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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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und legte ihr die Hand auf den Unterarm. Sie sah wieder auf.
    »Offen gestanden können wir Ihnen nicht sagen, warum Matthew Witt an jenem Montag morgen sterben mußte. Aber er ist gestorben, wurde mit derselben Waffe erschossen, die seinen Vater ausgelöscht hatte. Wir räumen sogar ein, daß es womöglich ein Versehen gewesen ist - der Junge geriet möglicherweise zufällig in die Schußlinie. Er hat Jennifer womöglich erschreckt...«
    »Euer Ehren, bitte. Diese Mutmaßungen sind in einem Eröffnungsplädoyer fehl am Platz.«
    Powell kam der Richterin zuvor, indem er sich entschul digte. Freeman habe recht, es tue ihm leid. Er sah die Richterin an, dann langsam der Reihe nach die Geschworenen, die vordere Bank von links nach rechts, die hintere von rechts nach links. Er zählte die nächsten Punkte an den Fingern ab .
    »Motiv, Mittel und Wege, Gelegenheit. Diese Tatsachen bleiben, und wir werden sie beweisen. Und die Tatsachen werden zeigen, daß Jennifer Witt ihren Ehemann wegen der fünf Millionen Dollar ermordet hat - Motiv. Die Mordwaffe war ihre eigene Pistole, die sie und ihr Mann im Schlafzimmer verwahrt hielten. Mittel und Wege. Sie war mit ihrem Mann und ihrem Sohn allein im Haus, als sie die Waffe auf die beiden richtete - Gelegenheit. Wir werden das über jeden berechtigten Zweifel hinaus beweisen und dabei die Empfehlung aussprechen, daß ein Mensch, der zu solchen Verbrechen fähig ist, das Recht verwirkt hat, unserer Gesellschaft anzugehören. Solch ein Mensch - ob Mann oder Frau - sollte die äußerste Strafe bekommen. Solch ein Mensch sollte zum Tode verurteilt werden. Ich danke Ihnen.«
    In Kalifornien steht es der Verteidigung frei, das Eröffnungsplädoyer unmittelbar nach dem Plädoyer der Anklage als eine Art Entgegnung zu halten oder zu warten, bis die Anklagevertretung ihren Fall gänzlich vorgetragen hat. Im Verlauf seiner Laufbahn hatte Freeman beide Methoden in verschiedenen Prozessen benutzt, und diesmal wählte er die zweite Möglichkeit. Er war nicht sicher, wie sich die Dinge ent wickeln würden, wenn erst mehr Beweismaterial angesam melt wurde, und dachte sich, daß es größeren Eindruck hinterlassen würd e, wenn er seine Argumente - sofern angezeigt - später vorbrächte. Er wollte vorerst nicht preisgeben, was er in der Hand hielt.
    Der Nachteil dieses Vorgehens war, daß es beim Auftakt des Geschehens so aussah, als hätte die Anklagevertretung jede Menge Zeit zur Verfügung. Powell hatte sich kaum hingesetzt, als Freeman verkündete, daß er warten und sein Eröffnungsplädoyer erst halten wolle, wenn die Verteidigung mit ihrer Präsentation des Falls begann.
    Der Staatsanwalt war schnell wieder auf den Beinen und rief Inspector Sergeant Walter Terrell als ersten Zeugen auf.
    Freeman und Hardy hatten über die Reihenfolge der Zeugen spekuliert, aber keiner von ihnen war auf die Idee gekommen, daß Terrell den Reigen eröffnen würde. Terrell, der in Jeans und Fliegerjacke jünger aussah als sonst, bahnte sich kämpferisch den Weg durch die Holzbalustrade, welche die Zuschauer vom Gericht trennte. Als er den Eid ablegte, waren seine Augen überall.
    »Warum ist er so nervös?« fragte Jennifer.
    »Sein erster Mordprozeß.« Freeman ließ die Augen nicht von dem Kriminalbeamten. »Schlechter Schachzug«, flüsterte er halb zu sich selbst.
    »Für uns?« Jennifer wandte sich an Hardy, der den Kopf verneinend schüttelte. Zumindest glaubte er das nicht. Freeman gab keine Antwort, und Powell ging eben nach vorne, sprach mit der Richterin.
    »Euer Ehren, fürs Protokoll, wir werden den Prozeß so gestalten, daß wir uns zunächst auf den Mord an Edward Teller Hollis konzentrieren. Wir werden Zeugen erneut in den Zeugenstand rufen, sobald wir über Larry und Matthew Witt verhandeln wollen, und Inspector Terrell wird einer dieser Zeugen sein. Ich wollte dies nur klarstellen.«
    Da dies vor Beginn des Verfahrens in Besprechungen mit Richterin Villars verabredet worden war, erhob Freeman keinen Einspruch.
    Powell wandte sich an Terrell. »Inspector Terrell, können Sie der Jury bitte erklären, wie es dazu kam, daß sie mit den Ermittlungen zum Mord an Edward Hollis betraut wurden?«
    Terrell nickte und schluckte, versuchte zu lächeln. »Das ist Ned, sehe ich das richtig? Der erste Ehemann?«
    Man hörte einen Augenblick lang nervöses Lachen, manches davon sogar aus der Bank der Geschworenen. Terrell reagierte gekränkt. Er hatte niemanden zum Lachen bringen wollen. Powell blieb

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