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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Lassen Sie es uns hören.«
    Hardy verzog keine Miene. Freeman hob eine Hand, vielleicht, um ein Lächeln zu verbergen.
    Powell verneigte sich leicht vor dem Richtertisch. »Natürlich. Tut mir leid, Euer Ehren.«
    Er wandte sich erneut an die Jury. Sie bestand aus vier Männern und acht Frauen: fünf Schwarze, vier Weiße, drei Latinos. Ein Arzt im Ruhestand. Drei Hausfrauen. Zwei Arbeitslose. Vier Sekretärinnen und eine Büroleiterin. Ein Angestellter beim Rennplatz. Vielleicht zwei Schwule. Man konnte die Gruppe auf beliebige Weise aufgliedern, und doch blieb es ein Ratespiel. Niemand zweifelte an, daß Villars ihre Arbeit schnell und mit Sachverstand erledigt hatte, und niemand hatte groß eine Ahnung, was für Leute da eigentlich saßen, außer daß alle bekundet hatten, sie könnten sich, falls nötig, für die Todesstrafe entscheiden.
    Powell ließ die abgespeckte Version seines Lächelns aufblitzen. »Richterin Villars hat mich gebeten, mit meinem Eröffnungsplädoyer fortzufahren, und genau das werde ich auch tun.« Er nickte und sah da und dort jemandem ins Auge. »Was ist ein Eröffnungsplädoyer? Nun, es ist letztlich ganz einfach. Ich werde ein bißchen über Jennifer Lee Witt, die Angeklagte dieses Prozesses, reden, und über die drei Leute, die sie ermordet hat - zwei Ehemänner und ...« - hier machte Powell eine kleine Pause, um Eindruck zu schinden - »... und ihren jungen Sohn.«
    Erneute Pause. »Die Vorgeschichte des Falles reicht ziemlich weit zurück, bis ins Jahr 1984. Das Volk des Staates Kalifornien ist überzeugt und wird Ihnen über jeden berechtigten Zweifel hinaus beweisen, daß Jennifer Witt am oder um den 17. September des genannten Jahres herum ihrem damaligen Ehemann, Edward Teller Hollis, eine tödliche Dosis Atropin gespritzt hat, ein Derivat des Stechapfels, gemeinhin unter dem Namen Tollkirsche bekannt.«
    Powell verlegte sich nicht auf Theaterspielerei, schob sich nicht als Person in den Vordergrund, wie er es so glänzend konnte. Vielleicht hatte er den frühen Wink der Richterin ernst genommen, jedenfalls brachte er seine Wiedergabe der Ereignisse zunehmend ohne Tricksereien vor, schnörkellos und plausibel.
    »Zum Zeitpunkt des Todes von Mr. Hollis und während sie noch mit ihm verheiratet war, unterhielt Jennifer Witt eine romantische Affäre mit einem Zahnarzt namens Dr. Harlan Poole, wie wir beweisen werden. Atropin ist ein gängiges Arzneimittel, das in den meisten Zahnarztpraxen vorrätig ist und im konkreten Fall vor neun Jahren in der Praxis von Dr. Poole vorrätig war. Man benutzt es, um den Speichelfluß zu hemmen.«
    Als leide er selbst an einem trockenen Mund, ging Powell zum Tisch der Anklagevertretung und trank einen Schluck Wasser. Auch Hardy bekam mit einemmal Durst. Freeman griff zu seinem Wasserglas. Selbst Villars nahm am Richtertisch diskret einen Schluck zu sich.
    Powell kam zurück in die Mitte des Saals. »Warum hat Jennifer Witt ihren ersten Ehemann ermordet? Die Anklagevertretung wird Ihnen Papiere vorlegen, welche das Bestehen einer Lebensversicherung über den Betrag von fünfundsieb-zigtausend Dollar beweisen, zahlbar an Jennifer Witt im Falle des Todes ihres Mannes. Binnen vier Monaten nach dem Tod von Mr. Hollis bekam Jennifer Witt diesen Betrag in voller Höhe ausgezahlt. Fünfundsiebzigtausend Dollar waren im Jahre 1984 eine Menge Geld.«
    »Einspruch, Euer Ehren.« Freeman war halb aufgestanden. Er mußte etwas sagen, um Powells Wortfluß zu unterbrechen, auch wenn das die harmloseste der von ihm gemachten Aussagen war. Doch selbst wenn sich darüber streiten ließ, ob fünfundsiebzigtausend Dollar im Jahre 1984 eine Menge Geld gewesen war, ließ sich nicht darüber streiten, ob diese Einschätzung Beweismaterial darstellte. Das tat sie nicht.
    Villars ließ Freemans Einspruch gelten, warf ihm aber einen Blick zu. Eröffnungsplädoyers durften weder die Gesetzeslage erörtern noch lange Erbauungsvorträge halten, aber oft wurde dem Redner ein breiter Spielraum eingeräumt, und Villars ließ mit ihrem Blick Freeman wissen, daß sie, falls er vorhätte, dauernd Einspruch gegen Powells kleine Sünden zu erheben, Powells Einsprüchen stattgeben würde, sofern dieser den Versuch unternehmen sollte, Freeman Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Das Hin und Her des Prozesses war im Begriff, in Gang zu kommen.
    Sofern es Freemans Absicht gewesen war, Powell aus dem Konzept zu bringen, hatte er Pech. Der Staatsanwalt hatte Oberwasser, und dieser

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