten und Ueuker ihr zuwider war, weil er sie umbrachte. Auch Sylvia Taylor-Tatum und Angel Weese war ihr Abscheu deutlich anzusehen. Mrs. Gladys Card und Phillip Savelle gaben subtilere Anzeichen der Mißbilligung von sich. Die anderen Männer waren ungerührt. Rohr und Genossen entschieden sich während der Mittagspause, auf die weitere Vernehmung von James Ueuker zu verzichten.
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J umper, der Deputy im Gerichtssaal, der
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