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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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sie von Krigler mit seinen sensationellen und schmutzigen Insider-Informationen wieder aufgerüttelt worden.
    Sie aßen weniger und musterten sich mehr. Die meisten hätten sich am liebsten mit jemandem, den sie mochten, in ein anderes Zimmer verzogen und über das gesprochen, was sie gerade gehört hatten. Hatten sie richtig gehört? Hatte jedermann verstanden, was dieser Mann gerade gesagt hatte?
    Daß sie absichtlich den Nikotingehalt hochhielten, damit die Leute süchtig wurden?
    Sie schafften es, genau das zu tun. Die Raucher, seit Stellas Abgang nur noch drei, und Easter, der jetzt ein halber Raucher war, weil er seine Zeit gern mit Jerry, dem Pudel und Angel Weese verbrachte, aßen schnell und entschuldigten sich dann. Sie saßen alle auf Klappstühlen und rauchten am offenen Fenster. Mit dem zusätzlichen Nikotin fühlten sich die Zigaretten etwas schwerer an. Aber als Nicholas das sagte, lachte niemand.
    Mrs. Gladys Card und Millie Dupree schafften es, das Geschworenenzimmer gleichzeitig für einen Gang zur Toilette zu verlassen. Danach wuschen sie sich eine Viertelstunde lang die Hände und unterhielten sich vor dem Spiegel. Im Laufe dieser Unterhaltung gesellte sich Loreen Duke zu ihnen, die sich an den Handtuchspender lehnte und rasch ihre Verblüffung und Empörung über die Tabakkonzerne äußerte.
    Nachdem der Tisch abgeräumt worden war, klappte Lonnie Shaver seinen Laptop auf, zwei Stühle von Herman entfernt, der seine Braille-Maschine eingestöpselt hatte und darauf tippte. Der Colonel sagte zu Herman: »Für diese Aussage brauchen Sie doch bestimmt keinen Übersetzer, oder?« Worauf Herman mit einem Grunzen reagierte und sagte: »Wirklich erstaunlich, würde ich sagen.« Das war das Höchste, was Herman Grimes je zu einer Erörterung von irgendeinem Aspekt des Falles beigetragen hatte.
    Lonnie Shaver ließ sich von nichts erstaunen oder beeindrucken.
    Phillip Savelle hatte Richter Harkin höflich gefragt und die Erlaubnis erhalten, einen Teil seiner Lunchpause mit Joga-Übungen unter einer großen Eiche hinter dem Gericht sgebäude zu verbringen. Er wurde von einem Deputy zu der Eiche begleitet, wo er Hemd, Schuhe und Socken auszog und sich dann auf das weiche Gras setzte und sich zu einer Brezel verkrümmte. Sobald er zu murmeln begann, schlich sich der Deputy zu einer nahegelegenen Bank und senkte das Gesicht, damit ihn niemand erkennen konnte.
    Cable begrüßte Krigler, als wären die beiden alte Freunde. Krigler lächelte und sagte mit einem Übermaß an Zuversicht: »Guten Tag, Mr. Cable.« Sieben Monate zuvor hatten Cable und Konsorten drei Tage in Rohrs Kanzlei verbracht und eine auf Video aufgezeichnete Vernehmung von Krigler durchgeführt. Das Video war von nicht weniger als zwei Dutzend Anwälten und mehreren Jury-Beratern und sogar zwei Psychiatern studiert worden. Krigler sagte die Wahrheit, aber an diesem Punkt mußte die Wahrheit verschleiert werden. Dies war ein Kreuzverhör, ein überaus wichtiges sogar, also zum Teufel mit der Wahrheit! Der Zeuge mußte unglaubwürdig gemacht werden.
    Nach Hunderten von Stunden des Pläneschmiedens hatten sie sich auf eine Strategie geeinigt. Cable begann, indem er Krigler fragte, ob er auf seinen früheren Arbeitgeber wütend wäre.
    »Ja«, entgegnete er.
    »Hassen Sie die Firma?«
    »Die Firma ist ein großes Ganzes. Wie kann man ein Ding hassen?«
    »Hassen Sie den Krieg?«
    »Ich war nie Soldat.«
    »Hassen Sie Kindesmißhandlungen?«
    »So was ist widerwärtig, aber zum Glück habe ich nie etwas mit ihnen zu tun gehabt.«
    »Hassen Sie Gewalttätigkeit?«
    »Natürlich ist Gewalt etwas Schreckliches, aber auch in dieser Beziehung habe ich Glück gehabt.«
    »Sie hassen also überhaupt nichts?«
    »Doch. Brokkoli.«
    Ein leises Lachen kam aus allen Bereichen des Gerichtssaals, und Cable wußte, daß er auf dem richtigen Wege war.
    »Sie hassen Pynex nicht?«
    »Nein.«
    »Hassen Sie irgendeinen der Leute, die dort arbeiten?« »Nein. Ich kann einige davon nicht leiden.«
    »Hassen Sie jemanden, der gleichzeitig mit Ihnen dort gearbeitet hat?«
    »Nein. Ich hatte ein paar Feinde, aber ich kann mich nicht erinnern, jemanden gehaßt zu haben.«
    »Was ist mit den Leuten, gegen die Ihre Klage gerichtet war?«
    »Auch sie waren Feinde, aber sie taten nur ihre Jobs.« »Sie lieben also Ihre Feinde?«
    »Nicht eigentlich. Ich weiß, daß ich es versuchen sollte, aber es ist schwer. Und ich erinnere mich nicht, gesagt zu haben, daß ich sie

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